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Die Liebeslist

Die Liebeslist

Titel: Die Liebeslist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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scharf wie Messerstiche, stiegen schlagartig in ihm auf.
    Das darf nicht wahr sein! Nicht schon wieder!
    Ein dichter Pulk Reiter auf stämmigen kleinen Pferden preschte aus nördlicher Richtung auf Rosamund und ihren Begleitschutz zu. Metall blitzte im Sonnenlicht. Gervase und Hugh spähten aus engen Augenschlitzen, um die Gefahr einschätzen zu können. Noch waren die Angreifer nicht genau auszumachen, doch die Bewaffnung schien offensichtlich: Bögen und todbringende Pfeile.
    „Ger! Ein Überfall! So nahe bei der Burg? Das ist wahrlich dreist!“
    Gervase war schon fort, sprang in mächtigen Sätzen die Treppe hinunter und schrie im Laufen seine Befehle hinaus, eine Streitmacht antreten zu lassen. Verfluchte Waliserbande! Fühlten diese Halunken sich etwa bereits wieder so stark, dass sie sich in unmittelbarer Umgebung der Burg erneut auf Beutezug wagten? Glaubten die etwa, solch eine Frechheit könnten sie sich herausnehmen? Seine Empörung wich jedoch im Nu einer überwältigenden, lähmenden Furcht, so kalt und tödlich, dass er sich mit aller Kraft dagegen wehren musste, damit sie sich nicht in ihm festsetzte.
    Wieder war es Matildas Bild, das vor seinem geistigen Auge erschien. Er hatte nicht miterlebt, wie sie umgekommen war, hatte nur ihre verstümmelte, blutüberströmte Leiche gesehen, das kalte, von Schmutz und Blut besudelte Gesicht. War es nicht genau hier passiert? Konnte das sein, dass das Schicksal ein zweites Mal zuschlug, an ganz genau derselben Stelle und mit demselben bösen Ausgang? Gab es so etwas, dass ein- und dieselbe vermaledeite Eiche zweimal nacheinander vom Blitz getroffen wurde?
    Sollte das Schicksal ihm auch noch Rosamund rauben? Nicht auszudenken!
    Ihre Eskorte war zahlenmäßig hoffnungslos unterlegen. Hoffentlich war wenigstens der Knappe so klug, rechtzeitig in Deckung zu gehen! Schlagartig und glühend heiß durchzuckten Gervase jetzt die Selbstvorwürfe: Warum hatte er Rosamund überhaupt aus der Burg gelassen?
    Im Handumdrehen saßen die Männer schwer gewappnet im Sattel. Die Tore öffneten sich, doch Gervase kreiste immer wieder derselbe Gedanke im Schädel herum: Hoffentlich behielten die Eskorte und sein Knappe klaren Kopf! Hätte er ihr doch bloß diesen Ausritt verboten!
    Dann aber schossen er, Hugh und die Soldaten auch schon im gestreckten Galopp zum Tor hinaus. Es war nur ein kurzes Stück bis zum Schauplatz des Geschehens. Hoffentlich war es nicht schon zu spät!
    Gervase kannte nur einen Gedanken: zu Rosamund zu gelangen, ehe die walisischen Bogenschützen ihr etwas antun konnten. Rücksichtslos hieb er seinem Pferd die Sporen in die Flanken.
    Kurz darauf ließen sich ein Tumult und warnende Rufe der Waliser vernehmen, die jetzt merkten, dass da eine Schwadron bewaffneter Reiter angeprescht kam. Gervase war überzeugt davon, dass der Gegner sofort den Rückzug antreten und in die dicht bewaldeten Hügel flüchten würde. Diese Taktik beherrschten die Waliser ausgezeichnet. Nur sah er keine Rosamund, auch keine wehenden Zöpfe und keinen blauen Mantel. Demnach musste sie aus dem Sattel gestürzt sein.
    „Packt sie, Männer!“, brüllte Gervase mit vor Wut rauer Stimme. „Habt keine Gnade mit ihnen!“
    Ringsum herrschte zwar wildes, erbittertes Getümmel, doch Gervase bewahrte einen kühlen Kopf. Ein kurzer, heftiger Zusammenprall – genauso, wie er es erwartet hatte. Nach einem letzten Pfeilhagel wendeten die Angreifer ihre Pferde und machten sich in Richtung Waldrand davon. Gervase befahl seinen Getreuen, den Feind zu verfolgen, doch nur, um ihm einen ordentlichen Schrecken einzujagen. Den Walisern in unübersichtliches Gelände nachzusetzen wäre zwecklos und reiner Selbstmord gewesen.
    Er saß ab, wischte das Blut von seiner Schwertklinge und steckte die Waffe in die Scheide. Laut bellend tollte Bryn um ihn herum. Dann kam auch schon Owen angelaufen, atemlos, aufgewühlt, das Gesicht erhitzt vor Furcht und Triumph gleichermaßen. „Erschien wie aus dem Nichts, die Bande“, japste der Junge. „Ein Mann verwundet, zwei Gäule hinüber, die Stute der Lady auch. Waren zu leicht bewaffnet, die Schurken, da konnten sie nicht groß was gegen uns ausrichten.“ Jetzt einigermaßen von seinem Schrecken erholt, plapperte er munter drauflos. „Die waren nicht auf Kampf aus, Mylord. Viehdiebe waren das. Wir waren vermutlich nicht aufmerksam genug, deshalb haben sie uns überrascht. Aber der Lady ist nichts passiert, Mylord …“
    Gervase hörte gar nicht recht hin.

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