Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lilie von Florenz

Die Lilie von Florenz

Titel: Die Lilie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Gordon
Vom Netzwerk:
Landschaftsmaler verlassen, und dann ist ihm die Verlobte gestorben, wenige Wochen vor der Hochzeit …“
    Matteo hörte das Getuschel schon gar nicht mehr. Er hatte sich daran gewöhnt. Die Worte, die andere hinter seinem Rücken wisperten, schwemmten über ihn hinweg, ohne ihn zu berühren.
    Anderes wog da schwerer.
    Er betrat seine Loge und setzte sich auf den einzigen Stuhl, der hier stand. Früher war er in seiner Loge nie allein gewesen. Früher, wenn er nach Rom kam, hatte er immer seine Mätresse an seiner Seite. Freunde waren ein und aus gegangen, und über die anregenden Gespräche hatte er manches Mal die Opernaufführungen vergessen. Manchmal hatte die Principessa ihn in der Loge besucht und ein wenig mit ihm geplaudert.
    Doch die Principessa war dieses Jahr in Florenz geblieben. Es ging das Gerücht, sie sei schwer erkrankt und werde den Winter nicht überstehen.
    So wie Allegra, dachte Matteo. Und wieder spürte er, wie sich ein Kloß in seinem Hals ballte, wie seine Hände zitterten. Verdammt! Konnte er nicht endlich vergessen, dass er sie verloren hatte? Konnte er nicht endlich wieder beginnen zu leben?
    Aber das Vergessen war ihm nicht vergönnt. Wie denn auch? Wenn er Vergessen suchte, hätte er nicht herkommen dürfen. Denn heute Abend würde Luigi Pirandelli sein Debüt geben. Allegras Bruder.
    â€žSignore! Wie schön, dass Ihr auch wieder in Rom seid!“ Die Marchesa di Parma lehnte sich über die Brüstung zu seiner Loge herüber. „Kennt Ihr schon meine Tochter Mirabelle? Natürlich kennt Ihr sie nicht.“
    Hinter der Marchesa knickste verlegen ein rotwangiges Mädchen mit dunkelbraunen Korkenzieherlocken, das kaum älter als siebzehn war.
    Matteo erhob sich von seinem Stuhl. Er machte ein wenig höfliche Konversation, doch sein Blick ging derweil immer wieder durch den hohen Saal, in dem sich aufgeregt summend die Zuschauer versammelten. Man begrüßte sich, lachte unnatürlich laut oder steckte die Köpfe zusammen, um über andere Anwesende herzuziehen. Es war das ewige Spiel von Sehen und Gesehen werden.
    Sein Blick schweifte umher, während er Plattitüden mit der Marchesa und ihrer unscheinbaren Tochter austauschte, die jedes Mal errötete, wenn er das Wort an sie richtete. „Seht nur, der junge Kastrat, der heute sein Debüt gibt, hat seinen Lustknaben mitgebracht.“
    Der spitze Finger der Marchesa stakte hinab in die zweite Reihe. Matteos Atem stockte.
    â€žDenkt Euch nur, Conte del Pirandelli, er hat diesen Knaben schamlos im Palazzo seines Maestros einquartiert, und man sagt, sie verbringen Tag und Nacht miteinander.“
    Er schluckte.
    Das ist unmöglich, dachte er. Meine Sinne spielen mir einen Streich. Das kann nicht sein, sie ist tot …
    Er sollte endlich begreifen, dass sie tot war. Luigi Bandinelli hatte es ihm mitgeteilt, und Matteo hatte keinen Grund, die Worte des jungen Manns anzuzweifeln. Alles hatte er der Familie Bandinelli angeboten. Ja, er hätte auf Allegra verzichtet, wenn sie das glücklich gemacht hätte. Doch ihr Körper hatte eine so völlig andere Sprache gesprochen, und er hatte ihre Liebe gespürt, in jeder Geste, in jedem Wort, das sie an ihn richtete. Selbst an jenem Tag, als sie ihn fortschickte, hatte er die Trauer in ihren sturmgrauen Augen gesehen.
    Vermutlich hatte sie ihm damit das Leben gerettet. Denn das Fieber, das ihren Vater tötete, war ansteckend und hatte auch ihr den Lebenshauch genommen. Wenn er geblieben wäre – und er wäre nicht von ihrer Seite gewichen! –, dann hätte es auch ihn treffen können … Bewies das nicht, dass sie ihn über den Tod hinaus geliebt hatte?
    Er schluckte hart. Tränen brannten in seinen Augen, und er wandte sich peinlich berührt ab.
    â€žIhr besucht uns doch zur Soiree?“, flötete die Marchesa, die von seiner Unruhe nichts bemerkte.
    â€žNatürlich“, brachte er mühsam hervor.
    Zum Glück wurden jetzt nach und nach die meisten Kerzen im Saal gelöscht, die Saaldiener schlossen die Türen zu den Logen und zum Innenraum.
    Matteo rückte den Stuhl vor und legte die Arme auf der Brüstung ab. Die Oper interessierte ihn nicht mehr. Für ihn gab es nur noch die schlanke Gestalt in der zweiten Reihe.
    Dieser Knabe war Allegra ähnlich, soweit er das auf die Entfernung erkennen konnte.
    Wie war das möglich?
    Doch dann betrat Luigi

Weitere Kostenlose Bücher