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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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kann. Die Loyalität der Vasallen gilt in erster Linie ihr, und die Tatsache, daß Raymond de Poitiers Aquitanier ist, macht den Gehorsam gegenüber dem König auch nicht leichter.«
    Maurienne blickte zu den Sternen empor. »Sie hat ja eigentlich nicht so unrecht mit Jerusalem«, äußerte er unbehaglich, »es wäre wirklich besser, wenn wir erst gegen Edessa ziehen würden.«
    »Darum geht es nicht«, antwortete Thierry Galeran scharf, »sondern darum, daß sich hier eine Ehefrau ganz offen ihrem Gatten und eine Vasallin ihrem König widersetzt.«
    Der Tempelritter war einer der wenigen Anführer, die Alienors Charme nicht erlegen waren. Er haßte sie aus ganzem Herzen, haßte ihre sarkastische, überlegene unweibliche Art, haßte auch ihren schönen, lockenden Körper, dem keine Mühsal etwas anhaben konnte, besonders ihren Körper, denn Thierry Galeran war einst von den Moslems entmannt worden. »Es darf nicht geduldet werden«, wiederholte er jetzt. » Sind wir uns darüber einig, und habe ich Eure Unterstützung?«
    Der Graf de Maurienne seufzte. »Also schön. Meinetwegen.«
    Gemeinsam näherten sie sich Louis, der nun das samtige, schwarzblaue Meer betrachtete und dem stetigen Zirpen der Zikaden lauschte. So viel Schönheit gab es hier. So viel Zerstörung. Wie hatte sie ihm das nur antun können? Ihm klang noch immer ihre höhnische Stimme im Ohr: »… nach kanonischem Recht sind wir zu nahe verwandt.«
    »Mein Körnig«, sagte Thierry Galeran, »ich habe einen Vorschlag zu machen. Da die Königin seit Tagen auf ihrem Standpunkt beharrt, bleibt Euer Gnaden nichts anderes übrig, als Gewalt anzuwenden.
    Wir rüsten heimlich zum Aufbruch und ziehen in der Nacht ab. Dann bleibt ihr keine Wahl, als uns zu begleiten, und die Aquitanier werden ihr folgen.«
    Louis lachte bitter auf. »Keine Wahl? Ihr kennt sie nicht, Thierry.
    Sie würde lieber sterben, als sich zu irgend etwas zwingen zu lassen.«
    »Überlaßt das mir, Euer Gnaden«, sagte Thierry. »Ich schwöre Euch, morgen nacht wird unser Heer Antiochia verlassen… mit der Königin.«

    Den Aquitaniern wurde vorgespielt, der heimliche Aufbruch sei notwendig, um moslemische Spione zu täuschen. Natürlich hatten sie von dem Streit zwischen der Königin und dem König gehört - die Nachricht hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet -, doch wurde ihnen nicht nur versprochen, die Königin selbst sei einverstanden, nein, man schwor auch noch, der König habe es sich anders überlegt und sei nun auf dem Weg zu Kaiser Konrad.
    »Das überrascht mich nicht«, sagte Raoul de Vermandois, der vorsichtshalber auch nicht eingeweiht worden war. »Bei jedem Streit zwischen dem König und der Königin würde ich auf die Königin setzen, gelobt sei Gott.«
    Alienors Kammerfrauen sparte sich Thierry Galeran bis zuletzt auf. Weiß Gott, es würde dem Weibervolk und ganz besonders ihr nicht schaden, wenn sie keine Gelegenheit hatten, ihren eitlen Putz mitzunehmen! Am Abend, als alles bereit war, drang er dann in die Gemächer der Königin vor, wies die Frauen an, das Nötigste einzupacken, und stand dann vor einer erbosten Alienor.
    »Was hat das zu bedeuten?«
    »Ganz einfach, Euer Gnaden«, erwiderte er grimmig. »Wir reisen ab.«
    »Wenn Ihr Euch einbildet, ich…«
    »Ich bilde mir gar nichts ein«, sagte er, dann überrumpelte er sie, indem er sie packte, ihr die Arme auf den Rücken drehte und ihr seinen Dolch an die Kehle setzte. »Wir reisen ab«, flüsterte er ihr zu.
    »Tut genau das, was ich sage, Euer Gnaden. Mir macht es nicht das geringste aus, dafür bestraft zu werden, und sei es mit dem Tode, daß ich eine Dirne umbringe.«
    Sie glaubte ihm. Der Tempelritter war ein eiskalter Fanatiker, und es gab niemanden, der ihr helfen könnte, sich schnell genug zu befreien. Eines Tages, dachte sie. Eines Tages. Dann sagte sie laut:
    »Also gut. Ich werde gehen. Aber bringen wir es mit Würde hinter uns. Ich weigere mich, mit einem Messer an der Kehle auch nur einen Schritt zu tun. Ihr könnt«, endete sie, »es mir ja gegen den Rücken pressen.«
    Diejenigen ihrer Kammerfrauen, die das ganze hatten beobachten können, waren vor Schreck erstarrt, hatten aber nicht gewagt, einzugreifen. Jetzt trat Denise zögernd zu ihr. »Der Mantel, Euer Gnaden«, sagte sie leise.
    Galeran ließ sie los, und Alienor legte sich den Umhang um die Schultern. »Keine Sorge«, sagte sie zu dem Tempelritter lächelnd,
    »er ist nicht allzu dick.«
    Er wünschte, er könnte sie wirklich

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