Die Liebeslist
scheint, mein königlicher Gemahl wird sein Urteil zu Euren Gunsten fällen, was Euch indes bezüglich Fitz Osbern zum Nachteil gereichen wird. Falls Ihr Fitz Osbern haben wollt, und ich glaube, das wollt Ihr, so müsst Ihr dafür sorgen, dass er die Wahl hat. Lasst ihn in dem Glauben, er sei der Sieger. Es ist zwar stets ein Wagnis, gewiss, denn er könnte Euch auch zurückweisen. Das wiederum aber kann eine kluge Frau ihm sehr schwer machen, wenn nicht gar unmöglich.“
Später dann schritten die Frauen hinunter in den Burgsaal, in dem König Henry zu Gericht sitzen sollte. Als Rosamund kurz innehielt, wurde sie von Eleanor auf höchst unkönigliche Weise angestupst. Unterdrückt lachend, wies Ihre Hoheit mit dem Kopf auf das Grüppchen Männer, das da unten der Damen harrte.
„Wie ich sehe, hat unser Lord of Monmouth die Zeit höchst geschickt genutzt“, bemerkte die Königin. „So ein Mannsbild, dem gibt man doch keinen Korb, oder, Rose?“
Rosamund fehlten die Worte. Denn der Mann, der dort unten stand, der hatte überhaupt keine Ähnlichkeit mehr mit dem liederlichen, gewöhnlichen Soldaten, von dem sie in den vergangenen Tagen drangsaliert worden war. Er hatte sie an der Nase herumgeführt. Mit Absicht und auf das Schändlichste. Und sie, sie war auf seine Maskerade hereingefallen!
9. KAPITEL
Lord of Monmouth?
Das dichte schwarze Haar war nicht mehr so struppig wie sonst, sondern gewaschen und gestutzt. Gezähmt zu einer schon fast adrett anmutenden Frisur, kräuselte es sich bis hinunter in den Kragen und umrahmte das strenge Gesicht mit den geraden, dunklen Brauen, der wohlgeformten Nase, den markanten Zügen und hohen Wangenknochen. Auch der Stoppelbart war fort, wodurch das Kinn noch kantiger wirkte. Statt der ramponierten Feldmontur trug Gervase nunmehr elegante Beinkleider, Stiefel aus feinstem weichen Leder mit seitlicher Verschnürung und dazu einen schweren, knielangen Überwurf in einem satten Rostbraun, das wunderbar zum dunklen Haar passte. Saum, Ärmel und Halsausschnitt waren auffällig verziert mit breiten, bestickten Seidenborten, die sich schimmernd vom hellen Linnen des Untergewandes abhoben. Statt des schweren, massigen Waffengurtes fiel nunmehr ein prächtiger, an den Kanten vergoldeter Paradegürtel mit Schmuckverschluss ins Auge. An einer Hand glitzerte ein großer Smaragdring. Sogar neben der imposanten Gestalt des Königs machte Gervase eine gute, athletische Figur, die jedermann sofort auffiel. So konnte auch Rosamund sich seinem Anblick nicht entziehen, ob sie nun wollte oder nicht. Mit heftig pochendem Herzen starrte sie ihn an. Erstaunlich, diese Verwandlung vom Raubritter zum vornehmen Höfling!
„Lord of Monmouth? Na, so was! Das ist wahrlich eine Überraschung!“
„Wusstet Ihr das nicht?“, murmelte Eleanor unterdrückt lachend.
„Offenbar gibt es so einiges, das ich nicht weiß!“, flüsterte Rosamund, leise zwar, aber bissig. „Vielleicht solltet Ihr mich aufklären, Hoheit. Mir scheint, unser Lord of Monmouth lacht sich auf meine Kosten ins Fäustchen. Ein Spielchen hat er mit mir getrieben, der Kerl! Ein Katz-und-Maus-Spiel, wobei er wohl meint, er könnte mich in seine Klauen locken. Ich kann mir schon vorstellen, warum!“
Dabei war es beileibe nicht nur ihr Ärger über dieses Täuschungsmanöver, was ihr Blut in Wallung brachte! Es lag vor allem an der Tatsache, dass er einfach umwerfend aussah! Natürlich alles nur Schau, ganz deutlich mit dem Ziel, dem König zu imponieren. Hätte sie geahnt, dass er sich so eine Teufelei einfallen lassen würde, dann hätte sie selbst sich ebenfalls etwas Kleidsameres angezogen als ihr schmuckloses wollenes Alltagsgewand. Allerdings wich ihr Unmut schnell einer ganz anderen Empfindung, die mit Sicherheit nichts mit Zuneigung zu tun hatte. Wie vom Donner gerührt betrachtete sie das Wunder unten im Saal. Das erstickte Lachen ihrer Mutter überhörte sie ganz bewusst, und sie beachtete auch nicht, wie Gervase, der die Schritte auf der Treppe hörte und sich daher umdrehte, sie unversöhnlich anblickte.
Widerwillig stieg sie die Stufen hinunter und ging auf ihn zu. Er begrüßte sie mit einer Verbeugung. Der Himmel mochte wissen, was diesem Mann durch den Kopf ging.
„Lady Rosamund …“, hob er an.
Sie schnitt ihm mit einer raschen, verärgerten Handbewegung das Wort ab. „Ihr habt mich angelogen, Fitz Osbern!“, fauchte sie leise, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.
„Nein, Lady, keineswegs.“
Das schlug
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