Die Lilie von Florenz
für Allegra die Tür. Sie betrat den Salon der Principessa.
Die Tür knallte hinter ihr ins Schloss. Allegra zuckte zusammen.
âDa bist du ja.â
Eine alte Dame stand am Fenster. Sie drehte sich zu Allegra um, kam auf sie zu. Beide Hände streckte die Principessa ihr entgegen. Verwirrt ergriff Allegra die Hände. Einen Moment wäre sie beinahe in einen tiefen Hofknicks gesunken, ehe sie sich besann, wer sie war.
âPrincipessa, Eure Einladung ehrt mich.â Allegra räusperte sich. Ihre Stimme klang so hoch! Aber Luigi hatte ihr versichert, daran könne man sie nicht erkennen. Dennoch, der prüfende Blick der Principessa, mit dem Allegra von oben bis unten gemustert wurde, lieà ihre weichen Knie beinahe einknicken.
Erst Matteo und nun dies!
âWirst du für mich singen, Alessandro?â, fragte die Principessa sanft.
âOh, ich â¦â Die Principessa lieà Allegras Hände los. âIch würde so gerne, aber ich habe mir auf der Reise eine hartnäckige Erkältung zugezogen. Ich darf nicht singen, der Maestro hat es mir verboten.â
âAch, das ist aber schade!â Die Principessa wirkte ehrlich enttäuscht. âUnd ich hatte mich so gefreut!â
Verlegen räusperte Allegra sich und legte schützend eine Hand an ihren Hals, den sie für diese Scharade mit einem Seidentuch umwickelt hatte.
âNun, wenn du nicht singen kannst und mich geradezu enttäuschen willst â¦â Sie seufzte. Allegra beeilte sich, ihr zu versichern, dass es nicht ihre Absicht sei, die Principessa zu enttäuschen. Sie könne gerne zu einem anderen Zeitpunkt â¦
âLassen wir das.â
Mit einer knappen Handbewegung schnitt die Principessa ihr das Wort ab. Sie trat zu Allegra. Erneut fühlte sie, wie der Blick der Principessa sie prüfend maÃ.
âEs würde mich nur allzu sehr interessieren â¦â, hörte sie die Principessa murmeln.
âWas?â, fragte Allegra vorsichtig.
Die Principessa war wirklich schön. Auch im hohen Alter, das sie inzwischen erreicht hatte, hielt sie sich gerade. Nur die Altersflecke auf ihren Handrücken, die durch den Puder schimmerten, verrieten ihr wahres Alter.
âNun, da du schon einmal hier bist ⦠und da du nicht gewillt bist, mir vorzusingen, hätte ich eine andere Idee, wie du mir gefallen könntest.â Sie lächelte. âZeige dich mir nackt.â
âAber â¦â Sofort legte Allegra die Hände schützend vor ihre Brüste.
âAch, was du auch gleich wieder von mir denkst!â Die Principessa lachte herzlich. âNein, du sollst dich natürlich nicht gänzlich vor mir entblöÃen. Nur das Hemd da. Ich kann einer muskulösen männlichen Brust einfach nicht wiederstehenâ, seufzte sie. âDu musst wissen, ich bin Künstlerin durch und durch, ich könnte ein Modell durchaus gebrauchen, für mich und meine stümperhaften Versuche als Malerin â¦â
âDas geht nichtâ, stotterte Allegra. âVerlangt von mir, was Ihr wollt, aber bitte nicht das!â
Die Principessa antwortete nicht. Sie betrachtete Allegra nachdenklich.
Oh, was sollte sie nur tun? Wenn sie das weite Hemd und das Justaucorps auszog, warâs vorbei mit ihrem Versteckspiel. Und die Principessa würde Allegras Geheimnis bestimmt nicht lange für sich behalten ⦠Allegra schluckte krampfhaft, doch sie hatte das Gefühl, einen Ballen kratziges Leinen in der Kehle stecken zu haben. Es war unmöglich, sich einem zweiten Wunsch der Principessa zu widersetzen, oder?
Nun, wenn sie sich erneut weigerte, wer wusste, ob die Principessa nicht ihre Wachen rufen lieÃ, um sich das zu nehmen, was sie wollte?
Das Billet fiel aus ihrer zitternden Hand. Sie griff nach dem Kragen ihres Hemds, nahm den Schal ab, löste die Schleife. Dabei lieà sie den Blick nicht von der Principessa. Langsam nur entkleidete sie sich. Zunächst legte sie das Justaucorps ab, dann die Weste. Das war einfach, und es brachte sie auch nicht in groÃe Verlegenheit.
Die Principessa hatte sich derweil auf ein Sofa gesetzt. Sie schlug ihren Fächer auf, fächelte sich mit heftigen Bewegungen Luft zu. Ihr Blick lieà nicht von Allegra, während diese sich mit dem Ausschnitt ihres feinen Hemds mühte.
Allegra holte tief Luft. Das lieà ihre Brüste schmerzen, die sie an diesem Morgen besonders fest eingeschnürt
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