Die Liebeslist
nein?“
„Petronilla. Als Name viel zu umständlich für ein solch hübsches weibliches Wesen. Ich werde Euch Nell nennen.“
Sie schien verlegen. „Nell? So hat mich noch keiner genannt.“
Er setzte sofort nach, wenngleich nicht sicher, ob sie erfreut oder gekränkt war. Eher wohl Ersteres, jede Wette. „Nun, ich aber. Also, Nell: Kommt Ihr mit?“
Die Countess ließ sich nicht lange bitten. „Ja, Hugh. Herzlich gern.“
Während Hugh also dafür sorgte, dass Petronilla ihre Zurückhaltung ganz allmählich aufgab, richtete Fitz Osbern sein Augenmerk vom Burgsaal auf den Pferdestall. Der sah nämlich so aus, als würde er den nächsten ordentlichen Sturm nicht heil überstehen. An einem Ende war das Gebäude bereits eingefallen, das Strohdach gänzlich durchgefault. Gervase überlegte schon, ob es nicht besser wäre, das Gebäude einfach abzureißen und von Grund auf neu zu bauen, statt es auszubessern. Da kam Hugh auf ihn zu, gestiefelt und gespornt und im Begriff, sich die Handschuhe überzustreifen.
„Wohin des Wegs? Du bist doch gerade erst eingetroffen.“
Hugh holte sein Pferd und trug dem Stallburschen auf, ein Tier für die Countess zu satteln. „Nicht weit. Kleiner Ausritt mit Nell … äh, Lady Petronilla, wollte ich sagen. Ein wenig am Fluss entlang.“
„Aha.“ Gervase schmunzelte. „Nell heißt sie also, hm?“
Hugh grinste zurück. „Ich habe die Lösung für dein Problem“, verkündete er.
„Ach, hast du die Tochter etwa ins Burgverlies gesperrt?“
„Unsinn. Genauer gesagt: Ich wüsste vielleicht des Rätsels Lösung. Ich weiß jetzt, warum Lady Rosamund sich so sperrt und nicht die Absicht hat, die Burg zu verlassen. Warum sie unbedingt hierbleiben will, und zwar bis ans Ende ihrer Tage.“
„Weil sie über alle Maßen verwöhnt ist. Stur und eigensinnig. Und weil sie immer ihren Willen haben muss, sonst taugt es nicht.“
„Nee, der Grund ist ganz einfach: Ralph de Morgan.“
Verächtlich bleckte Gervase die Zähne. „Was soll mit dem sein?“
„Wenn es nach Earl Gilbert geht, soll das Mädchen mit ihm verheiratet werden.“
„Ja, und?“
Hugh brummte. „Na, denk mal darüber nach, Ger!“
„Hm.“ Prüfend fuhr Ger sich mit der Schneide eines Reetmessers über den Daumen. Völlig stumpf, das Werkzeug; in diesem Zustand zu nichts mehr zu gebrauchen. „Keine schönen Aussichten für eine junge Frau, ehrlich gesagt.“
„Sie wird alles Mögliche tun, nur nicht nach Salisbury zurückkehren, wo ihr die Zwangsheirat droht“, fuhr Hugh fort. „Es wird dir nicht gelingen, sie von Clifford zu vergraulen.“
„Sapperlot!“, knurrte Gervase düster. „Danke für die Warnung, Hugh. Viel Vergnügen beim Ausritt.“
„Werde ich haben. Übrigens, wenn ich dir einen weisen Rat erteilen dürfte …“ Hughs Miene blieb zwar ausdruckslos, doch das Funkeln im unverwandten Blick seiner blauen Augen war nicht zu übersehen. „Du könntest sie selbst heiraten. Damit wäre das Problem gelöst. Sie wird bald vierundzwanzig und wäre zweifellos froh, wenn sie endlich unter die Haube käme.“
„Besser als Ralph de Morgan wäre ich allemal.“
„Möglich. Damit wäre auch die Eigentumsfrage bezüglich Clifford erledigt. Sie hat die Besitzurkunden, du hast die Macht. Wirf beides zusammen, und sie wird dir ewig dankbar sein dafür, dass du sie vor de Morgans Pfoten bewahrt hast.“ Hugh konnte sich kaum ein Grinsen verkneifen. „Als Eheleute könntet ihr hier wunderbar und in Freuden leben.“
„Vielen Dank, dass dir mein Glück so am Herzen liegt.“ Das klang zwar förmlich, passte indes in keiner Weise zu dem erzürnten Glimmen in Gervases Augen. „Ich jedenfalls kann mir nichts Schlimmeres vorstellen. Die junge Lady entspricht nicht meinen Vorstellungen.“
„Ich wollte es nur mal erwähnen.“
„Gib du lieber acht, deine Countess nicht warten zu lassen.“
Inzwischen überzeugt, dass das faulige Stalldach den Winter nicht überstehen würde, wandte Gervase sich wieder seinen Männern zu, die gerade das durchgeweichte Stroh vom Dachstuhl entfernten. Nach außen hin machte Gervase den Eindruck, als sei er ganz bei der Sache. Insgesamt aber war er mit den Gedanken woanders, wie er sich zu seiner Schande eingestehen musste. Andauernd spukten ihm die Worte seines Freundes im Kopf herum.
Lachhaft, der Vorschlag. Eine Verbindung mit dem Hause de Longspey eingehen? Als ein Fitz Osbern? Ausgeschlossen. Außerdem würde Rosamund de Longspey niemals seine hohen
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