Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)
Jessicas Geburtstag verstreichen lassen, ohne es auch nur zu merken. Es ist mir fast eine Woche später aufgefallen. Glaubst du vielleicht, ich weiß nicht, wie verwirrend es sich anfühlt, wenn man nach vorne blickt und gleichzeitig das Gefühl hat, sich von diesem Menschen immer weiter zu entfernen, und es nichts gibt, was man dagegen tun kann?«
Hin- und hergerissen zwischen Schuldgefühlen und Sehnsucht, brachte es Clara nicht übers Herz, ihm in die Augen zu blicken.
»Wer könnte besser verstehen, was du gerade durchmachst, als ich?«
Mein Gott , er machte es ihr wirklich nicht leicht. »Ich weiß, dass du es verstehst, aber …«
»Aber anstatt mir zu vertrauen, dass ich deine Gefühle nachempfinden und dich unterstützen kann«, unterbrach Lincoln sie bestürzt, »ist deine erste Reaktion, mich auszuschließen.« Er wirkte, als hätte man ihm ins Gesicht geschlagen, und wandte sich ab. »Hast du auch nur die geringste Ahnung, wie ich mich dabei fühle?«
Clara schnürte es das Herz so fest zusammen, dass es wehtat. Sie tat ihr Bestes, nicht direkt hier im Auto zusammenzubrechen, und wiederholte: »Ich habe ja nicht gesagt, dass ich dich nie wiedersehen möchte. Alles, was ich gesagt habe, ist, dass ich ein wenig Abstand brauche, um mir über einige …«
»Ja, den Teil hab ich verstanden«, schnitt er ihr das Wort ab. »Und ich hoffe, du verzeihst mir, dass ich das persönlich nehme. Aber … vielleicht … ist es so das Beste. Ich habe keine Lust, weiter mit dir über die Tatsache zu streiten, dass du dich durch die Vergangenheit von deiner Zukunft abhalten lässt.« Mit traurigen Augen schüttelte er den Kopf. »Ich kann dir das nicht begreiflich machen. Auch wenn ich mir wünschte, ich könnte es.« Lincoln senkte den Blick und schwieg einen Moment. »Und Abstand hin oder her, ich kann niemanden gebrauchen, der ganz offensichtlich nicht bereit ist, die Vergangenheit loszulassen und sich auf mich einzulassen.« Er zuckte mit den Schultern. »Das kann nicht funktionieren … Das weiß ich.«
Clara schaute ihn mit tränennassen Augen an.
»Ich denke, du solltest jetzt gehen«, presste er hervor. Seine Stimme klang nicht wütend. Nicht feindselig. Bloß traurig.
»Bitte hass mich nicht«, flüsterte sie gequält, als sie schließlich aus dem Wagen stieg und zu ihrem Haus eilte.
32
Wild entschlossen, Leos Blockflöte auszugraben und dann dieses Debakel nie wieder zu erwähnen, kam Clara vor dem Sonntagsfamilienessen bei Libby an. Leo, der noch Arbeit bei Gericht erledigen wollte, würde später kommen.
Nachdem sie ihre Mutter geistesabwesend begrüßt hatte, ging Clara schnurstracks in den Garten und machte sich direkt an die Arbeit, dankbar für diese legitime Zerstreuung, die sie hoffentlich von ihren Gedanken an Lincoln ablenken würde.
Sie hatte bereits zwei Stunden vergeblich gegraben und war ordentlich verschwitzt, als Libby, die einen breitkrempigen Schlapphut trug, mit ziemlich mürrischem Gesichtsausdruck und die Hände in die Hüften gestemmt im Garten auftauchte. »Heilige Maria, Muttergottes. Ich kann nicht glauben, was du mit meinem Garten gemacht hast«, stammelte sie, drehte sich im Kreis und betrachtete den traurigen Matsch um sich her. »Hier sieht’s ja aus wie auf einem verdammten Golfplatz! Überall Löcher!«
Clara, die nicht in der Stimmung für Kritik war, verdrehte die Augen. »Ich hab dir schon tausendmal gesagt, dass es mir leidtut und dass ich es wieder in Ordnung bringe. Ich weiß nicht, was du sonst noch hören willst.«
»Hey«, Libby hob abwehrend die Hände. »Achte auf deinen Ton«, warnte sie ihre Tochter. »Ich war bis jetzt mehr als geduldig und verständnisvoll, was dieses ganze Blockflöten-Fiasko angeht, aber jetzt muss ich langsam mal ein Machtwort sprechen.« Sie schüttelte verärgert den Kopf.
»Du findest also, was ich mache, ist albern?«, sagte Clara streitlustig.
» Das habe ich nicht gesagt. Was ist denn nur heute mit dir los?«
»Nichts«, sagte Clara schroff. Sie hatte noch mit niemandem über ihre Trennung von Lincoln gesprochen, und weil sie mit aller Kraft versuchte, nicht daran zu denken, wechselte sie schnell das Thema und erkundigte sich in gelangweiltem Ton: »Was gibt es denn heute Abend zu essen?«
»Okay«, Libby machte eine vage Handbewegung, »jetzt mache ich mir wirklich Sorgen um dich.«
»Warum?« Clara, die neben einem Erdhügel in der Nähe der Ahornburg hockte, legte ihre Gartenkelle weg und sah ihre Mutter irritiert
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