Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
er tonlos.
    Sein Gefolgsmann trat verlegen von einem Fuß auf den anderen.
    »Euer Gnaden, der König wurde in England im Triumph empfangen.
    Er verrichtete ein Dankesgebet in Canterbury - «
    »Natürlich«, murmelte John. »Bei Becket. Zwei heldenhafte Märtyrer zusammen. Ich wüßte gerne, ob das ihr Einfall war. Aber fahrt fort.«
    »Die Leute haben sogar behauptet, die Sonne scheine heller als gewöhnlich, als König Richard an Land ging, und am dreiundzwanzigsten März zog er in London ein. Er ging zu Fuß von der Themse bis zur Sankt-Pauls-Kathedrale, Eure Mutter an seiner Seite. Alle Eure Anhänger in England haben sich ihm und seinen Leuten ergeben, ohne zu kämpfen. Und als er nach Sherwood Forest kam…«
    »Es reicht«, schnitt ihm John das Wort ab. »Verschwindet jetzt und laßt mich allein.« Er starrte auf das unruhige Meer, das man von hier aus erkennen konnte, und schmeckte das Salz in der Luft. Wie lange würde es wohl dauern, bis Richard den Kanal überquerte, um sich die Normandie von Philippe wieder zu holen?
    Philippe hatte John nach dem Hoftag in Mainz eine Warnung geschickt: »Nehmt Euch in acht, der Teufel ist los.« Aber das war auch alles gewesen. Natürlich mußte sich Philippe jetzt auf den bevorstehenden Kampf mit Richard konzentrieren, dachte John zynisch, und er hatte in der letzten Zeit kein Glück mit seinen Verbündeten gehabt. Kaiser Heinrich beispielsweise hatte sich geweigert, dem König von Frankreich militärische Unterstützung zu gewähren, und befand sich statt dessen schon auf dem Marsch über die Alpen. Sizilien wartete auf ihn.
    Was John betraf, konnte er in den Augen seiner Männer die Überzeugung erkennen, daß er kein Gegner für einen ernsthaften Kampf mit Richard war. Und hatten sie nicht recht? Er hieb plötzlich auf das Fensterbrett ein. Er wußte es, wußte, daß er kein Soldat wie Richard war, doch er war überzeugt, ein besserer König sein zu können. Die Krone war sein Recht, seines ebenso wie Richards, noch mehr, wenn man bedachte, wen ihr Vater eigentlich als Nachfolger gewollt hatte.
    Er hatte so fest damit gerechnet…
    Und jetzt sah es so aus, als sei sein ganzer Umsturzversuch nicht erfolgreicher als ein Kinderstreich gewesen. Er hörte die einsamen Schreie der Möwen, hörte sein eigenes Urteil. Er ließ sich einige verzweifelte Pläne durch den Kopf gehen - eine Rebellion in Cornwall, ein Bündnis mit den walisischen Prinzen - doch im Grunde spürte er, daß ihm nur noch eines blieb.

    Das Haus des Erzdiakons in Lisieux war großzügig ausgestattet und hatte unter den Entbehrungen, die die Kirche im letzten Jahr durchmachen hatte müssen, nicht gelitten. Das Gemach, in dem Alienor untergebracht worden war, hatte eine bemalte Holztäfelung, üppige Vorhänge und Wandteppiche, die die Geräusche im unteren Stockwerk schluckten, wo immer noch Richards Ankunft auf dem Festland gefeiert wurde. Die Bürger von Lisieux hatten Richards Einzug in ihre Stadt mit einem Spottlied auf Philippe begleitet: Gott ist erschienen in seiner Macht
    Für den König von Frankreich wird es bald Nacht!

    Der unbekannte Einwohner von Lisieux, der die Königin zu sprechen gewünscht hatte, wurde von einer deutlich erschrockenen Kammerfrau hereingeführt. Als er die Kapuze abstreifte, verschwand der Schatten von seinem Gesicht, der ihn unkenntlich gemacht hatte.
    »Das bringt auch nur Ihr und Richard fertig«, sagte John, »die Auslösung eines Königs aus seiner schmählichen Gefangenschaft, in die er durch eigene Torheit und Arroganz geraten ist, in einen Triumphzug umzuwandeln. Wie viele von den Jubelchören sind denn bezahlt?«
    »Wie du weißt, habe ich mein Geld in Mainz aufgebraucht«, antwortete Alienor. »Was willst du?«

    »Eure Hilfe«, sagte John unumwunden. Er sah sich in den braunen Augen seiner Mutter widergespiegelt; eine winzige, dunkle Gestalt.
    Ihre Stimme verriet weder Abneigung noch Zuneigung: »Warum sollte ich dir wohl helfen?«
    »Weil das, was Ihr in Westminster zu mir gesagt habt«, entgegnete er, »immer noch wahr ist. Arthur ist ein Kind und ganz unter Philippes Einfluß, und Richard hat noch keinen Sohn. Er braucht einen geeigneten Erben und keinen toten Bruder, der ihn vom heldenhaften Gefangenen auf einmal in den Augen der Öffentlichkeit zum Verwandtenmörder stempeln würde.«
    Alienors Mund krümmte sich nach unten. »Du bist wenigstens kein Dummkopf, obwohl ich bei deinem Verhalten im letzten Jahr sehr daran gezweifelt habe. Warum um alles in

Weitere Kostenlose Bücher