Die Liebeslist
nicht täglich mit seiner Zukünftigen die Klinge kreuzen!
Andererseits … wieso eigentlich nicht? Würden sich seine Probleme nicht mit so einer Verbindung über Nacht in Luft auflösen? Wie Hugh es angedeutet hatte? Falls sie seine Gemahlin würde, fiele ihm das Eigentumsrecht über Clifford ganz von selbst zu. Fähig, wie sie war, konnte Rosamund die Burg durchaus in seinem Namen führen und hier wohnen, falls gewünscht. Bei diesem Gedanken verzog er die Lippen zu einem anerkennenden Grinsen. Nachdem sie die Idee aufgegeben hatte, ihn mittels eines übel riechenden Misthaufens zu vergraulen, hatte sie sich als kundige Burgherrin bewährt. Lesen, schreiben und rechnen konnte sie ebenfalls, ein nicht zu verachtender Vorteil, wenn auch für eine Frau eher ungewöhnlich. Mit ihrer forschen, resoluten Art würde sie die Zügel bestimmt fest in der Hand halten. Bei ihr käme zweifellos keiner auf die Idee, Pacht oder Zehnt schuldig zu bleiben, nur weil man es mit einer vermeintlich schwachen, weichherzigen Herrin zu tun hatte.
Jäh verging ihm das Schmunzeln. Rosamund und weich?
Na, und ob! Rasch schüttelte er den Kopf, um die sündigen Bilder loszuwerden, die stets vor seinem inneren Auge auftauchten, sobald er an sie dachte. Als seine Ehefrau würde sie das Sagen auf Clifford haben, entweder in seinem Namen oder in ihrem eigenen. Also würde sie hier wohnen bleiben und er nach Monmouth zurückkehren können. Alles in allem sah es so aus, als sei die Aufforderung, das Mädchen zu heiraten, doch nicht so abwegig.
Nunmehr recht angetan vom Ratschlag seines Gefährten, machte er zweien seiner Männer Platz, die gerade einen frisch gefällten Baum vorbeischleppten. Aus seiner Sicht blieb nur noch eine Frage offen: Würde sie sich überhaupt darauf einlassen? Beurteilte sie die Vorteile einer solchen Allianz wohl genauso wie er? Zumindest die drohende Hochzeit mit Ralph de Morgan hätte sich dann erledigt. Rosamund war volljährig und durfte ihre eigenen Entscheidungen treffen, ohne ihren Bruder um Erlaubnis bitten zu müssen. Falls sie in erster Linie ihre Unabhängigkeit bewahren wollte, sollte sie Clifford getrost haben. Er hatte nichts dagegen.
Die ideale Einigung, von der alle etwas hätten … Er, Gervase, brauchte sie nicht einmal zu mögen und auch nicht oft zu sehen.
Dennoch … Zu seinem Leidwesen erschienen schlagartig wieder die eben erst verscheuchten Bilder vor seinem inneren Auge. Wie weich sich Rosamunds Lippen angefühlt hatten! Wie ihr Körper mit dem seinen verschmolzen war! Gewiss, sein Kuss war nur als eine Art Strafe gemeint gewesen, als Warnung, sich nicht in seine Angelegenheiten einzumischen. Er konnte sich noch an das Pochen ihres Herzschlags erinnern, an den lieblichen Duft, der von ihrer seidigen Haut ausging, als er sie auf die weiche Mulde über dem Dekolleté küsste. Er hatte sich kaum beherrschen können, nicht über sie herzufallen. Noch nie hatte ein weibliches Wesen eine solche Wirkung auf ihn ausgeübt. Und wie sie sich an ihn geklammert hatte …
Aber dann war sie plötzlich von einem Moment auf den anderen ganz anders geworden – eisig und hoheitsvoll. Da hatte er sie freigegeben.
Eins ließ sich nicht leugnen, sosehr sie ihn auch reizte und seinen Frieden störte: Sie hatte auch eine weiche, eine liebenswürdige Seite. Ihre Selbstlosigkeit zum Beispiel, als ihre Mutter erkrankt gewesen war. Was war es ihm schwergefallen, ihren Kummer mit anzusehen! Oder gar der Gedanke, sie sei womöglich von einem walisischen Pfeil getroffen worden! Trotzdem hatte er sie bei ihrem Versuch, ihn um Verzeihung zu bitten, brüsk abgefertigt. Hatte ihr kalt und ruppig mitgeteilt, sie leide ja anscheinend nicht unter Nachwirkungen, obwohl es offensichtlich war, dass sie von Schmerzen geplagt wurde. Dabei hatte er sich die ganze Zeit zusammenreißen müssen, um sie nicht einfach in die Arme zu nehmen und sich persönlich von ihrem Wohlbefinden zu überzeugen. Großer Gott, was mochte sie da wohl von ihm gedacht haben? Er hatte den kerngesunden Huf seines Hengstes angestarrt, als hätte er noch nie im Leben einen Pferdelauf gesehen. Watkins musste geglaubt haben, er sei nicht ganz richtig im Kopf! Nein, stolz war er nicht darauf. Doch die Angst, sie könne dasselbe unglückliche Schicksal erleiden wie Matilda, die hatte ihn veranlasst, seine Gefühle zu verbergen. Abscheulich, aber durch sein Verhalten hatte er noch zu ihrem Kummer beigetragen. Und trotzdem hatte sie sich für seinen Knappen
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