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Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall

Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall

Titel: Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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wahr, dass auch er mehrmals schluckte.
    «Es tut mir Leid», sagte sie heiser, und es stimmte, obwohl sie vergeblich nach persönlicheren Worten suchte. Sie kannte Roberto Malenge nicht, wusste kaum etwas über seine Beziehung zu Valeria. Einen Augenblick lang saß sie ganz kraftlos da, spürte wieder den Schmerz zwischen ihren Schulterblättern, dann rappelte sie sich auf. Sie brauchten Roberto Malenges Aussage, doch jetzt würden sie sicher kein ruhiges Gespräch mehr führen können. Laura nahm eine ihrer Karten aus der Jacke, drückte sie Aristide in die Hand.
    «Sorgen Sie bitte dafür, dass er heute Nachmittag um drei ins Polizeipräsidium kommt. Und sagen Sie ihm, dass es nur um seine Aussage geht, um nichts anderes!»
    «Wie … wie ist sie denn gestorben?», fragte Aristide leise.
    «Bisher gehen wir von Selbstmord aus», erwiderte Laura ebenso leise.
    Aristide runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. «Valeria und Selbstmord? Das kann ich mir nicht vorstellen!»
    «Dann kommen Sie doch mit Roberto Malenge ins Präsidium», schlug Peter Baumann vor. «Wir brauchen wirklich jede Aussage in dieser Angelegenheit!»
    «Angelegenheit», wiederholte Aristide langsam, warf Baumann einen seltsamen Blick zu und legte beide Arme um Robertos Schultern.

    Laura ließ sich von Baumann vor dem gerichtsmedizinischen Institut absetzen. Gab vor, dem Arzt noch ein paar Fragen stellen zu müssen. Sie konnte ihrem jungen Kollegen nicht sagen, dass sie Zwiesprache mit der Toten halten wollte. Sie wusste ja selbst nicht, was sie sich davon erhoffte, folgte eher einer unklaren Eingebung.
    Der neue Arzt war nicht da, und Laura fühlte sich erleichtert, ihren alten Kollegen Dr.   Reiss zu sehen, der sich gerade die Latexhandschuhe abstreifte, lange die Hände wusch und Laura zu einem Kaffee einlud.
    «Nett von Ihnen, aber leider keine Zeit», erwiderte sie. «Ich bin nur gekommen, um noch einen Blick auf die junge Italienerin zu werfen.»
    «Hab ich auch schon gemacht.» Der Arzt betrachtete seine Hände. «Altersflecken!», seufzte er. «Zeigen Sie mal Ihre Hände, Laura!»
    «Du lieber Himmel, Sie haben Sorgen», lächelte sie. «Ich hab noch keine, falls es Sie interessiert. Nur einen – vielleicht –, und den tarne ich als Sommersprosse!»
    «Wie alt sind Sie, Laura?»
    «Bald 45!»
    «Na, dann haben Sie noch eine Gnadenfrist von ein paar Jahren …»
    «Stimmt was nicht, Doktor?»
    «Ach, nichts Ernstes. Im Frühling neige ich zu Depressionen. Dieser Ausbruch von Lebendigkeit erinnert mich immer daran, dass ich bereits heftig der Pensionierung entgegengehe.»
    «Na ja», murmelte Laura, «Sie gehen immerhin noch – die arme Valeria Cabun liegt im Kühlfach.»
    Er lachte kurz auf. «Ich wusste, dass Sie mir kein Selbstmitleid gestatten würden. Also kommen Sie.» Er ging vor Laura her in den Kühlraum, eine große, hagere Gestalt mit einer winzigen Beugung nach rechts, und ihr fiel auf, dass er tatsächlich im letzten halben Jahr gealtert war.
    Dr.   Reiss blieb vor dem Fach stehen, in dem Valeria gelagert wurde, wandte sich zu Laura um.
    «Ich habe den Autopsiebericht von Malic gelesen und bin mit ihm alles nochmal durchgegangen. Er hat ordentliche Arbeit geleistet. Aber eine Sache hat er vielleicht nicht ganz richtig eingeschätzt. Die junge Frau hatte Verletzungen auf beiden Seiten des Schädels. Ich halte es für möglich, dass sie niedergeschlagen wurde, ehe sie aus dem Fenster fiel oder – dann eher – geworfen wurde. Theoretisch zumindest.»
    «Und Sie halten es für unmöglich, dass sie sich die Verletzungen beim Aufprall zugezogen hat?»
    «Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, wie es passiert sein könnte. Man schlägt nicht mit beiden Seiten gleichzeitig auf. Sie können es sich ja selbst ansehen!» Entschlossen zog er die Lade auf, Valerias Körper rollte aus der Tiefe des Kühlfachs hervor. Reiss zog das grüne Laken von ihrem Kopf, strich die dunklen Haare zurück, um Laura eine bläuliche Verfärbung zu zeigen, die an der rechten Schläfe zum Ohr verlief und auch noch zwischen den Haarwurzeln zu sehen war. Er war jetzt ganz in seinem Element, hielt einen Vortrag wie in der Universität.
    «Das hier», sagte er laut und übertrieben artikuliert, «ist die Folge eines Schlags mit einem stumpfen Gegenstand. Sie sehen keine Hautverletzung, nur ein Hämatom, das sich relativ gleichmäßig verteilt hat.» Er schaute Laura über den Rand seiner Brille bedeutsam an. «Jetzt folgen Sie mir auf die andere

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