Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
flüsterte nur: »Möge Gott ihm beistehen. Ich konnte es nicht.« Er machte eine Pause. »Wo wollt ihr jetzt hingehen?«
Jan zuckte mit den Schultern. Still tranken sie einen Tee. Hier waren sie erst einmal sicher, die Soldaten würden die Flüchtlinge in Ruhe lassen. Zwei Stunden später hatte Elijah seinen Rucksack aus dem weiter unten stehenden Autowrack herausgeholt und war mit dem Satellitentelefon am Ohr zum Wohnwagen zurückgekehrt.
»Was? Ich versteh dich nicht. Was ist euch passiert?« Er sah entgeistert zu Jan. »Almut? Um 12 Uhr? Aber wo? In München?«
Rohrbrunn, Österreich, 21. 12., 22.05 Uhr
Sie hatte bereits auf die beiden gewartet und stand in einem grauen Wintermantel, Wanderschuhen und einer feuerroten Strickmütze auf dem Trottoir vor ihrer Wohnung. Aus den Kanaldeckeln vor ihr strömte heißer Abwasserdampf. Es war klirrend kalt, als Faruk aus dem Wagen stieg und lächelnd auf Dr. Maria Setner zuging. Er gab ihr die Hand und wollte ihr den kleinen Koffer tragen. Sie wehrte ab.
»Ich weiß diese Unterlagen gern in meiner Nähe, bemühen Sie sich nicht. Vielen Dank.«
Faruk öffnete unbeeindruckt davon die Tür, und die kleine Person setzte sich mit großer Selbstverständlichkeit auf die rechte Seite des Fonds. Und natürlich bekam Regina kein Lächeln geschenkt. Setner verteilte ihre Gunst sehr einseitig an den Syrer.
Faruk hatte nach den heimlichen Drohungen der Russen noch einmal mit ihr sprechen wollen und war zu ihr gefahren. Ihre Wohnung war gut bestückt mit Büchern und Bildern. Selbst in der Küche stapelten sich großflächige Bildbände auf der Herdplatte. Faruk wollte mehr über das verschollene Bild des Künstlers wissen. Sie hatte minutenlang in ihren Unterlagen gekramt, ehe sie einen vergilbten Ordner aus einem Stapel zog.
»Da sind sie. Meine Aufzeichnungen für ›Das fließende Licht der Gottheit‹, von Mechthild von Magdeburg.«
Faruk verstand nicht. »Wer ist das?«
Setner sah ihn mitleidig an. »Natürlich, einem Orientalen wird dieser Name nichts sagen, und ich fürchte, auch Ihrer Freundin nicht. Sie war eine Mystikerin, lebte Anfang des 13. Jahrhunderts und verfasste zu ihren Lebzeiten ein sieben Bücher umfassendes Werk. Das letzte Buch ist verschollen. Darin soll sie die andere Seite geschildert haben, das Jenseits. Denn sie will es zu Lebzeiten kennengelernt haben. Ihr Werk ist hocherotisch, erzählt aber auch detailreich von Teufeln und Dämonen. Bosch scheint sich auf dieses Werk berufen zu haben. Der Legende nach befinden sich Buch und Werk immer zusammen, was bei zwei so kultisch aufgeladenen Gegenständen unwahrscheinlich ist. Aber nur die Kombination aus Wort und Bild soll Einblick in die nächste Welt geben.«
»Und was glauben Sie?«
Setner setzte sich auf die Kante eines Stuhls, der ebenfalls mit Büchern besetzt war. »Vielleicht ist es nicht schlau, dass ich Ihnen vertraue. Aber mir bleibt in diesem Kampf nichts anderes übrig, als Ihnen sozusagen einen Vorschuss an Vertrauen zu geben.« Sie machte eine Pause, ehe sie fortfuhr. »Seit Jahrzehnten suche ich das Werk, und nie war ich dabei allein. Immer schon wurde von sehr klugen, aufgeklärten Menschen danach gesucht. So ganz abwegig kann es nicht sein. Und es ist ja auch verlockend. Sie können ein Leben lang sündig und falsch leben, erkennen Sie aber das Bild und ändern sich sofort, selbst in der letzten Minute, ist Ihnen ewiges Glück sicher. So jedenfalls lautet die Legende.«
Faruk lächelte. In der Tat, das wäre ein hübscher Freibrief. »Eine interessante Form des Ablasses, den Ihre Kirche ja einst gern erteilte.«
»Nicht meine Kirche, die katholische Kirche.«
Er nickte verständig. Sie sinnierte, um dann leise zu sagen: »Wo immer ich nach dem Bild suchte, tauchten Männer dieses reichen deutschen Industriellen auf. Für ihn war kein Hinweis absurd oder skurril genug. Er verfolgte wirklich jede Spur. Er bot mir viel Geld für den Fall, dass ich es wiederfinde. Aber als ich schon zusagen wollte, warnte mich Ezechiel, dem ich davon erzählt hatte. Der Mann sei gefährlich und der Sünde anheimgefallen. Ich solle mich in Acht nehmen. Dann reiste er zurück in sein Heimatdorf und kam völlig verändert wieder zurück. Und wenn Sie mich fragen, ja, ich glaube, Ezechiel wusste, wo sich das Werk und auch das Buch befinden. Suchen Sie in diesem Dorf!«
Faruk hatte einen kurzen Augenblick nachgedacht, ehe er ihr einen Vorschlag machte.
So waren sie am Nachmittag aus der österreichischen
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