Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall
seltsamen Wohnung …»
«Lassen Sie mich endlich mit dieser Wohnung in Ruhe. Ich kenne sie nicht und habe nichts damit zu tun!» Renata Denner faltete ihre Hände, legte das Kinn darauf und schloss die Augen.
«Ja, aber … es tut mir wirklich Leid. Ein Bewohner dieses Hauses hat in der Nacht, als Valeria Cabun ums Leben kam, einen Mann auf der Treppe gesehen.»
«Ja, und?» Sie hob das Kinn.
«Es sieht so aus, als könnte es Ihr Mann gewesen sein, Frau Doktor …»
«Mein Mann? Sie sind wohl verrückt geworden. Was sollte mein Mann in diesem Haus tun? Gehen Sie! Gehen Sie sofort! Ich möchte mir diesen Quatsch nicht länger anhören. Finden Sie die Mörder meines Schwagers und diejenigen, die meinen Mann beinahe umgebracht haben. Befreien Sie uns von diesen italienischen Messerstechern!» Sie keuchte, rang die Hände.
Seltsame Hände, dachte Baumann. Immer sind es ihre Hände, die mir auffallen. «Aber es war mit ziemlicher Sicherheit Ihr Mann in diesem Haus …»
«Raus!»
«Glauben Sie nicht, dass Sie sich mit diesem Verhalten schaden könnten …»
«Raus, aber sofort! Ich habe es nicht nötig, meinem Mann von einem kleinen Polizisten beleidigen zu lassen!»
«Sie meinen den großen Arzt?» Vielleicht übertreibe ich, dachte Baumann und ging langsam zur Haustür.
«Wagen Sie es nicht, meinen Mann zu beleidigen!» Sie schrie beinahe.
Baumann hob beschwichtigend seine Hände. «Ich gehe ja schon. Aber ich komme sicher wieder. Wie gesagt, es ist so gut wie nichts geklärt …»
Sie knallte die Tür zu, ehe er seinen Satz beendet hatte.
Meine Idee war ziemlich gut, dachte Baumann. Es stimmt zwar nicht, dass Denner gesehen wurde, aber es hat die Dame ordentlich aufgemischt. Laura wird zufrieden sein.
Nella saß am Esstisch der Cabuns, stützte den Kopf auf eine Hand. Um die Stirn trug sie einen Verband, der durchgeblutet war, ihr langes Haar hing bis über ihre Schultern herab. Ein breiter Riss klaffte in ihrer dunkelblauen Leinenbluse. Vor Nellas Brust baumelte eines dieser großen modischen Kreuze mit falschen Steinen. Als Laura und Amato das Zimmer betraten, schaute sie kurz auf, drehte dann den Kopf zur Seite.
Roberto Cabun lehnte mit verschränkten Armen an der Wand, seine Frau saß auf einer Bank nahe am Fenster, und Sohn Marco war halb drinnen, halb draußen auf der Terrasse über dem Meer.
Eine Theaterszene, dachte Laura. Vielleicht schlafe ich noch und träume das alles. Sie schaute sich nach Maresciallo Sarbia um, der in diesem Augenblick von der Terrasse ins Zimmer trat und sich räusperte.
«Buon giorno, Commissaria. Das ist eine sehr unangenehme Situation.»
Laura nickte ihm zu. «Wäre es möglich, dass ich mit Nella allein sprechen könnte?»
«Niemals!» Roberto Cabun fuhr aus seiner Erstarrung auf. «Wir lassen sie nicht allein. Wir stehen das alle gemeinsam durch!»
«Signor Cabun, es wäre besser für Nella, wenn ich allein mit ihr sprechen könnte. Es ist etwas geschehen, das nur sie und mich etwas angeht. Da können Sie nichts für Nella tun!»
Maresciallo Sarbia starrte Laura nachdenklich an, seufzte endlich.
«Ich denke, wir lassen die beiden allein», murmelte er. «Es passieren hier seltsame Dinge, die ich als euer Maresciallo nicht mehr verstehe.» Er warf einen Seitenblick auf Sergente Amato.
Carla Cabun erhob sich als Erste. «Andiamo», sagte sie mit entschiedener Stimme. «Gehen wir! Wir konnten Valeria nicht helfen, jetzt helfen wir wenigstens Nella.» Sie packte ihren Mann am Arm und zerrte ihn zur Tür, Sarbia und Amato folgten, Marco Cabun zögerte lange, ehe auch er ging. Der Blick, den er Laura zuwarf, war voll Verachtung. Dann war auch er fort.
Laura trat zur Terrassentür und schaute aufs Meer hinaus, das ganz rosig und frisch im Morgenlicht herumschwappte.
«Das mit Ihrem Kopf tut mir Leid», sagte sie. «Ich hatte Angst, dass Sie mich umbringen könnten, deshalb habe ich so kräftig zugeschlagen.»
Nella antwortete nicht, hielt den Kopf gesenkt.
«Aber Sie haben meine Schulter erwischt, und das nicht schlecht. Also sind wir quitt, nicht wahr?»
Nella rührte sich nicht.
«Allerdings», fuhr Laura fort und schaute weiter aufs Meer hinaus, beobachtete ein Fischerboot, das von den Wellen herumgeworfen wurde, «allerdings ist da noch eine Sache. Um ein Haar hätten Sie einen Commissario umgebracht. Zum Glück hat er sich nur das Bein gebrochen.»
Nellas Hand bewegte sich flach über den Holztisch.
«Das wollten wir nicht!» Ihre Stimme klang
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