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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elspeth Cooper
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sie sorgen dafür, dass ich nicht übersehen werde.«
    Selsen senkte den Kopf und verbarg so ein Lächeln, während er auf den Schrank zuging. Mutter hat schon immer gesagt, dass Ihr einen seltsamen Sinn für Humor habt .
    »Und du hast offenbar ihre scharfe Zunge. Pass auf, dass du dich damit nicht schneidest. Ist in der Flasche auf dem Nachttisch noch etwas Mohnsirup übrig?«
    Türen wurden geöffnet und wieder geschlossen; Stoff raschelte. Der Novize kam aus dem Schlafgemach mit einem Armvoll perlmuttartig schimmernder Seide und schwerem Samt und Brokat zurück, die er über Ansels Stuhl legte.
    Die Flasche ist bis auf wenige Tropfen leer. Zum Glück habe ich erfahren, wo Hengfors die Schlüssel zur Medizinkammer aufbewahrt . Er holte eine kleine Flasche aus einer versteckten Tasche in seiner Robe und hielt sie Ansel entgegen.
    Der Präzeptor drückte den Korken mit dem Daumen weg. »Mein Junge, du bist mir ein großer Trost in der Stunde der Bedrängnis«, sagte er, legte den Kopf zurück und nahm einen großen Schluck von dem süßlichen Sirup.
    Seid vorsichtig damit – wenn Ihr zu viel nehmt, werdet Ihr in der Ratsversammlung einschlafen .
    »Ich weiß, was ich tue.«
    Das wird sich zeigen .
    Ansel verkorkte die Flasche wieder und stellte sie beiseite. »Du genießt gewisse Freiheiten mir gegenüber, aber du solltest sie nicht missbrauchen.«
    Selsen machte eine kaum merkliche Verbeugung, und in seinen blauen Augen zeigte sich nicht die geringste Spur von Zerknirschung. Ja, Herr .
    Sogar in der Unterwürfigkeit gelang es dem Jungen, anmaßend zu sein. Ein böser Blick glitt von ihm ab wie Regen von einer Dachschindel. Genau wie bei seiner Mutter.
    Ansel schälte sich aus seiner wollenen Hausrobe und griff nach den Kleidungsstücken, die Selsen geholt hatte. Das Seidenhemd mit dem hohen Kragen rutschte ihm kalt wie Eis über den Rücken. Er konnte ein Zittern nicht unterdrücken.
    Angst, alter Mann? Ihr habt Samarak überlebt, und deshalb werdet Ihr auch das hier überleben. Wenn Pfeile in der Luft sind, hebt Ihr einfach Euren Schild und wehrt sie ab, verdammt!
    Ansel zog das Hemd vor der Brust ruckartig zusammen und knöpfte es zu. Die winzigen Perlknöpfe waren widerspenstig. Jedes Mal, wenn er einen erwischt und an das Knopfloch herangeführt hatte, rutschte er ihm wieder durch die Finger. Verfluchte Dinger. Ansel wünschte dem Schneider, der sie angenäht hatte, die Pocken an den Hals. Er griff nach einem weiteren Kopf.
    Selsens grobe Hände kamen ihm zu Hilfe.
    Er war inzwischen so verdammt alt, dass er nicht einmal seine eigene Kleidung schließen konnte und sich von jemandem anziehen lassen musste. Sogar einem idiotischen Kind konnte man beibringen, wie es mit seinen Knöpfen und Bändern umzugehen hatte. Pah! Ansel biss die Zähne zusammen, als der Novize ihm mit geschickten Bewegungen den Kragen und die Manschetten anbrachte. Er streckte die Arme aus, damit das Hemd festgesteckt und die schwere Brokatrobe über seine Schultern gelegt werden konnte.
    Ich fühle mich, als würde ich Euch für die Schlacht rüsten , seufzte der Junge. Zuerst das Kettenhemd, dann der Brustpanzer – er glättete den Brokatstoff mit den glitzernden, verschnörkelten Goldfäden – und schließlich der Waffenrock . Er nahm den schweren Samtüberwurf auf, dessen Seidenfutter raschelte, als er die Falten ausschüttelte.
    »Bei der Göttin, das hier wiegt genauso viel wie eine Kriegsrüstung.« Ansel runzelte die Stirn und steckte die Hände in die Ärmel. »Und darunter ist es auch genauso warm.« Schon klebte das Hemd an seiner Haut, und er konnte nicht durch die vielen Schichten greifen, um es sich abzuzupfen. »Also? Bin ich vorzeigbar?«
    Polierte Beinschienen würden großartig aussehen, aber ich glaube, dann fallt Ihr vornüber .
    »Unverschämtes Jüngelchen. Gib mir meinen Stab, bevor ich dir den Hintern versohle, wie du es verdient hast.«
    Ich glaube nicht, dass all diese Insignien sinnvoll sind .
    »Vielleicht nicht, aber in einer Hinsicht hast du recht. Wir ziehen in die Schlacht, also gehen wir in Seide und mit wehenden Fahnen.«
    Die Ratsglocke schlug erneut, und Ansels Mundwinkel fielen herunter. Es blieb nur eine Viertelstunde, und dann würde alles auf die eine oder andere Weise enden. Es war Zeit zu gehen. Er stieß sich vom Schreibtisch ab und richtete sich auf. Die betäubende Wirkung des Mohnsaftes setzte allmählich ein und besänftigte seine zerfallenden Gelenke. Die Wirkung würde irgendwann

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