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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elspeth Cooper
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Brust, und er schoss auf die nächste der Schwestern zu.
    Schon war er ihnen näher gekommen. Er erkannte ihre Umrisse und das Band aus weißer Gischt um die Felsen. Wenn er seine Geschwindigkeit noch für einige Sekunden beibehielt, konnte er vielleicht entkommen. Unsichtbare Finger griffen wieder nach seinen Schwanzfedern. Savin war hinter ihm, war ihm so nahe wie sein eigener Schatten. Irgendwie musste Gair die Kraft finden, sich ihm zu entziehen.
    Die kleinste der Schwestern erschien zerklüftet und feindlich unter ihm. Zu dieser Jahreszeit war das Meer nur wenig wärmer als das Land, und dort, wo beides aufeinandertraf, herrschte Verwirrung in der Luft. Eine Möwe hätte sich jetzt einfach treiben lassen können, aber der Wanderfalke war eine Kreatur der Hochmoore, und Gair kämpfte mit den widerstreitenden Strömungen und schlug verzweifelt mit den Flügeln, um ein wenig an Höhe zu gewinnen. Sobald es ihm gelungen war, flog er über die Felsen auf die nächste Insel zu.
    Er spürte Savin hinter sich wie heißen Atem im Nacken. Er wusste nicht, ob es eine körperliche Verfolgung war oder ob Savin mit seinem Geist nach ihm griff, aber er wagte es nicht, zurückzublicken. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als geradewegs auf das Kapitelhaus zuzufliegen. Hoffentlich hatte er noch genug Zeit dazu.
    Komm zu mir, kleiner Vogel , sang Savin. Ich weiß, wer du bist!
    Über der zweiten Insel gewann Gair an Höhe, aber es war schwer, einen Vorteil daraus zu ziehen. Er war nicht daran gewöhnt, so lange so schnell zu fliegen. Das hier war etwas ganz anderes als das freie Gleiten und Schweben des Feueradlers. Seine Schwingen wurden müde, aber er durfte sich keine Pause erlauben.
    Über dem Kanal zwischen den beiden größten Inseln gruben sich ihm plötzlich Krallen in den Rücken und stießen ihn auf die gischtumschäumten Felsen zu. Brennender Schmerz schoss ihm in den Nacken, und Federn flogen umher. Er kreischte auf, befreite sich und stieg empor. Ein anderer Wanderfalke kam nun in Sicht und schrie herausfordernd. Sofort spürte Gair einen Widerhall in dem Sang in ihm. Angst erfasste seine Eingeweide. Savin war ungeheuer stark.
    Der Wanderfalke schwebte auf ihn zu. Abermals bohrten sich Krallen in seinen Rücken, was ihn wieder Höhe kostete. Gair versuchte seitlich auszuweichen, doch er konnte dabei nicht rechtzeitig aufsteigen. Der steil aufstrebende Hang der Insel war zu nahe, und er pflügte mit dem Kopf voran durch den Schnee.
    Er rang nach Luft, als die Kälte ihm in die Federn stach, ihm die Kraft aussaugte und ihn zum Erzittern brachte. Beweg dich . Gair musste sich bewegen. Savin konnte nicht weit weg sein, auch wenn Gair ihn nirgendwo sah. Er musste sich bewegen! Da, ein Fels! Er mühte sich durch den Schnee auf ihn zu und hüpfte hinauf. Seine Federn waren feucht und verklebt. Er schüttelte sie aus, und die Schnitte an Hals und Schultern brannten. Blutrote Flecken sprenkelten den Schnee um ihn herum.
    Müde und erschüttert wollte Gair wieder in die Luft steigen und zurück zum Kapitelhaus fliegen. Doch sofort prallte Savin gegen ihn und stieß ihn zur Seite. Eine schwere silbrige Pfote stellte sich auf seine Brust und drückte ihn nach unten. Dahinter erhob sich das Gesicht eines Schneeleoparden.
    Gairs Herz raste. Wie sehr er auch trat und flatterte, er konnte sich nicht von der breiten Pfote befreien, und sein Schnabel vermochte das dicke Fell nicht zu durchdringen. Er kreischte erneut auf, als die Großkatze sich mit ihrem ganzen Gewicht auf ihn warf.
    Als Falke konnte er jetzt nichts mehr tun. Unter dem Druck dieser Pfote würde jede Vogelbrust früher oder später zerbrechen, als wäre sie aus gesponnenem Zucker. Gair ließ den Sang los und wechselte zurück in seine menschliche Gestalt. Die Gestalt des Schneeleoparden, dessen ebenholzfarbene Klauen in seine Haut eindrangen, brachte ihn zur Verzweiflung. Eine ausgewachsene Großkatze konnte selbst einen fliehenden Moschusochsen zur Strecke bringen … Gair kannte diese Gestalt nicht gut genug, um ihr etwas entgegenzusetzen. Er konnte gar nichts tun.
    Die walnussgroßen goldenen Augen wurden schmal. Der Leopard regte sich; sein silbernes Fell spannte sich über den schweren Schultern, als er eine weitere Pfote auf Gairs Brust setzte, diesmal knapp unterhalb der Kehle. Das Tier knurrte, und Gair rang nach Luft. Der Atem der Großkatze stank nach verwesendem Fleisch.
    »Was willst du, Savin?«, keuchte er.
    Dich .
    Der Druck auf Gairs Gedanken war viel

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