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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elspeth Cooper
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den Hofpächtern, Vettern, die Gutsherren werden wollten, und dergleichen mehr. Einer mehr oder weniger machte da keinen Unterschied.«
    »Wir sind das, was wir aus uns machen, und nicht das, was andere aus uns machen«, sagte Aysha. »Woher wir kommen und wie wir geboren wurden – das alles ist bloß Biologie.«
    »Ich wünschte, es wäre so.«
    »Du klingst verbittert.«
    »Nur realistisch. Ich habe keinen Namen, Meisterin Aysha. Und ohne Namen habe ich nur den Platz, den die anderen mir zuweisen.«
    Sie sah ihn kurz mit ihren blauen Augen an und richtete dann den Blick an ihm vorbei auf die Stelle, wo die Brandung unablässig am Strand nagte. »Manche würden sagen, dass ein fehlender fester Platz im Leben es einfacher macht, dein eigener Herr zu sein, denn du bist niemandem gegenüber verantwortlich und kannst niemanden enttäuschen. Es gibt keine Erwartungen an dich außer denen, die du selbst hast. Darin liegt auch eine große Freiheit, oder bist du anderer Meinung?«
    »Vielleicht.« Der Seetang zerkrümelte zwischen Gairs Fingern. Er ließ die Stücke fallen und rieb sich die Reste von der Hand. »Ich wüsste nur gern, wohin ich gehöre.«
    »Du wirst deinen Platz finden«, sagte sie. »Gib dir etwas Zeit. Und wenn du keinen Platz findest, dann schaffst du dir selbst einen. So habe ich es gemacht, als ich vor fünfzehn Jahren hergekommen bin, und ich hatte einen noch schlechteren Namen als du.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Als Alderan mich gefunden hat, habe ich unter den Straßenkindern von Abu Nidar gelebt und gestohlen, um zu überleben. Sieh mich jetzt an. Ich gehöre zum inneren Rat eines vergessenen Ordens am Rande des Reiches, werde von meinesgleichen kaum beachtet und von den Schülern als Missgeburt angesehen. Sie nennen mich die Vogelfrau. Stell dir nur einmal die Höhen vor, zu denen du dich aufschwingen könntest!«
    Sie lehnte sich gegen den Felsen, schloss die Augen und seufzte. »Verzeih mir. Das hätte ich nicht sagen sollen.«
    Was sollte er darauf erwidern? »Seid Ihr unglücklich hier?«
    »Nein. Ich könnte an einem viel schlechteren Ort leben.« Sie hielt das Gesicht in die Sonne. »Es ist ein so schöner Nachmittag. Wir hätten ein Picknick mitnehmen sollen.«
    Gair starrte sie an. Das hier war eine eindeutig seltsame Unterrichtsstunde.
    »Pfefferschinken«, sagte sie versonnen. »Honighähnchen. Frisches Brot, das noch warm vom Ofen ist. Und diesen Ziegenkäse, den sie hier machen – der in Kräuter eingewickelt ist. Aprikosen.«
    »Meisterin Aysha?«
    »Oh, und einige von diesen Pasteten mit Ahornsirup, die der Bäcker im Hafen von Pensaca backt. Das sind kleine Stücke vom Himmel.«
    »Gehört das zum Unterricht?« Sein Magen knurrte, und er errötete, aber Aysha lachte nur.
    »Das hört sich so an, als müsste ein Sandtiger gefüttert werden. Wenn du ihn mitbringst, brauchen wir wohl zwei Körbe. Sag mir, was du gern isst, Leahner. Was würdest du zu einem Picknick am Strand mitnehmen?«
    Verwirrt fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. Er hatte keine Ahnung, wo er anfangen sollte. »Ich glaube, ich mag fast alles. Eure Liste klang sehr gut.« Doch er sollte ebenfalls etwas zu dem Bankett beitragen. »Erdbeeren vielleicht«, schlug er vor.
    »Oh, ich liebe Erdbeeren. Bevor ich hierhergekommen bin, hatte ich sie noch nie probiert, aber wenn sie mir bekannt gewesen wären, hätte ich die Wüste möglicherweise schon früher verlassen. Was sonst noch? Magst du Austern?«
    »Ich weiß nicht, ich habe noch nie welche gegessen.«
    »Dann solltest du sie versuchen. Am besten sind sie, wenn sie frisch vom Boot kommen, man etwas Zitrone über sie träufelt und sie am Stück aus der Schale schlürft.«
    Sie meinte doch nicht etwa … »Roh?«
    »Sie schmecken nach dem Meer.«
    »Salzig und voller Sand?«, fragte er, und sie lachte.
    »Glaube mir, sie sind köstlich. Mit einem trockenen Wein sind sie unglaublich gut.«
    »Das will ich Euch gern glauben, Meisterin Aysha, aber ich bevorzuge meine Nahrung in totem Zustand.«
    Sie schirmte die Augen mit den Händen ab und sah ihn an. »Ich wusste nicht, dass du so zartbesaitet bist.«
    »Warum?«
    »Du bist ein Gestaltwandler, genau wie ich. Sicherlich bist du doch schon einmal in einem anderen Körper auf die Jagd gegangen?«
    »Nein.«
    »Nie?«
    »Nie. Einmal habe ich einen Hasen gefangen, aber ich musste ihn wieder laufen lassen. Ich konnte einfach nicht … Ihr wisst schon. Ich konnte ihn nicht töten und dann verspeisen.« Er erzitterte

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