Die Lilie von Florenz
ihn wartete, beugte er sich noch einmal zu Allegra herüber.
âIch bin gewohnt, zu bekommen, was ich will.â Heià war sein Atem an ihrem Ohr. Allegra erschauerte. âUnd ich will Euch. Sobald ich in Florenz bin, werde ich die Hochzeit vorbereiten lassen. Ihr hört von mir, Signora. Ich lasse nach Euch schicken.â
Ein letzter Blick, dann sprang er in die Kutsche. Ein Peitschenknall durchschnitt die Luft, bei dem Allegra zusammenzuckte. Livrierte Pagen sprangen auf das Trittbrett hinter der Kutsche, die schon bald in einer Staubwolke am Ende der Allee verschwand.
Abrupt wandte Allegra sich ab.
Wie sollte sie diesen Mann heiraten? Luigi hatte recht â er würde sie unglücklich machen. Doch auf eine andere Art als Luigi es ursprünglich befürchtete. Sie hatte keine Angst vor ihm, wenn sie nur nicht ihr Herz so heftig schlagen fühlte beim Gedanken an den Conte.
Kein Zweifel: sie hatte sich in ihn verliebt.
Aber wie sollte sie mit einem Mann glücklich werden, den sie so ganz und gar für sich haben wollte und der zugleich an seinen Liebschaften festhielt?
Sie musste mit Vater sprechen, sofort.
Giancarlo Bandinelli hatte sich heute Früh entschuldigen lassen â es ginge ihm nicht gut. Allegra hatte sich allein von all den Gästen verabschiedet, denn auch Luigi war spurlos verschwunden.
Es war ein SpieÃrutenlauf gewesen. Die mitleidigen Blicke und abfälligen Bemerkungen der anderen hatte sie noch tapfer ertragen, doch die Worte des Conte waren es, die Allegra bewusst machten, dass sie handeln musste.
Sie war kein Weib, das sich willig ins Unglück führen lieÃ. Hatte sie nicht ein Recht darauf, glücklich zu werden? Andererseits wünschte sie sich nichts sehnlicher, als bei ihm zu sein. Allegra hielt auf dem Weg nach oben auf dem Treppenabsatz inne. Sie schloss die Augen und atmete tief durch.
Heute Nacht hatte sie von ihm geträumt. Matteo ⦠Im Traum hatte er vor ihr gestanden, lediglich mit einer Kniebundhose bekleidet. Die muskulöse Brust war nackt, und sie selbst hatte auf einem breiten Bett gelegen. Sie hatte nichts weiter getragen auÃer einem Unterkleid, und als er sich in diesem Traum auf sie zubewegt hatte ⦠als er am FuÃende der Matratze kniete und seine Hände sich um ihre Knöchel schlossen ⦠als er sanft ihre Beine auseinanderschob und seine Hände liebkosend bis zu ihren Knien hinaufglitten ⦠weiter hinauf, bis sie sich in Allegras Schenkel krallten â¦
Allegra seufzte und lehnte sich an die Brüstung der Treppe. Der Traum hatte sich so echt angefühlt ⦠leider war sie ausgerechnet in dem Moment, als sich Matteos Hand zwischen ihre Schenkel schob, aufgewacht. SchweiÃgebadet und mit rasendem Herzen hatte sie wach gelegen. Aber der Traum war so real gewesen â¦
Nun, es war nur ein Traum.
Aber wenn sie sich vorstellte, dass dieser Mann, nach dem sie sich geradezu schmerzlich sehnte, zur selben Zeit mit einer anderen Frau das Lager geteilt hatte, wurde ihr übel. Nein, sie konnte nicht in einer Ehe zu dritt leben.
Lieber sollte ihr Vater die Verlobung lösen, als dass er sie mit diesem Mann verheiratete!
Auf Zehenspitzen betrat sie das Schlafzimmer ihres Vaters.
Giancarlo Bandinelli saà in einem Lehnstuhl direkt am Fenster. Als Allegra eintrat, wandte er den Kopf.
âEs tut mir leidâ, sagte er leise.
Er schien in der vergangenen Nacht um Jahre gealtert. Allegra eilte zu ihm und kniete neben ihm nieder.
âVater, was ist passiert?â
âIch habe einen schrecklichen Fehler gemacht, Allegraâ, flüsterte er. Tränen rannen über die pergamenttrockenen Wangen und tropften auf sein feines, zerknittertes Hemd. Er hatte sich seit dem Vorabend nicht umgezogen, trug noch immer den feinen dunkelblauen Rock und die helle Hose. âWie konnte ich dir das nur antun?â
Allegra griff nach den Händen ihres Vaters. Sie fühlte, wie sehr er zitterte, als wäre ihm kalt. Dabei herrschte in seinem Zimmer eine stickige Wärme.
âWie konntest du mir was antun?â, fragte sie. Doch sie kannte die Antwort, und plötzlich war ihr, als schnürte ein eisernes Band ihr die Luft ab.
âIch habe dich ihm verkauft.â Seine Stimme war kaum mehr als ein Hauch, und Allegra musste sich ganz nah zu ihm herüberbeugen, um seine Worte zu verstehen. âLetzte Nacht hat der Conte sein wahres Gesicht gezeigt. Er bringt nicht nur seine
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