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Die Liebeslist

Die Liebeslist

Titel: Die Liebeslist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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zerzauste ihm mit der anderen Hand das strubbelige Haar. „Hast ihr vermutlich das Leben gerettet.“
    Es bedeutete Gervase mehr, als er es sich hätte träumen lassen. Nun aber musste er sich Rosamund aus dem Kopf schlagen.
    Als Mistress Kempe schwungvoll in die Kammer getreten kam, ächzte Rosamund auf. Jetzt erwarteten sie wohl noch mehr Schmerzen, dachte sie leise seufzend.
    „Lasst mal sehen.“ Resolut drängte die Heilerin Petronilla und Edith beiseite und betastete Rosamunds lädierte Schulter, allerdings weit weniger sanft als Gervase. „Ordentlich angehauen. Blaue Flecken. Aber gebrochen ist nichts. Keine bleibenden Schäden, Lady. Wohlgemerkt, das heißt nicht, dass es nicht ein paar Tage ziemlich wehtut.“
    „Au weia!“ Rosamund machte aus ihrem Missmut keinen Hehl.
    „Einen Becher Wein!“, befahl die Heilerin und kramte ein kleines Tongefäß aus ihrem Säckchen. „Das wird genau das Richtige für Euch sein.“ Sie entfernte den Verschluss, kippte eine Prise dunkles Pulver in das Getränk und rührte das Ganze um. „So, runter damit! Keine Bange, wird Euch schon nicht vergiften“, brummte sie, als Rosamund das Gesicht verzog. „So ist es brav. Ist gemeiner Fingerhut.“ Sie reichte das Gefäß an die Zofe weiter.„Den Rest in warmem Wasser auflösen und regelmäßig auf die verletzte Schulter auftragen.“
    Rosamund fügte sich in ihr Schicksal. Mit der zunehmenden Wärme ließ auch der Schmerz ein wenig nach, und eine wohltuende Mattigkeit überkam sie, sodass die schrecklichen Ereignisse, ja selbst der Verlust ihrer Stute, schon ganz weit weg erschienen.
    „Vorzüglich!“ Mistress Kempe musterte sie forschend. „Ich lasse Euch noch ein wenig von dem Fingerhut bringen.“ Damit verabschiedete sie sich und marschierte, nachdem die Countess ihr eine Münze zugesteckt hatte, zur Tür hinaus.
    Ob es an der Arznei lag oder an ihrer Erschöpfung, ließ sich nicht sagen – jedenfalls schlief Rose diese Nacht tief und fest. Als sie aber am nächsten Morgen aus dem Bett aufstehen wollte, schmerzte sie der ganze Körper, und sie spürte sämtliche Knochen. Den lädierten, grün und blau angelaufenen Arm konnte sie vor Schmerzen kaum heben, weswegen sie die bittere Medizin auch bereitwillig schluckte. Allein in ihrer Kemenate und wenig geneigt, sich weit fortzubewegen, ließ sie die Ereignisse des vergangenen Tages noch einmal Revue passieren. Sie konnte sich nicht entsinnen, ob sie sich in dem ganzen Durcheinander überhaupt bei Gervase Fitz Osbern bedankt hatte. Was sie allerdings noch wusste, war, dass er ihr mit dem Messer die Kleider vom Leibe geschnitten hatte. Unschlüssig grübelte sie darüber nach, ob sie wegen seiner Vertraulichkeit erschrocken sein oder vielmehr seine Entschlusskraft bewundern sollte. Wie sie ihm unter diesen Umständen wieder gegenübertreten sollte, war ihr schleierhaft. Danken musste sie ihm aber auf jeden Fall.
    Genau das beabsichtigte sie dann auch, als sie sich entschied, trotz der widrigen Umstände zum Mittagsmahl unten im Burgsaal zu erscheinen. Sie hatte sich ein Sprüchlein zurechtgelegt und eine hoheitsvolle Haltung eingeübt. Zu ihrer Bestürzung war Fitz Osbern nicht da. Es wäre ein Leichtes gewesen, damit ihren selbst auferlegten Bußgang zu beenden, doch das kam nicht infrage. Nach einem entsprechenden Hinweis von Sir Thomas traf sie Gervase im Pferdestall an, wo er gerade einen Huf seines Hengstes untersuchte.
    Ihre stammelnd vorgetragene Entschuldigung nahm er mit abweisender Gleichgültigkeit zur Kenntnis. Schlimmer noch: Nachdem er sich kurz vergewissert hatte, dass sie offenbar auf dem Wege der Besserung war, würdigte er sie kaum noch eines Blickes.
    „Der Überfall …“, begann sie stockend. Schon seit dem Aufwachen ging ihr die Sache im Kopfe herum. „Owen kann nichts dafür. Das dürft Ihr dem Jungen nicht anlasten, Mylord.“
    Er reagierte mit einem scharfen Blick. „Wie ich mit meinem Knappen verfahre, könnt Ihr getrost mir überlassen.“
    „Selbstverständlich.“
    „Ich vermute, unter Nachwirkungen leidet Ihr nicht.“
    „Nein.“
    „Gut.“
    Mit dieser mürrischen, einsilbigen Antwort richtete er sein Augenmerk sofort wieder auf den kranken Pferdehuf und winkte Watkins herbei, um dessen Meinung über den entzündeten Lauf einzuholen.
    Rosamund trat den Rückzug an. Er hatte weder verärgert gewirkt noch mit ihr geschimpft, sondern so getan, als sei ihre Entschuldigung unerheblich. Das hieß wohl, dass er ihr den Überfall doch

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