Die Liebeslist
Marken besprechen.“
„Gern, Hoheit.“ Falls Hugh diese Zwangseinladung bedauerte, ließ er es sich nicht anmerken.
Der König erhob sich. „Dann ist meine Arbeit hier getan.“
Für Rosamund und Gervase war die Sache indes noch nicht erledigt.
Es war, als sei eine Schranke zwischen ihnen aufgegangen, ein Vorhang beiseitegeschoben. Während alles ringsum aufstand und das Podest räumte, während der König auf rasche Abreise drängte, blieben die beiden auf ihren Plätzen sitzen, getrennt durch die gesamte Länge der Tafel. Beider Blicke begegneten sich – Verständnis ohne Worte, ein Band, welches beide nicht länger zu ignorieren vermochten. Beide spürten sie nun jene Anziehungskraft, die sie die ganze Zeit verleugnet hatten. Ungeachtet aller Bemühungen, sich dieser Macht zu widersetzen, wurde sie von den Gefühlen überwältigt, die schon seit jener Begegnung, als Gervase sie aus dem Gefahrenbereich des rückwärts rollenden Karrens zerrte, in ihr getobt hatten. Rosamund begriff, dass sie Gervase falsch eingeschätzt hatte: Er war nicht getrieben von Rache und Besitzgier, sondern von Trauer. Gervase hingegen sah nur, dass sie sich wortgewandt vor ihn gestellt hatte, weil sie das Urteil des Königs für ungerecht hielt. Und das genau in dem Augenblick, da ihr der Sieg sozusagen in den Schoß gefallen war. Geraume Zeit saßen sie wie verzaubert, als kreuzten sie in Gedanken noch einmal die Klingen der Vergangenheit, bis der König Gervase ein letztes Mal zu sich rief und Rosamund die Hand der Mutter an ihrer Schulter fühlte.
Beide waren somit anderweitig beschäftigt, doch beiden war auch klar, dass sie es dabei nicht belassen konnten.
Er hatte für ihren Beistand eine Ehrenschuld zu begleichen.
Sie musste ihn um Verzeihung bitten für ihre Unwissenheit.
Auch der König war mit seinen erstaunlich undurchsichtigen Manövern auf Clifford noch nicht ganz fertig. Fitz Osbern war wenig überrascht, dass Henry ihn, während die königliche Eskorte zur Abreise antrat, noch einmal kurz beiseitenahm.
„Legt Ihr Wert auf meinen Rat, Ger?“, fragte der König kameradschaftlich, als habe er das gegen ihn verhängte Urteil bereits vergessen.
Fitz Osbern verzog keine Miene. Was mochte der König wohl jetzt schon wieder ausgeheckt haben? „Eher nicht. Er könnte mich wieder teuer zu stehen kommen. Gerade eben erst habt Ihr mich dreier meiner Kastelle beraubt, Hoheit.“
„Ach, Papperlapapp! Eine Bagatelle für einen wohlhabenden Mann Eures Standes. Den Verlust merkt Ihr doch überhaupt nicht! Der Gerechtigkeit muss Genüge getan werden. Das ist geschehen. Es stünde dem König schlecht an, erschiene er unritterlich, nicht wahr? Meine Gemahlin würde mir bös die Leviten lesen, hätte ich gegen Lady Rosamund entschieden.“
„Sieh an! So habt Ihr mich nur verteufelt, um Eurer Gattin einen Gefallen zu tun?“
Der König strahlte übers ganze Gesicht, als freue er sich diebisch über einen gelungenen Schelmenstreich. „Ich wusste, dass Ihr mich versteht, Ger. Eleanor wollte ihren Willen durchsetzen; als Mann wäre ich schlecht beraten, wenn ich das ignorierte. Doch noch ist nicht aller Tage Abend. So, mein Freund, wisst Ihr, was ich an Eurer Stelle tun würde?“
„Was denn?“, fragte Gervase abweisend.
Ungerührt erläuterte Henry ihm seinen Plan. „Morgen räumt Ihr das Feld, damit dem Gesetz formell Genüge getan ist. Ehe Lady Rosamund irgendwelche Schutzmaßnahmen ergreifen kann, kehrt Ihr zurück und belagert die Burg. Lange wird das Mädchen Euch nicht standhalten. Lasst Euch gegebenenfalls auf Verhandlungen ein und droht mit Aushungern. Damit kriegt ihr sie bestimmt klein. Oder bestecht den Burgwehrführer, damit er Euch das Tor öffnet. Scheint ja so, als stünde der sowieso eher auf Eurer Seite denn auf ihrer.“ Finster blickte der König hinüber zu Sir Thomas, der gerade seine liebe Mühe hatte, der Eskorte bei den beengten Verhältnissen Platz zum Antreten zu verschaffen. Was dabei herauskam, gefiel ihm sichtlich nicht. „Dann nehmt Ihr die Burg und auch das Mädchen im Handstreich, holt den Pfaffen aus dem Dorf und heiratet sie. Von mir aus bindet sie am Kirchenportal fest. So kriegt Ihr beides – Burg und Eheweib. Sieht doch ganz ansehnlich aus, die Gute! Ich hätte ja durchaus selbst ein Auge auf sie geworfen, aber …“ Verstohlen blickte er hinüber zur Königin, die gerade mit Rosamund den Palas verließ. „Also, da gäbe es durchaus Schlimmeres. Schließlich braucht Ihr einen
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