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Die Liebeslist

Die Liebeslist

Titel: Die Liebeslist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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noch nachtrug. Vermutlich war er in der Kemenate nur so fürsorglich zu ihr gewesen, weil sie unter Schmerzen gelitten hatte. Ganz offensichtlich plagten ihn jetzt andere Sorgen. Zu allem Überfluss hatte sie ihrem Kummer auch noch an seiner Schulter freien Lauf gelassen, was vermutlich jeden richtigen Mann vergrätzt hätte. Eigentlich musste sie sich schämen.
    Nun gut – wenn Fitz Osbern nicht mit ihr reden wollte, so konnte sie sich doch immerhin bei seinem Knappen bedanken. Der war gerade eifrig dabei, mit tief über die Arbeit gesenktem Strubbelkopf die Waffen seines Herrn und Meisters zu reinigen und zu entrosten. Als Rosamund ihn ansprach, schaute er hoch und sprang, einen Dolch in der Hand, erschrocken auf.
    „Mehr konnte ich nicht tun, Mylady …“ Er lief tiefrot an. Glaubte der arme Kerl etwa, sie wollte ihn zur Rede stellen? Da musste sie ihn beruhigen, auch wenn Fitz Osbern das anders sah.
    „Du hast mir das Leben gerettet. Weil du mich in Sicherheit gebracht hast, als mein Pferd zu Boden ging.“
    Owen schluckte heftig, die Augen weit aufgerissen. „Ich dachte, das wäre das Beste …“
    „Hoffentlich hast du keinen Rüffel bekommen.“
    „Einen Rüffel?“ Er verstand offenbar nicht recht. „Überhaupt nicht, Mylady. Mein Herr meint, ich würde mal ein guter Ritter werden. Mein Vater wäre stolz auf mich, sagt er.“
    „Ach! Das freut mich für dich!“ Sie staunte nicht schlecht.
    „Jawohl.“
    „Da kannst du ja mit Fug und Recht stolz auf dich sein!“
    Also hatte Gervase seinen Knappen sogar gelobt! Rosamund überließ den Jungen seiner Aufgabe und machte sich auf den Rückweg, einmal mehr im Zweifel darüber, was sie von Fitz Osbern halten sollte.
    Zurück in ihrer Kammer, lief Rosamund unschlüssig zwischen Bett und Fenster auf und ab und zerbrach sich den Kopf über die Bredouille, in die sie sich nichts ahnend manövriert hatte. Einerseits verdankte sie Fitz Osbern ihr Leben und stand somit tief in seiner Schuld. Andererseits hatte sie ihm versprochen, nichts zu unternehmen, was seine Stellung als Burgherr untergraben würde und einen reibungslosen Alltag auf Clifford störte, und sie neigte nun einmal nicht dazu, Zusagen zu brechen. Doch diese verflixte Situation zwischen ihnen musste beendet werden. Seine Liebkosungen und sein sanfter Umgang mit ihr hatten für sie alles verändert. Zwar war sie bemüht, nicht dauernd an seine Küsse zu denken, erst recht nicht an das unerklärliche Sehnen nach noch mehr Zärtlichkeiten, scheiterte aber kläglich. Ja, die Erinnerung ließ ihr die Wangen erröten und jagte ihr eine Gänsehaut über den Körper.
    Sei vernünftig!, ermahnte sie sich. Seine Umarmung bedeutet rein gar nichts. Wieso hatte sie ihm überhaupt Vertrauen geschenkt? Ihn für einen Ehrenmann gehalten? Sie hatte doch von Anfang an gewusst, was er für einer war, und er für seinen Teil hatte seine niederen Absichten ja nie verheimlicht. Weshalb war sie trotzdem auf seine Schmeicheleien hereingefallen? Warum erlag sie seinem Reiz, dem sie sich nicht zu entziehen wusste, gleich, was Gervase tat? Dass er eben keinen Funken Anstand besaß, das hatte er ja genau an diesem Morgen bewiesen!
    Wohl wissend, dass ihre Zukunft möglicherweise von Dingen abhing, auf die sie keinen Einfluss hatte, suchte sie nun nach einer Antwort auf ihre Misere, und diese lag auf der Hand. Um hier im sicheren Clifford bleiben zu können, was ja ihr gutes Recht war, durfte sie nur ehrenhafte und legitime Mittel anwenden. Keine Heimlichkeiten, nichts Ungebührliches, sondern sie musste sich streng an die herrschenden Regeln halten. Und wenn schon nicht an Fitz Osbern – an wen konnte man sich vertrauensvoller wenden als an den König von England? An König Henry, der zufälligerweise gerade in Ludlow weilte, nicht weit von Clifford entfernt.
    Also ließ sie sich am späten Abend, als ihre Mutter schon schlief, Gänsekiel, Tinte und einen Pergamentbogen bringen. Während sie schrieb, nahm sie sich fest vor, Petronilla gegenüber nichts davon zu erwähnen, denn Rosamund wollte auf jeden Fall verhindern, dass Hugh de Mortimer von ihrem Plan erfuhr.
    In der Stille ihrer Schlafkammer meldete sich aber die Stimme des Gewissens. Ob ein solcher Brief wohl einem Dolchstoß in Gervases Rücken gleichkam? Bedeutete ein solches Schreiben womöglich, dass sie einen kaltblütiger Verrat an Fitz Osbern beging, der ihr immerhin das Leben gerettet hatte?
    „Nicht wenn mein Handeln Recht und Gesetz entspricht“,

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