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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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ehemaligen König von England hält, könnte er die Ile-de-France mit ihm einkreisen.«
    Guy de Lusignan war wie die meisten seiner Familie habgierig und für jeden Verrat zu haben - vor einigen Jahren hatte er Patrick von Salisbury bei dem Versuch umgebracht, Alienor zu entführen -, doch er war eben sehr mächtig, und die Notwendigkeit zwang sie, ihn als Verbündeten zu akzeptieren. Sie konnte ihm zwar nicht im geringsten vertrauen, aber immerhin hatte er eine sehr richtige Beobachtung gemacht.
    »Der Graf der Champagne hat sich ebenfalls mit mir verbündet«, antwortete sie, »wir brauchen uns also deswegen keine Sorgen zu machen. Es ist nun Zeit für Euch, aufzubrechen und Eure Lehen gegen den ehemaligen König zu verteidigen.«
    Die Männer kamen zu ihr und schworen ihr und ihren Söhnen nochmals Treue, und während sie hinausgingen, sagte Richard mit gesenkter Stimme: »Macht es etwas aus, daß Hal so übereilt war?«
    Alienor schüttelte den Kopf. Sie war ärgerlich genug auf ihren ältesten Sohn, der Henry mit seiner närrischen und überflüssigen Forderung so früh mißtrauisch gemacht und sie so gezwungen hatte, eine gefährliche Rettung für ihn ins Werk zu setzen, andererseits hatte sie Zeit genug für ihre Vorbereitungen gehabt, und wenn der Aufstand jetzt beginnen sollte, dann gut.

    »Es ist in Ordnung, Richard«, erwiderte sie und umarmte ihn, dann Geoffrey. »Geht jetzt.«

    Alienors Aufruf zur Rebellion erfaßte ganz Aquitanien. Auch die Bretagne und Anjou schlossen sich ihr an, bis nur noch die Normandie zu Henry stand. Er erhielt keine Einkünfte mehr, seine Beamten wurden davongejagt, und seine Vasallen, die er zu den Waffen rief, verweigerten ihm den Gehorsam. Schottland erklärte, nur noch Hal als gesalbtem König bündnispflichtig zu sein, Louis ließ ausrichten, Henry, König von England, sei bei ihm, und auch in England begannen die Menschen sich zu erheben. Die Grafen von Leicester und Norfolk erklärten offen ihre Unterstützung für die Königin, und der Bischof von Durham schloß sich ihnen an.
    Henry war außer sich vor Wut, und was ihn am meisten aufbrachte: Er hätte es voraussehen müssen. Er hatte mit einem unbedeutenden Aufstand von Hal gerechnet, was zwar traurig, aber verständlich war. Natürlich wollte Hal die Macht - ein zukünftiger König mußte sie wollen, sonst konnte er später nicht überleben. In seine Berechnungen hatte Henry auch die Möglichkeit mit einbezogen, daß Alienor ihren Sohn unterstützte. Doch eine riesige Rebellion wie diese, nicht von Hal, sondern von Alienor angeführt - er hatte einfach nicht daran gedacht, und jetzt schalt er sich deswegen einen Narren.
    Oh, sie würde dafür bezahlen. Wenn er sie nur erst in Händen hätte, würde sie so dafür bezahlen, daß sie sich wünschte, nie geboren worden zu sein - sie, die sich nicht unterstanden hatte, nicht nur eines, sondern alle seine Kinder gegen ihn aufzuhetzen. Alle außer John. John, sein Jüngster, der nicht von Alienor erzogen worden war, der noch ein kleiner Junge war, der nur seinen Vater kannte. In diesen dunklen Tagen begann er John mehr zu lieben als alle seine anderen Kinder.
    Doch jetzt war nicht die Zeit für Racheschwüre. Sie wollte den Krieg - sie sollte ihn haben. Henry entschloß sich, Söldner aus Brabant anzuwerben, und verpfändete zu diesem Zweck den englischen Kronschatz, sogar das diamantene Krönungsschwert. Jetzt konnte er sich nicht leisten, zimperlich zu sein, denn je mehr Zeit er Alienor gab, desto gefährdeter war sein Thron.
    Innerhalb von sieben Tagen brachte Henry sein neues Söldnerheer von Rouen an die normannisch-französische Grenze und schlug mit einem Handstreich die wenigen normannischen Barone, die sich ebenfalls gegen ihn erhoben hatten. Er wies einen seiner treu gebliebenen Prälaten an, einen Brief an Alienor zu richten:
    »Wir bedauern alle, daß Ihr, eine so kluge Frau vor allen anderen, Euch von Eurem Gemahl getrennt habt… Was noch schlimmer ist, Ihr habt die Frucht Eurer Leiber, Eures und des Herrn Königs, gegen ihren Vater aufgestachelt… Kehrt zurück, o hochberühmte Königin, zu Eurem Gemahl und unserem Herrn… Bevor die Ereignisse zu einem schrecklichen Ende führen, kommt mit Euren Söhnen zu Eurem Gatten zurück, dem Ihr gehorchen und bei dem Ihr leben sollt…
    Andernfalls sehen wir uns gezwungen, nach kanonischem Recht gegen Euch vorzugehen…«
    Als der Brief bereits unterwegs war, kamen Henry ernsthafte Zweifel, ob ein derartiger Brief

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