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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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bei Alienor überhaupt irgend etwas ausrichten konnte. Wenn er nur wenigstens beim Volk die erwünschte Wirkung hatte.

    Raoul de Faye wirkte nervös und äußerst beunruhigt, als er bei Alienor eintrat.
    Die Königin hob den Kopf. »Was gibt es, Cousin?«
    Raoul biß sich auf die Lippen. »Der König«, sagte er stockend, und ihm fiel nicht auf, daß er das ›ehemalige‹ wegließ. »Nachdem er die Invasion der Normandie durch Eure Söhne zurückgeschlagen hat, ist er jetzt in das Poitou eingefallen.«
    »Ich bin weder blind noch taub, Cousin«, sagte sie spöttisch.
    »Diese Tatsache ist mir bereits aufgefallen.«
    Raoul de Faye wünschte sich, daß ihm diese Situation erspart geblieben wäre. »Meine Späher haben mir berichtet«, brachte er endlich hervor, »daß er auf dem Weg hierher ist. Euer Gnaden«, seine Stimme wurde verzweifelt, »Faye-la-Vineuse kann einer Belagerung durch diese riesige Armee nicht standhalten!«

    Er hatte bereits Schreckensvisionen von den Söldnern aus Brabant vor seiner kleinen Burg; warum war er nur so stolz darauf gewesen, die Königin bei sich zu beherbergen? Alienors Blick war undurchdringlich, als sie fragte: »Glaubt Ihr, daß er meinen Aufenthaltsort kennt?«
    »Nein«, erwiderte Raoul de Faye unglücklich, »oder vielmehr, es spielt keine Rolle, denn er wird es ohnehin erfahren. Euer Gnaden, was sollen wir nur tun?«
    Alienor stand auf. »Wenn Ihr die Burg nicht verteidigen könnt, und da gebe ich Euch recht, dann brecht sofort nach Paris auf und gesellt Euch zu meinen Söhnen.«
    Raoul de Faye war zu erleichtert, um es zu verbergen. »Aber Ihr?
    Was wird aus Euch, meine Königin?«
    Alienor zuckte die Achseln.
    »Ich werde ebenfalls versuchen, mich nach Paris durchzuschlagen, aber wir reisen besser nicht gemeinsam. So ist die Wahrscheinlichkeit größer, daß wir Henrys Spähern nicht auffallen.«
    »Sie werden besonders auf eine Frau achten«, gab de Faye zu bedenken.
    »Um Himmels willen, Mann, für wie dumm haltet Ihr mich eigentlich? Nehmt Ihr vielleicht an, ich reise als Frau, womöglich noch im großen Staat?« Dann besann sie sich. Es war nicht richtig, diesen loyalen Vasallen zu kränken, und sie schämte sich für den Mangel an Selbstbeherrschung, die sie jetzt doch so dringend brauchte.
    »Es wird schon alles gutgehen, Cousin«, meinte sie mit einem aufmunternden Lächeln. »Wir sollten nur langsam anfangen, zu packen.« Sie dachte plötzlich daran, daß sie nach Jahren Paris wiedersehen würde - und Louis. »Immerhin«, sagte Alienor sacht, »das Schicksal hat Sinn für Ironie.«

    Ralph, Henrys unehelicher jüngerer Sohn, hob die Hand, um sich gegen die untergehende Sonne zu schützen. Er war ein wenig mürrisch, denn die Straße nach Chartres nach aufständischen Soldaten abzusuchen, schien ihm kaum eine ehrenvolle Aufgabe zu sein, eher eine, die jeder einfache Späher übernehmen konnte, und er wollte sich seinem Vater als unentbehrlicher Helfer beweisen. Was für ein Glücksfall diese Rebellion für ihn doch war, was für ein unerwarteter Glücksfall!
    Einer der Brabanter, den er vorausgeschickt hatte, kehrte zurück und meldete mit einem kaum verständlichen Akzent: »Da vorne reitet eine kleine Gruppe, nicht mehr bewaffnet als gewöhnliche Reisende. Sie scheinen harmlos zu sein.«
    Ralph fragte schlechtgelaunt: »Sind es Leute aus dem Poitou?«
    Der Mann nickte. »Dann nehmt sie auf alle Fälle fest. Die Provinz besteht fast nur noch aus Rebellen!«
    Es war wirklich nur eine kleine Gruppe, die seine Männer da an-schleppten, ein Priester, der zu seinem Schutz von drei Knappen begleitet wurde. Ralph kratzte sich am Nacken. Verdammt, diese ständigen Märsche hatten ihm Flöhe eingebracht! Lohnte es sich, aus diesem Häuflein Gefangene zu machen?
    Dann fiel sein Blick auf die schlanke Gestalt eines der Knappen, und sein Atem stockte. Das war doch nicht möglich! Er kannte dieses bezwingende, vielbesungene Gesicht, kannte die Geste, mit der sie jetzt mit ihrem Handrücken über die Stirn fuhr, hatte sie jahrelang aus nächster Nähe erlebt. Das Blut dröhnte in seinen Ohren. Ralph faßte sich wieder.
    »Seid gegrüßt, Euer Gnaden«, sagte er gedehnt.
    Statt zu erschrecken, lächelte sie. »Ralph! Was für ein unerwartetes Vergnügen an diesem bezaubernden Abend. Ich muß sagen, es ist nicht sehr schmeichelhaft für mich, daß du dich erst jetzt erinnerst, mein Junge. Sehe ich so schrecklich aus? Aber nicht doch, du brauchst nicht niederzuknien.«
    Ralph, der

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