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Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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auf. Deutsche Kirchenlieder, gesungen von einem Schwarzafrikaner. Elijah sah zu Jan, der lauthals mitsang, als ob es um sein Leben ginge. Und das war ja nicht ganz falsch. Seit sechs Stunden waren sie im innersten Kreis dieser Sekte. Seit sechs Stunden waren sie in der Falle. Noch immer brummte beiden der Schädel, alle Muskeln schmerzten von dem Elektroschockangriff. Aber sie lebten. Das war noch vor wenigen Stunden keinesfalls sicher. Sie hatten es Jans Exfrau zu verdanken, dass sich die enttäuschten Menschen gegen sie gewandt hatten und in ihrer Lynchstimmung kaum zu bremsen waren. Erst nachdem zwei der Sicherheitsleute sie, wie sie lächelnd sagten, »fixiert« und von dem Mob entfernt hatten, schienen sie in Sicherheit zu sein. Dann betäubte man sie mit Elektroschocks und sie waren in einem kleinen schmucklosen Raum auf zwei alten Holzbetten, jeweils links und rechts an der Wand, aufgewacht. Zwischen ihnen, an der Kopfseite, befand sich ein Fenster. Es war von innen und außen massiv vergittert.
    Jan sah hinaus. Draußen wehte der Schnee im Licht einer gelben Laterne. Kein Mensch war zu sehen. Für einen Moment tauchte in seinem noch immer leicht betäubten Kopf ein absurder Gedanke auf. Bald war Weihnachten. Und es lag Schnee. Das war in Deutschland immer ein wichtiges Thema. Aber jetzt dachte niemand daran. Er sehnte sich nach Regina. Wie es ihr wohl erging?
    Es roch sehr streng nach Haushaltsreinigern und Chlor. Von fern hörten sie irgendwo im Gebäude Menschen singen. Elijah hatte sich als Erster stöhnend von seinem Bett erhoben und war zur Tür gewankt. Sie war verschlossen. Er schlug wütend dagegen. Nichts rührte sich. Jan hörte dem Klang des Schlagesnach. Er war fürchterlich müde. Elijah warf sich zurück auf das Bett.
    »Sie haben mir meine Zigaretten weggenommen. Das ist das eigentliche Problem aller Eiferer. Rauchen ist bei denen immer ein Ausdruck von Dekadenz und wird als Erstes auf die Verbannungsliste gesetzt. Danach kommt meistens Sex.« Elijah spuckte auf den Boden. »Eine tolle Exfrau hast du da. Sie muss dich wirklich hassen.«
    Jan winkte müde ab. »Du weißt es doch. Sie gibt mir die Schuld am Tod unseres Sohnes. Aber so habe ich sie noch nie erlebt. Sie war immer kontrolliert und besonnen. Ja, der Tod unseres Sohnes damals hat sie aus der Bahn geworfen, aber so verändert sich doch kein Mensch.«
    Elijah lächelte bitter und wischte sich mit den Händen über das Gesicht. Sie mussten irgendwie hier rauskommen. Der Israeli suchte den Raum systematisch nach einer Lücke ab. Der Raum war offensichtlich nicht als Gefängniszelle gedacht. Er ähnelte eher einem Meditationsraum. Die Decke schien abgehängt worden zu sein. Elijah hustete. Seine Kehle war trocken, und seine Bauchmuskeln fühlten sich immer noch angespannt an. Ihm war übel.
    »Ich muss dir doch nicht erklären, wozu Frauen in der Lage sind, wenn sie ihr Kind verlieren«, sagte Jan.
    »Sie hätte uns draufgehen lassen, wenn die Typen uns nicht ins Koma geschockt hätten. Komm, hilf mir mal.«
    Jan sah ihn irritiert an. »Was willst du?«
    Elijah legte einen Finger auf den Mund und machte dann damit eine drehende Bewegung. Nach einem Moment der Begriffsstutzigkeit verstand Jan. Sie wurden abgehört. Elijah redete laut weiter. Er ließ sich über die Dummheit der Frauen aus, während Jan ihm half, an der Wand hoch zur Decke zu gelangen. Jan rief geistesgegenwärtig laut, dass Elijah jetzt schlafen solle, er würde seine Kraft noch brauchen. Wenn sie wirklich abgehört wurden, so würde dies die Stille erklären. Tatsächlich bestand die Zwischendecke aus drei Rigipsplatten, die einen Kabelboden verdeckten. Ehe Jan sich’s versah, hatte sich der Israelihochgezogen und verschwand in der vielleicht einen halben Meter hohen Zwischendecke.
    Vorsichtig zog Elijah die Platte zurück und kroch im Wirrwarr der Kabel und einer großen Schicht Staub vorwärts. Die Platten hielten ihn, das merkte er gleich, und nicht alle waren sauber verlegt worden, so dass er durch die Ritzen auf die Nachbarräume sehen konnte. Im Nebenraum saßen zwei Männer mit Kopfhörern, zweifellos hatten sie ihr Gespräch mit Wanzen belauscht. Klassische Musik erklang aus Lautsprechern, und sie wurde lauter, je weiter er kroch. Vor ihm versperrte ein großes Knäuel Kabel den Weg. Er sah nach unten. Im nächsten Zimmer waren Monitore aufgebaut, sie schienen die gesamte Umgebung mit Nachtbildkameras abzubilden. Dahinter saßen wieder Männer mit Kopfhörern.

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