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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elspeth Cooper
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ausgerechnet dieses Haus in dieser Straße erwischt hatte. Er hatte eine Entscheidung treffen müssen: entweder ein Pferd zu mieten und die nächste Stadt mit einem Agenten aufzusuchen, was einen Ritt von zwei Tagen bedeutet hätte, oder weiter in Richtung Süden nach Yelda zu reisen. Yelda schien die logische Wahl zu sein; die syfrische Hauptstadt war das Drehkreuz des Reiches, das Zentrum des Handels, und eine halbe Tagesreise westlich von ihr lag ein gewisses stilles und reiches Herrenhaus, das viel Arbeit für Diener und Tagelöhner bot, jedoch bei der Nachbarschaft keinerlei Aufmerksamkeit erregte. Wie seltsam aber war es, dass Junker Matterson, seine Familie und sein gesamter Haushalt beim Erntefest von einem tödlichen Fieber niedergestreckt worden war. Das ganze Dorf trauerte, wenn man dem Bürgermeister glauben durfte. Der Junker war wohlgelitten gewesen. Es war eine Schande.
    Ein weniger misstrauischer Mann als Masen hätte darin nur einen tragischen Zufall gesehen. Ein Agent war verschwunden, ein Haus war in Flammen aufgegangen, eine Krankheit war ausgebrochen. Das alles war sehr, sehr traurig, und es war genauso sehr ein Zufall, wie es einer war, wenn Regen fiel und der Boden daraufhin nass wurde. Hier und in Mesarild war gemordet worden, darauf würde er seinen gesamten Besitz verwetten. Vermutlich war es in Fleet ebenso, und er hatte das unangenehme Gefühl, dass er in Weißhaven eine ähnliche Geschichte hören würde.
    Nicht zum ersten Mal wünschte sich Masen, er hätte ein größeres Talent als Heiler. Die Arbeit eines Torwächters war einsam, und das gefiel ihm. Er musste nicht im Mittelpunkt des Agentengeflechts hocken wie eine Spinne in ihrem Netz, mit ausgestreckten Beinen, damit ihm nicht einmal die geringste Schwingung entging. Es hatte ihm gereicht zu wissen, dass es andere gab, an die er sich wenden konnte, wenn er sie brauchte, und dazu höchstenfalls ein mehrtägiger Ritt nötig war. Das waren keine großen Umstände; sein Hintern war an den Sattel gewöhnt. Jetzt wünschte er sich, er hätte sich nicht geweigert, einen Lehrling anzunehmen. Dann wäre er nicht gezwungen gewesen, diese Reise zu unternehmen, und der Orden wäre schon vor etlichen Wochen gewarnt worden.
    An den Docks im Norden von Weißhaven war es unheimlich still. Nur wenige Flusskähne lagen dort vor Anker, und mehr als die Hälfte von ihnen hatten gebrochene Masten und gesplitterte Wanten. Die Schauermänner waren damit beschäftigt, eine dicke Schlammschicht vom Kai zu schaufeln, und die Läden und Tavernen am Hafen waren bis zur halben Höhe der Fenster im Erdgeschoss von dunklen Flecken und Schlieren überzogen.
    Der Schiffer schob sein Halstuch von der Nase herunter. »Viel Glück bei der Suche nach einem neuen Schiff«, sagte er und hob das Ruder, damit es nicht mit einem halb untergegangenen Eichenstamm zusammenstieß. »Ich bezweifle, dass es noch ein hochseefähiges Schiff im Hafen gibt.«
    »Ich werde schon etwas finden«, seufzte Masen. »Verdammt, ich würde ein Floß bauen, wenn es sein müsste.«
    »Zumindest gibt es dafür hier genug Holz, auch wenn es noch etwas grün ist.« Der Schiffer kicherte und zog sich das Tuch wieder vor die Nase.
    Masen bezweifelte, dass es den Gestank – nach einer Mischung aus abgestandenem Teich und offenem Grab – wirksam fernhielt. Nach zwei Tagen hatte er den Geruch kaum mehr wahrgenommen, aber vermutlich würde er eine ganze Woche lang heiße Bäder nehmen und jeden Faden, den er am Leibe trug, verbrennen müssen, bevor er sich wieder sauber fühlte.
    Ein trübes Zwielicht senkte sich herab, als die Barke an einem fast verlassenen Kai im Viertel der Handschuhmacher anlegte. Masen zeigte sich großzügig, als er für die Passage bezahlte; der Schiffer hatte auf dieser Reise sicherlich kaum einen Gewinn gemacht. Dann schulterte er sein Gepäck und schritt über die nasse Planke zur Scharlachfeder .
    Brennende Fackeln zu beiden Seiten der Tür zeigten an, dass die Taverne trotz des zwei Fuß hohen Schmutzstreifens an der Fassade geöffnet hatte, aber die Tische im Innern waren fast alle unbesetzt.
    Der Wirt schaute kaum von einem alten Flugblatt auf der Theke hoch, als er Masens Schritte hörte. »Der Keller ist überflutet. Was du hinter mir siehst, ist alles, was ich habe.«
    »Branntwein bitte und ein Bett für die Nacht, falls du eins hast. Was ist hier passiert? Etwas spät im Jahr für einen Sturm, oder?«
    Der Wirt grunzte. »Wir hatten im letzten Monat kaum etwas

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