Die Lilie von Florenz
Mätresse hierher, in das Haus, das dein Heim ist ⦠Er entweiht auch die feierliche Verlobung mit meiner einzigen Tochter, indem er lautstark sein brünftiges Liebesspiel mit dieser ⦠dieser â¦â Ihm versagte die Stimme. âUnd ich konnte nichts dagegen tun ⦠Kannst du mir verzeihen?â
Sie schüttelte den Kopf. âEs gibt nichts, das ich dir verzeihen müsste.â
Das Lachen ihres Vaters war ein trockenes Bellen. Er hob die Hand und strich über Allegras Wange. Sie hielt seine Hand fest, neigte ihm den Kopf zu und schloss die Augen.
âVater, es ist nicht deine Schuldâ, flüsterte sie.
âEr hat uns allen schreckliches Unrecht angetan.â Die zitternde Hand ihres Vaters löste sich von ihr und ballte sich zur Faust. Er hieb kraftlos auf die Lehne des Stuhls. âIch werde nicht zulassen, dass er dich unglücklich macht.â
Aber wie? Allegra sprach es nicht aus. Doch beiden war bewusst, dass es unmöglich war, jetzt noch einen Rückzieher zu machen. Und wenn sie über die Worte ihres Vaters nachdachte â was hatte es zu bedeuten, dass er sie verkauft hatte?
Doch Allegra traute sich nicht, ihm diese Frage zu stellen.
âEr möchte dich heiraten. So schnell wie möglich. Diesen Herbstâ, fügte er hinzu. Ihr Vater atmete tief durch. âHeute früh sprach er bei mir vor. Er wird gut für dich sorgen, du wirst nie in Armut leben, und ebenso gut wird es auch Luigi ergehen. Man könnte meinen, ich habe für meine Kinder gesorgt und ihnen eine Zukunft geschenkt â¦â Er verstummte erneut. Schwer ging sein Atem, und sein Gesicht verzog sich vor Schmerz.
âAber was er dir gestern Abend angetan hat ⦠Noch dazu vor all den Gästen! Nein, ich kann es nicht tun. Ich kann mein Mädchen doch nicht in die Hände eines ⦠eines â¦â
Allegra wartete geduldig. Als ihr Vater nicht weitersprach, fragte sie behutsam: âWas hast du ihm gesagt?â
âIch habe ihm natürlich gesagt, was für ein Kretin er ist, sich so zu verhalten! Aber er hatte dafür nur ein spöttisches Lachen. Und nun drängt er auf eine schnelle EheschlieÃung. Er will sich nicht hinhalten lassen. Am liebsten hätte er dich sofort mitgenommen nach Florenz.â
âAber das geht nicht!â, rief Allegra. Zugleich schlug ihr das Herz bis zum Hals. Wie gerne würde sie mit Matteo gehen, sofort, jederzeit, bis ans Ende der Welt! Wenn das die Liebe war, die so viel besungen und in Romanen beschworen wurde, dann ⦠ja, was dann? Dann war sie verloren. Wie sollte sie einen Mann lieben, dem die Frauen jenseits des heiligen Ehebands so viel mehr wert waren?
âIch weiÃ, ich weiÃ.â Seine Hand strich beruhigend über Allegras langes Haar. âWüsste ich nur, wie ich dich vor ihm schützen kann, wenigstens ein paar Monate, bis diese leidige Episode mit der Contessa della Visconti vorbei ist. Denn früher oder später wird er sie verstoÃen, wie er es mit all den anderen Frauen vor ihr getan hat â¦â
Allegra schwieg. Sie hatte geglaubt, ihr Vater würde vor ihrem Kummer die Augen verschlieÃen, aber nun versicherte er ihr, dass er sie nicht in diese Ehe geben wollte â nicht gegen ihren Willen.
Sie sehnte sich nach Matteo. Matteo ⦠Sie wäre bereits gestern beinahe schwach geworden. War es denn falsch, sich ihm erst nach der Hochzeit hinzugeben? Hatte sie ihm etwas verweigert, das sein gutes Recht war? Was hieà das überhaupt â sich hingeben? Schmerzlich wurde ihr bewusst, wie wenig sie davon wusste, was wirklich geschah zwischen Mann und Frau.
âIch hab eine Idee.â
Allegra fuhr herum. Luigi stand an der Tür. Er trat in das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
âEs gibt eine Möglichkeit, wie du dem Conte nahe sein und dich davon überzeugen kannst, wie er sich zu deinen Gunsten ändert. Wenn er sich ändert. Und zugleich kann er dir nicht zu nah kommen.â
âWie soll das möglich sein?â
Luigi zögerte. âEs ist nicht ungefährlich.â
âDas ist mir egalâ, sagte sie. âIch bin bereit, dieses Risiko einzugehen.â
âAlso gut. Du kommst mit mir nach Florenz. Und lebst bei mir.â
âAber du lebst im Konservatorium! Frauen werden dort nicht geduldetâ, widersprach Allegra.
âIch habe gesagt, es ist nicht so einfachâ, sagte Luigi geduldig.
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