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Die Liebeslist

Die Liebeslist

Titel: Die Liebeslist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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oft Verzweiflung nur zurück.
    Das kam der Sache schon näher. Falls sie Gervase Fitz Osbern wirklich liebte. Es war alles neu und befremdlich, unfassbar beunruhigend.
    Doch nun ging er fort. Hatte sie es nicht so gewollt, ja geradezu alles darangesetzt, dass er verschwand? Wieso ließ sie sich da von der herzergreifenden Schwärmerei jener Ballade gefangen nehmen? Und was würde zwischen ihnen vorfallen, ehe er die Burg räumte? Schade, dass man nicht in die Zukunft blicken konnte!, sinnierte sie fröstelnd. Sie allein wusste, was sie fühlte und was sie sich wünschte – falls sie den Mut aufbrachte, das Ersehnte auch zu ergreifen.
    Und dann war er da, war zu ihr gekommen, so wie sie es geahnt hatte. Immer noch prächtig gewandet, noch immer mit der juwelengeschmückten, im Kerzenlicht schimmernden Kette. Nach wie vor der imposante, unnahbare Lord. Langsam erhob Rosamund sich und sah ihn wortlos an, die Augen weit und fragend. Dasselbe feurige Band entflammte zwischen ihnen wie vorhin im Rittersaal, als sie umgeben waren von lauter Menschen, niedrigen und hochherrschaftlichen. Hier aber waren sie allein.
    Als Gervase ihr die Hand reichte, da legte sie ihre hinein, wie verzaubert von seinen unwiderstehlich schimmernden Augen. Seine Finger schlossen sich um die ihren. Seine Stimme war wärmer und weicher als erwartet.
    „Morgen rücke ich ab. Auf königlichen Befehl.“
    Er machte keine Anstalten, ihr zum Abschied formvollendet die Hand zu küssen. Nein, er verharrte vor ihr, hünenhaft und von beeindruckender Statur. Sie drehte die Hand, um die seine umfassen zu können.
    „Gervase … Ich wusste nicht … Deine Gemahlin …“
    „Nicht …“ Seine Stimme wurde ein wenig schärfer, aber nicht so, dass es Rosamund erschreckt hätte. „Sprich jetzt nicht davon.“
    Es schien, als seien Worte oder Erklärungen überflüssig. Mit einer raschen Bewegung zog er sie etwas näher heran und strich mit den Fingerspitzen über ihre Wange – vermutlich, so dachte sie, weil er nicht anders konnte, denn auch sie selbst war gänzlich willenlos. Erschauernd hielt sie den Atem an, als er sie berührte. Ein kalter Hauch lief ihr den Rücken hinab, als ahnte sie auf einmal, was er von ihr verlangen könnte.
    Er spürte, wie sie erbebte, und ließ die Hand sinken. „Hast du Angst vor mir?“
    Sie verdrängte die aufsteigende Beklemmung. „Nein …“ Wieso klang ihre Stimme bloß so heiser?
    „Brauchst du auch nicht. Ich weiß zwar nicht, was da zwischen uns vorgeht, aber es lässt mich nicht los …“ Er neigte den Kopf und küsste sie, vorsichtig erst, nahezu zärtlich. Dann aber zwang er sacht ihre Lippen auseinander, bis er für einen Augenblick mit seiner Zungenspitze ihre umspielte, um beinahe im selben Moment wieder damit aufzuhören. „Ich wünschte, es wäre alles anders gekommen.“ Ihr war, als müsse er sich die geraunten Worte regelrecht abringen. Seine Augen wurden dunkel vor Ergriffenheit.
    Er küsste sie aufs Neue, streichelte ihre Schultern, ließ die Hände an ihren Armen hinuntergleiten, umschlang ihre Taille und zog sie an sich, bis sie seinen harten Körper an ihrem spürte. Plötzlich, als sie mit leisem Seufzen die Stirn an seine Schulter betten wollte, gab er sie frei und wich zurück. Bestürzt fragte Rosamund sich, ob das schon das Ende gewesen sein sollte? Sollte ihr Wilder Falke nun für immer aus ihrem Leben verschwinden? Drohte ihr nun ein Leben in ewiger Einsamkeit? Nicht lange über Stolz oder Würde nachdenkend, nahm sie ihr Schicksal in beide Hände. Sie trat einen Schritt vor und packte ihn bei den Ärmeln, sodass er erstaunt die Brauen hob.
    „Geh nicht! So darfst du mich nicht verlassen.“ Es war ihr gleichgültig, dass sie ihn förmlich anflehte, und sie wartete mit angehaltenem Atem auf seine Antwort.
    „Rose …“
    „Über die Folgen bin ich mir im Klaren.“
    „Das bezweifle ich.“
    „Ich bin zwar unerfahren, Gervase, aber trotzdem bei Verstand. Ich weiß, was sich zwischen Mann und Frau abspielt.“
    Der Kerzenschein spiegelte sich in seinen Augen, die aufblitzten, als leuchteten sie von innen. „Ein Ehrenmann würde sich einer Frau gegenüber, die er achtet, niemals auf derart ungebührliche Weise nähern.“
    „Und wenn die Frau es so will? Wenn ich es möchte?“ Sie schüttelte den Kopf, als er schon ablehnen wollte. „Bleib, Gervase! Entweder wir leugnen das, was zwischen uns ist, oder wir beweisen, dass es existiert. Ich jedenfalls glaube nicht, dass ich es leugnen

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