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Die Liebeslotterie

Die Liebeslotterie

Titel: Die Liebeslotterie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Nicoll
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spüren. Sein köstliches, zappelndes Gewicht, versteckt und dunkel und eingepackt und unsichtbar an ihrem Busen, weckte eine alte Erinnerung in ihr. «Bald sind wir daheim. Du bist wie wir anderen auch – du brauchst nichts weiter als ein bisschen Liebe. Komm mit mir mit, ich werde mich um dich kümmern.»
    Wie gestern stieg Agathe die Treppe hoch, ein Bündel voller Hoffnung am Finger. Aber sobald sie den Treppenabsatz erreicht hatte, fühlte sie die Hoffnung aus einem Loch in der Tüte am Boden zu einer Pfütze zusammenlaufen.
    Die Wohnungstür stand einen Spalt offen. Als Agathe sie aufstieß, hörte sie von drinnen Stimmen   – Männerstimmen. Sie blieb stehen, eine Hand am Türknauf, und lauschte. Stopak – sie hatte sein grunzendes Lachen erkannt – und noch jemand. Agathe stieß die Tür auf und trat ein. «Hektor, welch Überraschung! Und ich hatte schon auf einen Einbrecher gehofft.»
    Stopak und Hektor saßen zusammen am Küchentisch, eine Kompanie leerer Bierflaschen zwischen sich.
    «Ach, hab dich nicht so», sagte Stopak. «Wir feiern nur ein bisschen. Ich und mein neuer Kompagnon.» Stopak zeigte mit dem Hals der Flasche, die er in der Faust hielt, über den Küchentisch auf Hektor.
    «Dein neuer Kompagnon? Dein neuer Kompagnon!» Agathe war verblüfft. «Das Malergeschäft läuft plötzlich so prächtig, dass du das Geld sofort wieder zum Fenster hinauswerfen musst, ist es das? Du kommst wegen der großen Nachfrage nicht hinterher, ist es das? Und der? Warum ausgerechnet der? Was der übers Anstreichen weiß, kann man an den Fingern eines Fußes abzählen!»
    Agathe stampfte aus dem Zimmer und warf sich aufs Bett – den einzigen privaten Ort der Wohnung, hierher würde Hektor sich nie wagen.
    Doch er wagte sich. Agathe lag auf dem Bauch, das Gesicht im Kissen und das aufgelöste Haar zu einem üppigen Berg aufgetürmt. Ihre aufgeknöpfte Bluse saß locker, und sie schäumte immer noch, als Hektor ins Zimmer kam, um mit ihr zu reden. «Es ist nicht so, wie Stopak sagt», sagte er.
    «Hektor, verschwinde.»
    «Hör mal, ich will dir ja gar nicht auf die Nerven gehen. Ich wollte dir nur sagen – ich bin nicht Stopaks Kompagnon.»
    «Hektor, verschwinde einfach», kam Agathes halberstickte Stimme aus dem Kissen.
    «Ich gehe ja. Ich bin schon weg. Aber sei bitte nicht mehr auf Stopak böse. Er hat etwas Gutes getan. Ich habe in Schwierigkeiten gesteckt, und er wollte mir helfen. Er hat mich eingestellt, aber ich bin weder sein Kompagnon noch am Gewinn interessiert. Nichts davon. Ich will nur arbeiten. Stopak ist der Boss. Ich bin bloß sein Angestellter.»
    Agathe hob das Gesicht aus dem Kissen. Sie hatte jetzt wiederblutunterlaufene, verweinte Augen. Sie musste sich eingestehen, dass sie neuerdings immerzu die Nerven verlor oder kurz davor war, die Nerven zu verlieren. Sie steckte ihr Haar in die Haarspange zurück, eine Geste, die ihren Blusenausschnitt weit öffnete und den Blick auf das vernünftige Unterhemd freigab. Nervös fingerte sie an den Knöpfen herum und strich sich das Kleid glatt. «Hektor, mich interessiert nicht, ob er dich eingestellt hat. Meinetwegen kann er Iwan den Schrecklichen einstellen. Vermutlich hat er sich für dich entschieden, weil Iwan ein besseres Angebot bekommen hat. Wahrscheinlich hätte Iwan der Schreckliche vom Anstreichen genauso viel Ahnung wie du, aber es ist mir egal. Hektor, verschwinde einfach.»
    «Schon gut», sagte er, «ich gehe ja schon. Aber offenbar ist hier noch jemand, der etwas von dir möchte.»
    Agathe hob den Kopf und erwartete, einen reuigen Stopak hereinschlurfen zu sehen. Stattdessen hielt ihr Hektor zwei Papiertüten entgegen. «Ich glaube, die hat Hunger.»
    Schweigend nahm sie die Tüten entgegen. Hektor wartete hoffnungsvoll auf ein Wort von ihr, und als keines kam, sagte er: «Übrigens sind wir mit dem Bad fertig.» Dann zog er sich zurück und schloss die Tür. Kurz darauf war das Knacken eines weiteren Flaschenverschlusses zu hören, das Klirren von dickem Glas und Gelächter.
    «Blödige, dumme Männer», sagte Agathe. Sie kippte das Kätzchen aufs Bett. «Du bist der einzige Mann für mich», sagte sie. «Ich kann Hektor nicht leiden, weil er schlecht ist. Mag sein, dass er gut aussieht, aber er ist schlecht, und deswegen mögen wir ihn nicht, was, kleines Katerlein? Und Stopak mag ich nicht, weil er mich nicht mehr mag. Siehst du! Nein, wir können Hektor kein bisschen leiden.» Agathe warf einenBlick zur fest geschlossenen

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