Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
Vom Netzwerk:
schädlichen Duftkräuter wegzuräumen und ihn mit abgekochtem Wasser zu waschen.
    Die frische Luft und die wiedererstarkten Abwehrkräfte sorgten dafür, dass er sich nach ein paar Tagen im Bett aufsetzen konnte. Schließlich berichtete er von den Ereignissen, die dazu geführt hatten, dass er bis zum Hals im sandigen Boden der Scablands eingegraben worden war.
    »Wir waren vier Tagesreisen von Memphis entfernt, als wir in einen Sandsturm gerieten, der übrigens mehr Steine als Sand brachte. Dadurch wurde die Karawane auseinandergerissen, und ehe wir uns wieder geordnet aufstellen konnten, griffen uns die Gurrier an. Sie erschlugen, wer sich ihnen entgegenstellte. Nur mich verschonten sie aus irgendeinem Grund und ließen mich in der Lage, in der ich gefunden wurde.«
    Der Mann, dem er dies berichtete, war Hauptmann Albin, der Chef des Geheimdienstes der Materazzi, ein hochgewachsener Mann mit den strahlend blauen Augen eines jungen Mädchens. Dieser charmante Zug stand in starkem Kontrast zu seiner übrigen steifen und kühlen Erscheinung.
    »Seid Ihr Euch sicher, dass es Gurrier waren?«, fragte Albin.
    »Ich bin kein Fachmann für das Räuberwesen, Hauptmann, aber die Auskunft stammt von Pardee, ehe er starb. Habt Ihr Gründe, anderer Ansicht zu sein?«
    »Einiges passt da nicht zusammen.«
    »Was zum Beispiel?«
    »Die Art und Weise, wie die Truppen angegriffen wurden, schien mir zu überlegt für die Gurrier. Das sind Schlächter, die auf eine Gelegenheit warten und sich nur selten in so großer Zahl zusammenrotten. Auch dass sie Elitesoldaten wie diejenigen, die Euch begleiteten, direkt angreifen, ist ungewöhnlich, selbst wenn die Truppe durch den Sturm auseinandergerissen worden war.«
    »Ich verstehe«, sagte Vipond.
    »Ferner die Tatsache, dass sie Euch am Leben gelassen haben. Warum?«
    »Nur halb am Leben.«
    »Gewiss. Aber warum sind sie überhaupt dieses Risiko eingegangen?« Albin trat ans Fenster und schaute auf den Hof hinunter.
    »Man hat Euch mit einem gefalteten Blatt Papier im Mund aufgefunden.«
    Vipond sah ihn an und die Erinnerung an das unangenehme Gefühl, dass ihm der Mund gewaltsam geöffnet wurde und er nach Luft rang, ehe er das Bewusstsein verlor, kehrte zurück.
    »Verzeiht mir, Mylord, das muss schrecklich gewesen sein. Soll ich lieber morgen wiederkommen?«
    »Nein, es geht schon wieder. Was stand auf dem Blatt?«
    »Es war die Botschaft, die Ihr von Gauleiter Hynkel dem Marschall Materazzi überbringen solltet und in der von baldigem Frieden die Rede war.«
    »Wo ist das Papier jetzt?«
    »Bei Graf Materazzi.«
    »Es ist wertlos.«
    »Aha«, machte Albin. »Meint Ihr das wirklich? Sehr interessant.«
    »Warum?«
    »Dass Ihr mit einer Botschaft, die Euch gewaltsam in den Mund geschoben wurde, lebendig aufgefunden werdet, erweckt den Eindruck, dass jemand damit etwas sagen will.«
    »Nämlich was?«
    »Etwas, das bewusst nur angedeutet wird. Das aber sieht den Gurriern überhaupt nicht ähnlich. Die sind nur auf Raub und Vergewaltigung aus. Politische Botschaften, ob eindeutig oder unklar, sind ihre Sache nicht.«
    »Einmal angenommen, dass es tatsächlich eine politische Botschaft war. Hätte sie nicht deutlicher sein müssen?«
    »Nicht unbedingt. Hynkel hält sich für gerissen. Das würde ihm Spaß machen, den Angriff auf einen Minister der Materazzi so zu tarnen und uns zugleich ins Grübeln zu bringen, ob mehr dahinterstecken könnte oder nicht.« Albin lächelte voller Selbstironie. »Aber Ihr habt ihn erst kürzlich getroffen. Vielleicht seht Ihr das ganz anders.«
    »Durchaus nicht. Er war ein gut gelaunter Gastgeber, aber er blinzelte dabei für meinen Geschmack zu oft. Wie so mancher schlaue Kopf hält er alle anderen für Toren.«
    »Das ist sicherlich sein Urteil über unseren Gesandten.« An dieser Stelle trat eine kurze Pause ein, und Albin fragte sich, ob er nicht zu weit gegangen war. Vipond sah ihn aufmerksam an.
    »Ihr scheint eine ganze Menge zu wissen«, sagte Vipond, um ihn noch weiter herauszufordern.
    »Eine ganze Menge? Wenn es nur so wäre. Aber doch immerhin etwas. In ein paar Tagen hoffe ich Auskünfte zu erhalten, die Licht in die Sache bringen.«
    »Ich würde mich sehr freuen, wenn Ihr mich auf dem Laufenden hieltet. Auch ich verfüge über Quellen, die nützlich sein könnten.«
    »Selbstverständlich, Mylord.«
    Albin war mit dieser Übereinkunft sehr zufrieden. Dabei ging es gar nicht darum, ob Vipond zu trauen sei, denn das durfte man sicherlich

Weitere Kostenlose Bücher