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Die Löwen

Die Löwen

Titel: Die Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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tauchte tiefer und belegte das Minenfeld mit Feuer.
    Jussuf und Abdur feuerten sofort. Ein Hagel von Geschossen peitschte durch die Luft, und plötzlich begann der Helikopter zu schwanken. Von einem der Stummelflügel riss ein Stück ab, und der Hubschrauber stürzte kopfüber in den Fluss . Gut gemacht, Jussuf!
    dachte Ellis. Doch der Zugang zur Brücke war jetzt frei, und die Russen hatten noch über einhundert Mann und zehn Hubschrauber. Mit plötzlichem Schrecken wurde Ellis bewusst , dass die Guerillas diesen Kampf verlieren konnten.
    Jetzt setzten sich die Russen auf dem Gerstenfeld in Aktion: Die meisten von ihnen – achtzig oder mehr, schätzte Ellis - robbten auf die Brücke zu, zwischendurch immer wieder über den Fluss hinweg feuernd. So deprimiert und undiszipliniert, wie die amerikanischen Zeitungen behaupten, sind sie offenbar nicht, dachte Ellis. Dann bemerkte er, dass die Soldaten ausnahmslos Europäer zu sein schienen: Afghanen befanden sich nicht darunter. Das war genauso wie seinerzeit in Vietnam, wo sie stets die Arvins rausgehalten hatten, wenn es um was wirklich Wichtiges ging.
    Plötzlich ließ der ohrenbetäubende Lärm nach. Die Russen im Gerstenfeld und die Guerillas im Dorf schössen aufeinander, wobei die Russen auf gut Glück feuerten, während die Guerillas sorgfältiger zielten und nach Möglichkeit Munition sparten. Ellis hob den Kopf. Die Kampfhubschrauber flogen jetzt Angriffe auf Jussuf und Abdur oben auf dem Felsen. Der russische Befehlshaber hatte sehr richtig erkannt, dass die schweren Maschinengewehre sein Hauptziel waren.
    Als einer der Kampfhubschrauber von oben auf die Felsplatte herabstieß, empfand Ellis Bewunderung für den Piloten: Es gehörte verdammt viel Mut dazu, direkt auf feuernde Geschütze zuzufliegen. Der Helikopter drehte ab; man hatte einander verfehlt.
    Die Chancen, überlegte Ellis, waren für beide Seiten ungefähr gleich: Das Zielen war für Jussuf leichter, weil er sich an einem festen Ort befand, während der Hubschrauber in Bewegung war; umgekehrt war Jussuf das leichtere, weil ortsfeste Ziel. Ellis erinnerte sich, dass beim Typ Mi-24 die Raketen auf den Stummelflügeln vom Piloten abgefeuert wurden, während sich der Schütze mit seinem Maschinengewehr ganz vorn in der Kanzel befand. Unter den gegebenen Umständen musste es für den Piloten sehr schwer sein, genau zu zielen; und da die Dashokas eine größere Reichweite hatten als das Vierlings-MG vom Gatlingtyp im Hubschrauber, waren Jussuf und Abdur vielleicht sogar ein wenig im Vorteil.
    Hoffentlich, dachte Ellis, wir können’s, verdammt noch mal, brauchen!
    Der nächste Kampfhubschrauber stürzte auf den Felsen zu wie ein Falke auf einen Hasen, doch die Maschinengewehre trommelten, und der Hubschrauber explodierte in der Luft.
    Am liebsten hätte Ellis laut gejubelt, doch er unterdrückte den Impuls: Nur zu gut kannte er den Schrecken und das kaum zu kontrollierende Panikgefühl einer Hubschrauberbesatzung, die sich unter Beschuss befand.
    Schon griff ein weiterer Kampfhubschrauber an. Die Maschinengewehrschützen auf der Felsplatte zielten diesmal nicht ganz so genau wie zuvor, dennoch schössen sie den Schwanz des Helikopters ab. Die Maschine geriet außer Kontrolle und krachte gegen die Felswand. Verdammt! dachte Ellis. Vielleicht erwischen wir sie doch noch alle. Aber die Maschinengewehre klangen jetzt irgendwie anders, und nach einem Augenblick wurde Ellis klar, dass nur noch ein MG feuerte, das andere war außer Gefecht gesetzt worden.
    Ellis spähte angestrengt durch die staubige Luft und sah, dass sich dort oben eine Chitrali-Kappe bewegte. Jussuf lebte noch. Abdur hatte es erwischt.
    Die drei noch einsatzbereiten Kampfhubschrauber formierten sich neu. Einer stieg hoch über den Kampflatz empor, vermutlich der des russischen Befehlshabers. Die beiden anderen stießen zangenförmig auf Jussuf zu. Verdammt clever, dachte Ellis nervös. Er beobachtete, wie die Maschinen tiefer tauchten. Als Jussuf das Feuer auf die eine eröffnete, schwenkte die andere seitlich herbei. Ellis bemerkte, dass die Russen mit offenen Türen flogen, genauso wie seinerzeit die Amerikaner in Vietnam.
    Die beiden Mi-24 stießen zu. Die erste flog einen Direktangriff auf Jussuf und drehte dann ab, doch der Afghane schaffte einen Volltreffer, und der Hubschrauber zerbarst in Flammen; dann schwang der zweite Hubschrauber heran, mit ratterndem Maschinengewehr und zischenden Raketen, und Ellis dachte: Jussuf hat nicht die

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