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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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glücklich?«
    »Was für eine Frage«, versetzte sie leichthin, »wenn du dich bei den Franzosen erkundigst, dann wirst du erfahren, daß es für jedes Mädchen aus irgendeinem abgelegenen Herzogtum ein unverdienter Segen ist, in die königliche Familie einheiraten zu dürfen.«
    »Du weichst mir aus.«
    »Raymond, ich bin glücklich jetzt, auf dieser Reise. Lassen wir es dabei.«
    Nach einem unverfänglichen Thema suchend, begannen sie gleichzeitig: »Erinnerst du dich…« Das brachte sie zum Lachen, und Alienor sagte bedauernd: »Ich glaube, wir haben schon zu viele Erinnerungen ausgetauscht - der arme Louis schaute das letzte Mal drein, als habe er Zahnschmerzen.«
    »Vielleicht sorgte er sich auch wegen des Kreuzzugs.«

    »Vielleicht. Weiß Gott, es sieht schlecht aus«, bemerkte sie plötzlich zornig, »irgendwie tut es das immer bei Louis. Und am Ende vertraut er darauf, daß der Herr ihn rettet.«
    Alienor schwieg einen Moment. »Nein, ich bin ungerecht«, fügte sie dann reuig hinzu. »Louis hat immer und überall nur sein Bestes gegeben, und es ist nicht seine Schuld, daß er… weißt du, daß man versucht hat, mich zu vergiften, und er hat es noch nicht einmal bemerkt? Ich würde es ihm auch nie erzählen, er könnte damit nicht fertig werden.«
    Sie berichtete ihm von Suger und ihrem Verdacht, empfand unendliche Erleichterung, endlich mit jemandem, der sie nicht verraten würde, darüber sprechen zu können. »Und nun muß ich schon seit so vielen Jahren ständig zu einem Mann höflich sein, der möglicherweise meinen Vater und meinen Bruder auf dem Gewissen hat, möglicherweise auch mich ermorden wollte. Oh, ich weiß, daß es lebensnotwendig ist, nur manchmal, da glaube ich… ich kann nicht mehr.«
    Tränen glänzten in ihren Augen, lösten sich von ihren Wimpern.
    »Ich bin müde, Raymond, so müde.«
    Raymond umarmte sie und streifte mit seinem Mund ihre Stirn, doch sie hob plötzlich den Kopf, so daß ihre Lippen sich trafen. Das ganze Gespräch waren sie diesem Wunsch ausgewichen, und doch hatten sie es gewollt. Sie küßten sich hungrig und leidenschaftlich, und Raymond schmeckte das Salz der Tränen auf ihren Wangen. Da war ihre Haut, warm und zart, ihr Hals, an dem er seinen Kopf barg, ihre Arme, die sich um ihn schlangen.
    Raymond preßte sie an sich, und sie flüsterte: »Ich liebe dich, ich liebe dich, ich habe dich immer geliebt, Raymond, weißt du das nicht?«
    Er ließ sie jäh los und trat zurück. »Es ist unmöglich«, sagte er rauh, schwer atmend. »Du bist verheiratet, ich bin verheiratet, und dein Vater war mein Bruder!«
    Alienor schüttelte heftig den Kopf. »Glaubst du, das hätte ich vergessen? Aber es ist mir gleichgültig, Raymond, verstehst du, gleichgültig! Ich habe es satt, auf Gott und Louis Rücksicht zu nehmen.
    Sieh mich an und dann sag noch einmal, daß es unmöglich ist!«

    Statt einer Antwort küßte er sie erneut mit rücksichtsloser Wildheit, die nichts mehr von der vertrauten Zärtlichkeit hatte. Sie sanken zu Boden, auf die weiche südliche Erde, ihr ganzer Körper stand in Flammen, und unter dem Schatten eines Ölbaums lernte Alienor die Liebe kennen - die erste große Liebe ihres Lebens.
    Keiner von beiden wußte später, wieviel Zeit vergangen war. Er hielt sie im Arm, ihr Haar umhüllte sie beide. Alienor glaubte noch nie so glücklich gewesen zu sein.
    »…wie lange…«
    »… sag nichts, mein Herz. Ach, Alienor, als ich dich im Hafen neben ihm knien sah, wußte ich schon, daß ich mir nicht mehr länger vormachen konnte, du wärest immer noch wie eine kleine Schwester für mich - aber ich wollte es nicht wahrhaben.«
    »Ich habe in dir nie einen Bruder gesehen, Raymond, oder einen Onkel.«
    »Ich weiß; jetzt weiß ich es. Ich hätte es mir eher eingestehen sollen und nicht mit dir hierherkommen dürfen.«
    »Tut es dir leid?« fragte Alienor fassungslos und richtete sich auf.
    Er zog sie wieder zu sich herab.
    »Ja, aber anders, als du meinst. Es tut mir leid, weil mir jetzt klar geworden ist, wie sehr ich dich liebe, und daß es für uns beide nie eine Zukunft gibt. Es ist…« Bevor er wiederum ›unmöglich‹ sagen konnte, hatte sie ihn mit einem Kuß zum Schweigen gebracht.

    Louis ahnte, daß etwas geschehen war. Alienor hatte noch nie in ihrem Leben, auch nicht nach der Geburt ihrer Tochter, so strahlend gewirkt wie in diesen Tagen, so… so neu und erfüllt. Als er und seine Hauptleute sich mit Raymond trafen, um das weitere Vorgehen

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