Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1
anderes als Sturm«, sagte er, während er eingoss. »Einen nach dem anderen, alle vom Meer her. Regen, Flut, hundert Quadratmeilen gutes Weideland sind jetzt Sumpf. Das südliche Syfrien wird in diesem Winter hungern müssen, sofern uns das Wasserfieber nicht alle schon vorher dahinrafft.«
Masen schob einen Schilling über die Theke, ein weiterer folgte dem ersten. »Gieß dir selbst auch einen ein, guter Mann, was immer deiner Kehle am besten gefällt. Ich hatte gehofft, hier ein Schiff zu finden, das mich weiter nach Westen bringt.«
»Dazu brauchst du viel Glück.« Der Wirt goss sich einen Branntwein ein und kippte ihn in einem Schluck herunter. »Die meisten Kauffahrer sind nach dem ersten Sturm in tiefere Gewässer aufgebrochen. Die anderen sind dann nicht mehr gegen die Flut angekommen. Wir befinden uns hier auf hoch gelegenem Gebiet und sind dem Schlimmsten entgangen, aber wie ich gehört habe, war die Flut noch achtzehn Meilen flussaufwärts zu spüren.«
Masen nippte an seinem Glas. Es war zwar kein Goldwein, aber durchaus trinkbar und so stark, dass es ihn trotz seiner nassen Kleidung von innen wärmte. »Ich habe Flutschäden sogar oben in Yelda gesehen«, sagte er und warf zwei weitere Schillinge auf die Theke. »Syfrien ist schwer getroffen worden.«
»Allerdings, aber es wird sich wieder erholen, wie es das immer tut. Man kann keine Stadt mit den Füßen im Wasser bauen und sich dann beschweren, wenn sie nass werden.«
Diesmal goss der Wirt mehr als großzügig ein. Er prostete Masen mit seinem Glas zu und trank es in zwei Zügen leer. »Das Zimmer ist nicht gerade großartig. Ich habe die meisten Räume an diejenigen vergeben, die ihre Häuser verloren haben. Es liegt unter dem Dach, aber es ist trocken.«
»Das ist für mich schon mehr als genug. Danke.«
»Ich werde mich darum kümmern, dass du etwas Warmes zu trinken bekommst.« Der Wirt warf sich das Geschirrtuch über die Schulter und verschwand im Hinterzimmer.
Masen starrte mit leerem Blick auf das Flugblatt. Keine Schiffe. Das war nicht gerade das, was er hatte hören wollen. Zuerst keine Agenten flussaufwärts und jetzt keine Schiffe. Die Straßen, die aus der Stadt hinausführten, waren sicherlich unpassierbar; entweder standen sie unter Wasser, oder sie waren so verschlammt, dass nicht einmal die tapfere Brea durch den Matsch hätte hindurchwaten können. Es war gut, dass er sie in einem Stall in Fleet gelassen hatte, auch wenn allein die Göttin wusste, wann er sie wieder würde abholen können.
Nein, per Schiff oder Boot, das war die einzige Möglichkeit, wie er seine Neuigkeiten nach Westen bringen konnte. Was der Wirt »hoch gelegenes Gebiet« nannte, befand sich höchstens fünfundzwanzig Fuß über dem Meeresspiegel. Die Stadt selbst war zwischen Kanälen errichtet, die die vielen Mündungen des Großen Flusses miteinander verbanden, und ein Großteil der Bevölkerung lebte davon, Passagiere von der einen Seite zur anderen zu rudern. Sicherlich würde er noch jemanden finden, der dieser Arbeit nachging und ihn morgen früh hinunter zu den Docks brachte. Dann musste er hoffen, dass es dort einen Fischer oder Küstenschiffer gab, der ihn nach Westen mitnahm. Masen steckte seine Börse, die sich mit beängstigender Geschwindigkeit leerte, wieder ein. Er betete, dass noch genug Gold übrig war, denn sonst musste er sich wirklich ein Floß zimmern.
17
»Das ist doch mal eine Waffe!« Haral hielt Gairs Langschwert in den offenen Handflächen, so dass alle versammelten Schüler es sehen konnten.
Es waren etwa zwanzig, und fast alle waren einige Jahre älter als Gair. Ihre weiße Kleidung war durch die Übungen arg mitgenommen, und sie stützten sich mit einer entspannten Wachsamkeit auf ihre Holzschwerter, die andeutete, dass sie sie jeden Augenblick wieder hochreißen konnten.
»Dreißig Zoll guten Yelda-Stahls, mit doppelter Klinge und zweihändigem Griff im Leahn-Stil. Eine feine Arbeit. Deutlich benutzt, aber auch gut gepflegt; dem Eigentümer gebührt Anerkennung dafür. Einige von euch werden denken, dass das doch nichts Besonderes ist, oder? Schließlich hat das Schwert keine Vergoldung und auch keine eingelassenen Juwelen. Auf dem Schlachtfeld stellen Juwelen aber bloß ein zusätzliches Gewicht dar, und dieses Schwert wurde nur für das Schlachtfeld geschmiedet.«
Haral packte es am Griff und schwang es gekonnt. »Gut austariert, vielleicht eine Spur zu schwer, aber das verleiht ihm besondere Kraft bei der Abwehr
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