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Die Lieferung - Roman

Die Lieferung - Roman

Titel: Die Lieferung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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sagte.
    »Nein, wir essen auf dem Rückweg kein Eis«, sagte Morten, ohne das Handy aus der Hand zu legen. Nina hörte, dass Anton seine Stimmlage ein paar Töne nach oben schraubte. Er war im Begriff, seinen großen Klagegesang anzustimmen. Dann klang seine Stimme so ähnlich wie ihre eigene, dachte sie.
    »O.k.«, sagte Morten dann wieder zu ihr, mit einem quengelnden Anton im Hintergrund. »Ich dachte, ihr wärt zurzeit nicht mehr so gut befreundet?«
    Er klang nicht mehr wütend, allenfalls noch ein bisschen müde.
    »Ich kenne sie seit 15 Jahren. Da kann man jemand doch nicht einfach hängen lassen.«

    Morten antwortete erst nicht. Sie hörte eine Tür ins Schloss fallen. Dann rauschte der Wind in Mortens Handy.
    »Ist o. k.«, meinte er. »Aber du hättest trotzdem anrufen und mir sagen können, dass ich Anton abholen muss. So musste wieder dieser Hilfspädagoge bei mir anrufen, als der Hort zumachte.«
    Nina zog unwillkürlich den Kopf ein. Also war doch sie an der Reihe gewesen, natürlich. Es wäre ihr lieber gewesen, Morten hätte sich aufgeregt. Jetzt war nur ein unrhythmisches Rascheln zu hören und Teile eines aufgeregten Gesprächs zwischen Morten und Anton. Als hätte Morten vollständig vergessen, dass sie da war.
    »Entschuldigung«, murmelte sie und presste sich das Handy fest ans Ohr. »Das habe ich vergessen.«
    »Ja, offensichtlich«, antwortete er, und seine Stimme klang kalt und müde. »Ich dachte eigentlich, du würdest das jetzt nicht mehr vergessen. Hast du eine Ahnung, wann du wiederkommst?«
    Nina schluckte. Der Junge hatte sich leicht gedreht, eine Hand geöffnet und umklammerte jetzt sanft ihren Arm. Seine Augen waren noch immer geschlossen.
    »Ich denke, dass ich hier gegen acht Uhr wegkomme«, antwortete sie und versuchte, ihre Stimme sorglos klingen zu lassen. »Es wird nicht so spät werden, das verspreche ich.«
    Wieder nur das statische Rauschen des Windes und eine Handy-Verbindung, die jederzeit zusammenbrechen konnte.
    »Komm einfach, wenn du so weit bist«, sagte Morten. Der Rest seines Satzes verschwand im Geräusch des Windes und in Antons eifrigem Argumentieren.
    »Oder lass es bleiben, das liegt ganz bei dir.«
    Mortens Stimme klang distanziert und finster. Dann war es mit einem Mal still.
    Nina atmete lautlos aus und ließ das Handy in ihre Tasche
gleiten. Sie stand auf. Ihr Herz schlug heftig, aber die Bewegung tat ihr gut, sie löste die Unruhe und die Beklemmung, die sie in der Brust gespürt hatte, verteilte sie in Arme und Beine und damit im ganzen Raum.
    Dann holte sie das Handy noch einmal heraus und wählte eine Nummer, während sie im Zimmer auf und ab ging. Die Nummer stand unter dem Eintrag »Peter«. Viel mehr als seinen Namen und dass er irgendwo in Vanløse wohnte, wusste sie nicht über ihn. Er war der Einzige, von dem sie eine Nummer hatte. Normalerweise nahmen diese Personen nämlich mit Nina Kontakt auf und nicht umgekehrt. Die Menschen, denen das Netzwerk half, konnten ja nicht einfach bei einem praktischen Arzt oder in der Ambulanz auftauchen, wenn sie krank wurden. Stattdessen rief man Nina oder Allan an. So hatte sich das jedenfalls entwickelt. Vielleicht sollte sie Magnus fragen, wenn Allan es mit seinem Ausstieg wirklich ernst meinte. Aber Magnus verfügte leider über keine derart diskret gelegene Arztpraxis.
    »Hallo, hier ist Peter«, meldete sich eine freundliche Stimme, und Nina wollte schon anfangen zu reden, als die Stimme unbeeindruckt fortfuhr: »Ich bin vom 15. bis zum 29. August in den Ferien, Sie müssen also ohne mich auskommen!«
    Verdammte Scheiße. Nina lehnte sich an die Wand und schloss die Augen. So etwas hatte sie noch nie probiert. Nicht mit einem Kind, das vollkommen allein war. Das Netzwerk hatte häufig Familien oder Erwachsenen geholfen, aber die waren, soweit sie wusste, immer in der Lage gewesen, allein zurechtzukommen, wenn die Kontaktperson sie irgendwo in einer Kellerwohnung oder in einem Sommerhaus untergebracht oder ihnen nach Schweden weitergeholfen hatte. Das war nicht sonderlich kompliziert. Aber gab es da draußen einen Menschen, der bereit war, sich um einen dreijährigen Jungen zu kümmern? Und wenn ja, wie sollte sie ihn finden?

    Nina öffnete die Augen und musterte den Jungen. Er konnte von überallher stammen, dachte sie. Aus jedem Land in Nord-oder Osteuropa. Dänemark, Schweden, Polen, Deutschland. Sie fuhr sich mit den Fingern durch die kurzen dunklen Haare, die sich in der warmen Luft feucht und klebrig

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