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Die Liebeslist

Die Liebeslist

Titel: Die Liebeslist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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ihr unerfindlichen Grund ihr Herz erobert hatte. Stumm verdrängte sie ihre Enttäuschung darüber, dass er demnächst fort sein würde und in der Brust, dort, wo vermutlich ihr Herz saß, eine Lücke hinterließ. Sie hatte ihm noch so viel zu sagen, fand aber nicht die richtigen Worte.
    Ich kenne mich mit so etwas eben nicht aus.
    Am besten brachte sie es ruhig und sachlich hinter sich, hatte sie sich vorgenommen.
    „Ja, Mylady“, erwiderte Hugh sanft, als fühle er den Zwiespalt, der in ihrem Inneren tobte. „Er wünschte es so. Es steht mir nicht an, ihm zu widersprechen.“
    „Gewiss fühlt Ihr Euch geschmeichelt, das Vertrauen des Königs zu genießen.“ Petronilla wahrte die Fassung. Zu lächeln fiel ihr jedoch nicht leicht. „Natürlich tut es mir leid, dass Ihr geht.“
    „Mir auch.“
    „Es freut Euch sicherlich, wieder einmal nach Hause zu kommen. Da werde ich Euch wohl nicht wiedersehen.“ Der Satz war heraus, bevor sie es hätte verhindern können.
    Hugh ergriff mit seinen großen Pranken ihre grazilen Hände und führte sie nacheinander an seine Lippen. Kein Lächeln erhellte sein wettergegerbtes Gesicht. „Gott befohlen, Nell.“
    „Ihr desgleichen. Lebt Wohl, Hugh, und gute Reise.“
    Als er sie losließ und sich in den Sattel schwang, da verstand Petronilla die Welt nicht mehr. Warum wussten sie sich nichts zu sagen? Jetzt, da ihnen nicht mehr viel Zeit vergönnt war? Bei ihren Ausflügen am Fluss entlang oder bei ihren Spaziergängen an den Palisaden war es ihnen nie schwergefallen, miteinander zu reden. Warum tat es so weh, ihm nachzublicken, wie er davonritt? Ein Gefühl unerträglicher Einsamkeit breitete sich in ihr aus. Doch mit der Zeit, so wusste sie wohl, würde auch das vergehen. Dass ihre Wangen plötzlich feucht wurden, lag sicher nur an dem kalten Wind. Verstohlen wischte sie sich mit dem Finger die Tränen fort. Schließlich war sie eine Countess und musste nach außen die Fassung wahren.
    Irgendwann würde es ihr gelingen, den Verlust zu verwinden.
    Er hatte eine Ehrenschuld zu begleichen. Sie musste um Vergebung bitten. Deshalb suchte er sie in jener Nacht auf. Sie hatte es geahnt. Wäre er nicht gekommen, hätte sie sich selbst zu jenem unwirtlichen Westturm begeben, um mit Gervase zu sprechen. Zu vieles war ungesagt geblieben; zu viel noch offen zwischen ihnen, zu viel, um es unter den Augen der anderen Burgbewohner auszubreiten. Rosamund war nicht einmal sicher, dass es möglich sein würde, alles zu bereinigen oder jene unerklärliche Kraft zu begreifen, die dafür sorgte, dass sie sich so stark zueinander hingezogen fühlten.
    Was mochte nach Henrys Richterspruch wohl dazu geführt haben, dass sie beide auf einmal eine tiefe Einigkeit spürten? Sie wusste es nicht, vermochte es auch nicht zu benennen. Jedenfalls ließ es sich nicht länger leugnen. Von Anfang an war es da gewesen, scharf wie eine blitzende Klinge, als er ihr mit seinem stechenden Blick ihren Besitz streitig gemacht hatte. Als er sie dem rollenden Karren entriss und sie trotz ihrer Gegenwehr in seinen starken Armen eine überwältigende Geborgenheit empfunden hatte. Es war mehr als Geborgenheit, mehr als körperliche Anziehung, die da zwischen ihr und ihrem Wilden Falken wirkte. Hatte sie wirklich erst des Hinweises der Königin bedurft, um das zu erkennen? Möglich war es, denn in Liebesdingen war sie gänzlich ahnungslos. Sie spürte nur jene innere Rastlosigkeit, die ihr den Appetit raubte und sie um den Schlaf brachte, die ihr das Blut in Wallung brachte und ihr ein Kribbeln durch den Leib jagte.
    Vermutlich erging es ihm genauso. Spürte er wohl bei jeder Begegnung, dass keine Kammer groß genug war für sie beide? Bemerkte er es nicht, das Flirren in der Luft? Vielleicht konnte er es nicht wahrnehmen. Vielleicht war nur sie mit dieser Gabe geschlagen.
    Wie hieß er noch, jener irregeleitete Troubadour, der ihr damals an der Tafel des Earl of Salisbury in sanften Tönen vorgesäuselt hatte, wie süß die Liebe sei? Genau nach diesen besungenen zarten Regungen hatte sie sich in der Folge als junges Mädchen verzehrt. Noch jetzt waren ihr jene sentimentalen Verse gegenwärtig.
    Die Liebe, sie ist sanft und süß, spricht oft in Engelstönen.
    Die Liebe, sie bringt Wonnen den Mutigen und Schönen …
    Pah! Damit konnte sie, Rosamund, unmöglich gemeint sein! Zwei weitere Zeilen aus dem Lied fielen ihr ein:
    Die Liebe, sie bringt Leid und Qual und auch das größte Glück.
    Doch bleibt den Liebenden gar

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