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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Flocken, die sich sachte auf ihre Haube, auf den zobelgefütterten Umhang setzten und auf ihren Lippen schmolzen, störten sie nicht. Sie betrachtete gerade die Dächer der Stadt, die man von hier aus gut sehen konnte, als ein aufgeregter Walter de Coutances sie zurück in das Gebäude holte.
    Dort erwartete sie William Longchamp, die Antwort Albrecht von Meißens in der Hand. »Ich kann mich nicht erinnern, Euch gestattet zu haben, meine Briefe zu lesen«, sagte Alienor spöttisch.
    Longchamp hüstelte. »In diesem Fall, Euer Gnaden, wußte ich doch, worum es geht, und schnelles Handeln ist auch bitter notwendig. Albrecht berichtet, daß der Kaiser für den zweiten Februar eine neue Versammlung der Reichsfürsten angeordnet hat. Er hat ein weiteres Angebot für den König - von König Philippe und…«
    »Und John«, beendete sie.
    Longchamp nickte. »Verzeiht, wenn ich das sage, meine Königin, aber sie haben es wieder einmal geschafft. Sie bieten Heinrich an, ihm für jeden Monat, den er den König weiter gefangenhält, tausend Pfund Silber zu zahlen.«
    Der Erzbischof von Rouen machte seiner Empörung Luft. »Um einen König zu handeln wie um einen Sklaven auf dem Markt von Konstantinopel - das ist mehr als beschämend, das ist jedes Herrschers unwürdig und ein Skandal!«
    »Das ist die Wirklichkeit«, sagte Alienor erschöpft, »und ich kann das Lösegeld unmöglich noch weiter erhöhen. Wer weiß, wie lange der Kaiser dieses Spiel sonst noch fortsetzt. Ich muß mir etwas anderes einfallen lassen.«
    Sie nahm Albrecht von Meißens Brief und begann unbewußt, ihn immer kleiner zu falten, bis sie schließlich die Hand zusammenballte und ihn darin zerknüllte. »Laßt mich bitte jetzt allein.«

    »Nun«, sagte Heinrich VI. von Hohenstaufen, »Ihr seid gegen meine ausdrücklichen Anweisungen hier erschienen.« Seine farblosen Augen fixierten die zweiundsiebzigjährige Frau, die vor ihm stand.
    »Ich bin nicht Eure Vasallin«, entgegnete Alienor ruhig, »und es schien mir an der Zeit, daß wir beide uns unterhalten.« Sie löste ihren Mantel, übergab ihn einem der beiden Ritter, die sie als Leibwächter begleiteten, und nahm unaufgefordert Heinrich gegenüber Platz, der an einem Tisch in seinem Gemach vor einer großen Landkarte saß.
    »Wie reizend, Euch schließlich doch noch wiederzusehen. Das ist ein Vergnügen, auf das ich seit Rom kaum mehr zu hoffen gewagt hatte. Ich muß sagen, Ihr habt da ein sehr schönes Land. Nur schade, daß es so von Aufständen verwüstet ist, Euer Gnaden, nicht wahr?«

    Heinrich schaute ausdruckslos auf die Königin von England. Wie auch immer eine besorgte und zu allem entschlossene Mutter sich verhalten sollte, so benahm sie sich ganz bestimmt nicht.
    Mit einem Blick auf die Karte fuhr Alienor im Plauderton fort:
    »Sizilien, oder? Wenn Ihr das Erbe Eurer Gemahlin erobern wollt, Hoheit, dann seid Ihr auf schnelle Geldmittel angewiesen. Ich würde mich an Eurer Stelle nicht auf Philippes Zahlungen verlassen. Er hat genug mit der Interdiktsdrohung zu tun, und was meinen Sohn John betrifft, er verfügt über keinerlei nennenswerte Geldmittel. Warum sind wir nicht einfach alle nett zueinander, ich übergebe Euch das Lösegeld, Ihr übergebt mir Richard, und wir tauschen alle drei einen christlichen Friedenskuß aus?«
    Endlich sprach der Kaiser. »Meiner wohlüberlegten Meinung nach«, sagte er langsam, »ist mir so etwas wie Ihr noch nicht begegnet.«
    »Ich weiß«, erwiderte Alienor lässig. »Man erzählt mir das jedesmal, wenn man mich sieht.«
    »Ist Euch noch nie in den Sinn gekommen, daß ich auch Euch hier festhalten könnte, da Ihr Euch ohne meine Erlaubnis hierher gewagt habt?«
    Alienor lachte. »Und wer sollte wohl für mich Lösegeld zahlen?
    John? Nein, Euer Gnaden, dazu seid Ihr zu klug. Ihr könnt Euch doch denken, daß meine Leute Befehl haben, den Schatz in Sicherheit zu bringen, wenn mir etwas geschieht.«
    »Ihr vergeßt, daß Ihr Euch in meinem Land befindet.«
    »Oh, Ihr habt aber keine Gewalt über den Grund des Rheines, soweit ich mich erinnere.«
    Sie sahen einander an. Heinrich glaubte, daß sie tatsächlich imstande war, das ganze Gold und Silber in den Rhein werfen zu lassen. Diese Frau schon.
    Alienor fragte lächelnd: »Aber Euer Gnaden, wo bleibt die staufische Höflichkeit? Ihr könntet wenigstens sagen, daß Euch mein Kleid gefällt. Ich habe mich Euch zuliebe eigens weiß angezogen - die Farbe der Bittsteller… und der Opfer.«

    Der Kaiser ließ

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