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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elspeth Cooper
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hundert Ellen, flüsterte Gair dem Pferd zu. Nur noch hundert Ellen, jetzt schon weniger, kaum fünfzig, guter Junge, noch ein bisschen weiter, komm, komm, da ist der Stein – und dann waren sie an ihm vorbeigeprescht. Er setzte sich im Sattel auf und brachte das erschöpfte Pferd zum Stehen, dann saß er schwungvoll ab und ging die wenigen Schritte zurück zum Grenzstein. Weiter unten auf dem Weg drängten sich die Ritter um ihren Hauptmann, der sich mit verschränkten Armen auf den Sattelknauf lehnte und finster dreinblickte.
    »Goran wird nicht erfreut sein, wenn er erfährt, dass seine Bluthunde versagt haben«, sagte Alderan, der sich aus dem Sattel beugte und die Zügel des Rotbraunen ergriff. Gair zupfte sich das Hemd vom verschwitzten Rücken.
    »Es waren vierzig, Alderan. Das sind eine Menge Leute, bloß um zwei Männer zu verhaften.«
    »Und ein Sucher.«
    »Der Hexenjäger?«
    »Zu den Zeiten der Inquisition nannte die Kirche sie die Wahrheitssucher. Viele von denen, die sich heute Hexenjäger nennen, sind bloß Schnüffler, die nichts Besseres zu tun haben, als ihre Nachbarn für einen Schilling auszuspionieren, aber einige sind wirklich begabt – wie dieser Knabe da unten.«
    Die Ritter auf der Straße formierten sich neu für die Rückkehr nach Dremen. Einige Ellen hinter ihnen saß der unscheinbare Sucher auf seinem Pony und schaute den Kamm hoch. Das Prickeln hinter Gairs Stirn war nun weniger aufdringlich, aber es war noch immer da und blieb sogar, als der Hexenjäger sein Pony wendete und hinter den abziehenden Rittern hertrottete.
    »Ich fühle ihn noch immer in meinem Kopf. Wie macht er das?«
    »Vielleicht besitzt er die Gabe, irgendwie zu spüren, wozu du fähig bist.« Alderan zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Und ich glaube nicht, dass wir ihn zum letzten Mal gesehen haben, es sei denn, Goran erweist uns einen großen Gefallen und stirbt an einem Gehirnschlag – bei allen Heiligen, fett genug ist er dafür.«
    Gair starrte den alten Mann an, erstaunt über dessen giftige Worte. »Wie bitte?«
    »Ich habe die eine oder andere Geschichte über den Ältesten Ignatio Goran gehört. Selbst wenn nur die Hälfte davon stimmt, ist er nicht berechtigt, den Purpur zu tragen. Komm, wir suchen uns einen Rastplatz.«
    » Er glaubt, dass das, was er tut, zu meinem Besten ist.«
    »Dann möge uns die Göttin vor Gläubigen wie ihm schützen! Will er etwa deine ewige Seele vor der Verdammnis retten, indem er deinen Körper mit Feuer reinigt? Glaubst du wirklich, dass die Göttin das will?« Alderan reichte Gair die Zügel seines Pferdes.
    »Ich bin in dem Glauben aufgezogen worden, dass es niemanden gibt, der nicht erlöst werden kann.«
    »Aber dieselben Leute, die dir das beigebracht haben, haben dich drei Monate lang in eine Zelle gesperrt und dir ein glühendes Eisen auf die Hand gedrückt.«
    Noch vieles andere war ihm im Namen der Wahrheit und der Erlösung angetan worden. Nicht alles war schmerzhaft gewesen. Einiges hatte ihn erniedrigt, entwürdigt und seinen Willen gebrochen. Alderan hatte recht. Es ergab wirklich keinen Sinn. Unvermittelt fühlte sich Gair erschöpft und so müde wie noch nie zuvor in seinem Leben. »Ich glaube, dass die Göttin vergibt«, sagte er schließlich, »im Gegensatz zur Kirche.«
    Nicht weit von dem Grenzstein entfernt fanden sie eine kleine Höhle in der windabgewandten Seite eines zerklüfteten Hügels, in deren Nähe sich ein Bach in den Fluss weiter unterhalb stürzte. Nachdem sie die Pferde getränkt hatten, nahmen sie die Sättel ab und polierten sie mit Gras, während die Tiere weideten.
    »Bist du noch immer sicher, dass du nicht nach Süden ziehen willst?«, fragte Alderan über den Rücken seines Pferdes hinweg. »Dafür ist es noch nicht zu spät.«
    »Ich bin mir sicher. Dort gibt es nichts für mich.«
    »Eines Tages könntest du eine Überraschung erleben.«
    »Vielleicht.« An diesem Tag war genug passiert; da musste er nicht auch noch in alten Wunden herumstochern. »Alderan, was habt Ihr in Euren Satteltaschen?«
    Der alte Mann richtete sich auf und warf das Grasbüschel fort. »Mausefallen«, sagte er.
    »Mausefallen?«
    »Hast du nicht gehört, dass die Taschendiebe heutzutage in den Städten großen Ärger machen? Man kann keiner Seele mehr vertrauen.«
    Das Abendessen bestand aus kaltem Schweinefleisch, das sie mit heißem süßen Tee herunterspülten. Danach holte Alderan eine Tonpfeife und einen Tabaksbeutel hervor, lehnte sich

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