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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elspeth Cooper
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einem abkühlenden Schmiedeofen. In weniger als einer Stunde würde es vollkommen dunkel sein. Schon konnte Masen jenseits des rötlichen Lichtkreises der Fackeln kaum mehr etwas erkennen, aber daran war nichts zu ändern. Dass er nicht mehr in der Nacht würde sehen können, war der Preis für die Sicherheit, die die Flammen spendeten. Feuer war das Einzige, was die Pfeifer fürchteten.
    Masen hielt seine Angst im Zaum und ritt weiter, eine Meile, dann zwei, und schließlich wandte sich die Straße von Westen nach Osten; es war die fünfte Kurve von sieben, während sie sich den Pass hoch wand. In weiteren acht Meilen würde er sehen, wie sich die gewaltige Festung von Brindlingsfall in den Himmel erhob, schwärzer als die Nacht hinter ihr. Von dort aus waren es noch zwei Meilen bis zu ihren Toren, und dann endlich würde er sich entspannen können. Er würde über Roisins Stern hinunter nach Arennor reiten, sein Lager irgendwo in der Nähe der letzten Meilenburg an der Königsstraße aufschlagen und ein wenig schlafen. Er würde es brauchen. Der Pass zerrte an den Nerven eines jeden Mannes.
    Ein plötzlicher Windstoß traf ihn hart gegen die Brust. Die Fackeln flackerten, und ein Funkenregen ging auf seine Handschuhe nieder. Irgendwo hinter ihm ertönte ein dünnes Jammern – Wind zwischen den Felsen. Die Brindlingberge bestanden aus Sandstein, und der Regen und Wind von Jahrtausenden hatten fantastische Skulpturen aus den Felsen geschaffen, auf denen der Wind wie auf einer Flöte spielte. Masen trieb Brea zu einem sanften Galopp an.
    Das Jammern verschwand, kehrte zurück und wurde immer schriller. Es ist bloß der Wind . Die Fackeln würden noch ein paar Stunden halten, und dann würde er bei Brindlingsfall angekommen sein. Wenn es ihm gelang, diese Geschwindigkeit beizubehalten, brauchte er sich keine Sorgen zu machen.
    Eine weitere Meile flog unter den Hufen der Stute dahin. Der Wind flaute immer wieder ab, wurde stärker, hielt sich nicht an die Richtung, aus der er blasen sollte, änderte sie immer wieder, riss in der einen Minute so heftig an Masens Mantel, dass er beinahe erstickt wurde, und drückte ihn in der nächsten Minute von hinten voran. Brea legte widerwillig die Ohren an und rannte weiter.
    Noch eine Meile. Hinter dem rötlichen Licht der Fackeln war die Finsternis vollkommen. Eissplitter stachen in Masens Gesicht, und die Kälte biss sich durch seine Handschuhe und nagte an seinen Fingern.
    Nach einer weiteren Meile nahm die Dunkelheit eine andere Qualität an, als die Wände des Passes steiler und höher wurden. Sie wirkte nun mächtiger, bedrängender und so schwer wie die Sorge. Angst kitzelte Masens Magengrube. Sollten sich die Pfeifer zeigen, dann würde es bald geschehen.
    Unirdische Umrisse ragten zu beiden Seiten der Straße auf; Sandsteintürme mit Spitzen, die so scharf wie Schwertklingen waren, brachten den Wind zum Jammern, zwangen ihn um Narwalstoßzähne und Koboldkamine, bis er kreischte. Masen verlangsamte Brea, bis sie wieder in einen Trab fiel. Hier war der Pass am engsten; die Straße wand sich wie ein Band um die verkrümmten Felsfinger. Er musste vorsichtig sein, solange es noch möglich war.
    Ein Klagelied ertönte links von ihm. Ein anderes antwortete über ihm und wurde bald zu einem Kichern. Kalte Finger der Furcht fuhren an Masens Rückgrat entlang. Die Pfeifer waren in der Nähe. Weitere Laute erklangen hinter seinem Rücken; sie waren sogar durch das Klappern von Breas Hufen hindurch zu hören. Sie hatten etwas Spöttisches an sich, so wie Kinder auf dem Schulhof sangen. Über ihm brach Gelächter aus, verstummte sofort wieder, erschallte von Neuem auf der anderen Seite der Straße. Brea schnaubte, schüttelte den Kopf und wurde langsamer. Masen presste die Schenkel gegen ihre Rippen und hob die Fackeln so hoch wie möglich.
    Bleib bei uns .
    Ein blasser Umriss stieg wie eine Spirale aus der Nacht, blass wie Asche, bleich wie Gebein, zu groß für eine Schneeflocke.
    Warum rennst du weg?
    Tiefer und tiefer senkte er sich herab, trieb durch die Luft wie eine fallende Feder und flog zugleich auf Masen zu wie ein Stein aus einer Schleuder. Er schoss über seinen Kopf hinweg, und Masen duckte sich instinktiv.
    Lachen brandete um ihn herum auf. Hab keine Angst .
    Dann war die Stimme verschwunden und hinterließ nur die Erinnerung an eine Brise auf seiner Wange und den schwachen, kalten Geruch eines jahrhundertealten Grabes. Links von ihm blühte etwas anderes bleich auf,

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