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Die Liste

Die Liste

Titel: Die Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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ihm.
    Er sagte unverblümt, dass das Schulsystem in Ford County binnen sechs Wochen für alle geöffnet und jegliche Rassentrennung aufgehoben werde.
    Eine kleinere Versammlung fand in der schwarzen Schule in der Burley Street statt. Baggy und ich waren da, 248

    zusammen mit Wiley Meek, der Fotos schoss. Wieder erklärte Sullivan den Anwesenden, was geschehen würde.
    Zweimal wurden seine Ausführungen durch Applaus unterbrochen.
    Der Unterschied zwischen beiden Veranstaltungen war verblüffend. Die weißen Eltern waren wütend und verängstigt, und ich sah mehrere Frauen weinen. Der Schicksalstag war gekommen. In der schwarzen Schule fühlte man sich als Sieger. Die Eltern waren besorgt, aber glücklich, dass ihre Kinder endlich auf die besseren Schulen gehen konnten. Obwohl beim Wohnungs-eigentum, der Beschäftigung und der medizinischen Versorgung noch ein weiter Weg vor ihnen lag, bedeutete die Aufhebung der Rassentrennung in den öffentlichen Schulen einen gewaltigen Schritt vorwärts in ihrem Kampf um die Bürgerrechte.
    Miss Callie und Esau waren ebenfalls da. Sie wurden von den Nachbarn mit großem Respekt behandelt. Sechs Jahre zuvor waren sie durch das Portal der weißen Schule gegangen und hatten Sam den Löwen vorgeworfen. Drei Jahre lang war er der einzige schwarze Schüler in seiner Klasse gewesen, und die Familie hatte dafür einen hohen Preis bezahlt. Jetzt schien es sich plötzlich gelohnt zu haben, zumindest für sie. Sam konnte man nicht fragen, weil er nicht da war.
    In der Kirche der Ersten Baptisten fand ebenfalls eine Versammlung statt. Reinweiß und eher obere Mittel-schicht. Die Organisatoren versuchten, die Mittel für eine Privatschule aufzutreiben, ein Anliegen, das plötzlich dringlich geworden war. Mehrere Ärzte und Anwälte waren zugegen sowie die meisten Mitglieder des Country-Klubs. Anscheinend waren ihre Kinder zu gut, um mit Schwarzen zur Schule zu gehen.
    In aller Eile wurde ein Plan erstellt, in einem verlassenen 249

    Fabrikgebäude südlich der Stadt Klassenzimmer einzurichten. Das Gebäude würde für ein oder zwei Jahre gemietet werden, bis genügend Kapital gesammelt war.
    Lehrer sollten rasch eingestellt und Bücher geordert werden. Doch wenn man von der Flucht vor den Schwarzen absah, lag allen das Footballteam am meisten am Herzen. Manchmal herrschte eine Atmosphäre der Hysterie, als hätte ein zu fünfundsiebzig Prozent weißes Schulsystem für die Kinder eine Bedrohung dargestellt.
    Ich schrieb lange Berichte und druckte mutige Schlagzeilen. Harry Rex hatte Recht: Die Zeitung machte sich glänzend. Ende Juli 1970 erreichte die Auflage über fünftausend Exemplare, ein beeindruckendes Ergebnis.
    Rhoda Kassellaw und die Aufhebung der Rassentrennung vermittelten mir einen Eindruck davon, was mein Freund Nick Diener in Syracuse gemeint hatte, als er sagte: »Eine gute Wochenzeitung in einer Kleinstadt druckt keine Zeitungen, sondern Geld.«
    Ich brauchte Neuigkeiten, und die waren in Clanton nicht immer zu finden. Wenn es nicht viel zu berichten gab, schrieb ich eine aufgebauschte Geschichte über den letzten Berufungsantrag im Padgitt-Fall. Normalerweise wurde der Artikel unten auf der Titelseite gedruckt und klang, als könnte der Junge jeden Augenblick aus Parchman entlassen werden. Meinen Lesern war das mittlerweile wahrscheinlich egal. Anfang August erlebte die Zeitung einen neuen Aufschwung, als Davey Bigmouth Bass mich in die Rituale des Highschool-Footballs einweihte.
    Wilson Caudle hatte sich nicht für Sport interessiert, was kein Problem war, wenn man darüber hinwegsah, dass ganz Clanton am Freitagabend für seine Footballmann-schaft, die Cougars, lebte und starb. Bigmouths Berichte waren bei Caudle auf den letzten Seiten gelandet, und 250

    Fotos hatte er nur selten gedruckt. Ich dagegen roch Geld, und so kamen die Cougars auf die Titelseite.

    Meine eigene Footballkarriere hatte in der neunten Klasse unter den Händen eines sadistischen Exmarines ihr Ende gefunden, den meine kuschelige kleine Privatschule aus unerfindlichen Gründen engagiert hatte, um uns zu trainieren. Im August herrscht in Memphis ein tropisches Klima, in dem das Footballtraining eigentlich verboten sein sollte. Ich musste bei fünfunddreißig Grad in voller Ausrüstung einschließlich Helm um das Trainingsgelände laufen, und aus irgendeinem Grund weigerte der Trainer sich, uns Wasser zu geben. Neben unserem Spielfeld lagen die Tennisplätze, und als ich mich ausgekotzt hatte, hob ich

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