Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)
frisch.«
»Ja, aber trotzdem …«
»Ich war lange Zeit ein Jurassic-Wrack.«
Clara starrte ihn an. »Moment. War das jetzt ein Dinosaurierwitz?«
»Jep«, bestätigte ihr Lincoln stolz. »Fandest du ihn gut?«
» Nein «, sie kicherte. »Der war total schlecht!« Sie presste sich die Serviette vor den Mund, denn sie wollte seine Gefühle nicht verletzen. Lincoln war nie besonders begabt gewesen, wenn es darum ging, Witze zu erzählen.
»Was für T-Shirts tragen Dinosaurier?«
»Oh, nein, ich weiß nicht, ob ich das hören will.«
»Tricera- Tops !«
Sie musste wieder kichern.
»Ein Dinosaurierkind fragt: ›Mama, kommen Dinos auch in den Himmel?‹ – ›Nein‹, antwortet seine Mutter, ›ins Museum.‹«
»Aufhören!«, sie krümmte sich vor Lachen.
»Unschlagbar, nicht wahr?«, sagte er lachend. »Die hab ich mir selber ausgedacht.«
»Tja, damit würde ich lieber nicht prahlen.« Clara wischte sich die Augen. Bestimmt war ihre Wimperntusche schon total verschmiert.
Als sie beide wieder Luft bekamen, blickte Lincoln auf die Uhr und stieß einen überraschten Laut aus »Wir sind schon seit drei Stunden hier!«
»Echt?«, fragte Clara fassungslos. So lange war ihr das gar nicht vorgekommen. Aber tatsächlich, als sie einen Blick auf die Wanduhr hinter der betriebsamen Ladentheke des Cafés warf, stellte sie fest, dass Lincoln recht hatte. »Oh, je, ich fürchte, Mon Chéri hat mittlerweile schon mindestens einen schweren Haushaltsunfall erlitten. Nicht dass es bei mir zu Hause irgendwelche Möbel oder einen Teppich zu ramponieren gäbe, aber …«
»Und ich komme zu spät zu meinem Termin mit einem Paläontologieprofessor aus England.« Lincoln stand auf und schlüpfte in seinen Mantel. »Es passt mir gar nicht, dass ich unser Wiedersehen jetzt so schnell beenden muss.«
»Schnell?« Clara legte sich zwinkernd ihren Schal um den Hals.
»Können wir uns bald wieder treffen? Ich würde gern mehr von deiner Zeitkapsel-Liste hören – und von deiner Familie.«
»Klar. Und ich würde gern mehr über T-Rex-Sue erfahren.«
»Ich weiß, das ist jetzt ziemlich kurzfristig, aber wie wär’s mit Abendessen morgen? Donnerstags hab ich für gewöhnlich rechtzeitig Feierabend.« Lincoln strebte auf den Ausgang des Cafés zu.
»Morgen Abend treffe ich mich mit Leo, aber am Freitag hätte ich Zeit, wenn das bei dir auch passt?«
»An dem Abend bin ich schon verabredet. Und am Samstag auch«, sagte er bedauernd.
»Deine Freundin?«, erkundigte sich Clara, ohne nachzudenken. Es war eigentlich nicht ihre Art, im Privatleben anderer Leute herumzuschnüffeln, aber bei einem alten Kumpel wie Lincoln, schätzte sie, galten die üblichen Regeln nicht.
»Wir sind erst seit kurzem zusammen. Ihr Name ist Meg. Sie leitet den Museumsshop. Ich stelle sie dir mal vor. Ich glaube, ihr beide würdet euch gut verstehen.« Er machte die Tür auf und ließ Clara den Vortritt. »Wie wär’s mit Abendessen am Montag?«
»Klingt gut.« Sie streifte ihre rosa Kaschmirfäustlinge über. »Danke noch mal für heute. Ich bin echt froh, dass du mich angerufen hast. Es war wirklich super, dich wiederzusehen.«
»Dich auch, C. J.«, sagte Lincoln lächelnd und umarmte sie herzlich.
Niemand sonst hatte Clara James Black je bei diesem Spitznamen gerufen, und das erinnerte sie an eine viel glücklichere, einfachere Zeit und zauberte ihr ein Grinsen ins Gesicht.
Februar
19
Clara träumte, sie wäre gerade in ein prächtiges altes Südstaatenanwesen gezogen, das einer Komplettrenovierung bedurfte. Dutzende Bauarbeiter in weißen Ganzkörper-Arbeitsoveralls eilten in dem weitläufigen, staubigen Haus herum, von dem aus man über viele Morgen frisch gepflügter Felder blickte. Clara war soeben mit der Kutsche von irgendwoher nach Hause gekommen und befand sich im oberen Stockwerk, wo sie begutachtete, wie die Arbeiten vorangingen, als ein Mann mit einem Eimer kanariengelber Farbe aus dem herrschaftlichen Schlafzimmer kam. Er stellte den Farbeimer auf der Abdeckplane am Boden des Flurs ab und machte seinen Overall auf, sodass sein Gesicht zum Vorschein kam. Er klopfte sich ein paar lästige Holzspäne aus dem zerzausten Haar. Clara stand da wie gelähmt, ihr Magen zog sich zusammen, und eine Welle des Schocks durchfuhr sie, sodass die winzigen Härchen in ihrem Nacken sich aufstellten. Sie starrte den Mann an und versuchte, seinen Namen zu sagen, aber ihr stockte der Atem. Erst konnte sie es nicht glauben. Sie hatte Angst, auch nur
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