Die Löwin von Aquitanien
umbringen. Dies sollte seine Stunde des Triumphes sein, und er hatte schon heftig bedauert, sie nicht im Bett mit ihrem Buhlen erwischt zu haben. Doch sie nicht im geringsten, wie er es sich ausgemalt hatte, verängstigt und gedemütigt zu sehen, sondern arrogant wie eh und je, zerstörte seinen Triumph, und er haßte sie um so glühender. »Gehen wir«, sagte er kurz.
Die Kreuzfahrer verließen Antiochia in der Nacht zum neunundzwanzigsten März. Ein halbes Jahr später befanden sie sich, gedemütigt und unverrichteterdinge, in der erniedrigenden Lage, König Roger von Sizilien um Hilfe anflehen zu müssen. Louis sah Jerusalem, doch sein Heer wurde durch kurze Überfälle der Moslems so dezimiert, daß er den Kreuzzug als militärische Expedition endgültig aufgeben mußte, was Konrad von Hohenstaufen noch vor ihm tat. Er konnte nicht mehr auf dem Landweg zurück, Verbündete hatte er auch keine mehr, also wandte er sich an den letzten Herrscher, der ihm noch blieb - Roger, Raymonds alter Feind.
König Roger zeigte sich überraschend wenig nachtragend und versprach einen Geleitzug, doch dauerte es Monate, bis er eintraf, Monate, in denen Alienor kein Wort mit Louis sprach und das Heer lauter und lauter über den ganzen sinnlosen Feldzug murrte. Schließlich kamen die Sizilianer, doch Alienor betrat noch nicht einmal dasselbe Boot wie Louis, sondern schiffte sich auf einem anderen Segler ein.
Als wären sie vom Unglück verfolgt, stieß die Flotte auf der Höhe von Malea auf alte Bekannte - Manuel Komnenos hatte einen Empfang vorbereitet, und es gelang den Byzantinern, das Schiff mit Alienor und ihrem Gefolge zu kapern. Doch die Normannen galten nicht umsonst als Seefahrer und Piraten; sie jagten den Griechen ihre Beute wieder ab. Das dauerte jedoch einige Zeit, Wochen, die Louis unruhig und voll schuldbewußter Ängste in Kalabrien verbrachte, bis er die Nachricht erhielt, Alienor sei wohlbehalten in Palermo eingetroffen.
Er reiste sofort zu ihr, und beide wurden huldvoll von Roger an seinem Hof willkommen geheißen. Er gab ihnen zu Ehren ein rauschendes Fest. Alienor sprach immer noch nicht mehr als nötig mit Louis, doch sie gab sich dem König Siziliens gegenüber äußerst liebenswürdig.
»Es freut mich, Euch so guter Laune zu sehen, meine Königin«, sagte der Normanne zu ihr, »besonders, wo Ihr doch erst vor kurzem einen solchen Schlag erfahren habt.«
»Oh, die Entführung war zu kurz, um ein Schlag zu sein«, entgegnete Alienor, »dank Eurer Hilfe war sie eher ein Abenteuer, und ein erheiterndes dazu, denn die Vorstellung, wie Manuel erfährt, daß er geprellt worden ist, amüsiert mich.«
»Ich sprach nicht von der Entführung«, sagte Roger überrascht,
»sondern von Eurem Verwandten, Raymond de Poitiers, dem Fürsten von Antiochien.«
Alienor wurde auf der Stelle aschfahl. »Was ist mit ihm?«
Der Normanne merkte, was er angerichtet hatte, und antwortete bestürzt: »Ich konnte nicht ahnen, daß Ihr es noch nicht wißt, ich dachte… aber selbstverständlich, bei all der Aufregung in der letzten Zeit kann es noch nicht zu Euch durchgedrungen sein…«
»Was ist mit Raymond geschehen?« unterbrach ihn Alienor.
Roger räusperte sich und sagte verlegen: »Er ist sehr ruhmreich als Held im Kampf gegen Nureddin gefallen. Ihr könnt stolz auf ihn sein. Sogar unter den Ungläubigen war er so berühmt und angesehen, daß der Kalif von Bagdad befahl, seinen Kopf zu ihm zu senden, als Erinnerung an einen großen Feind.« Er, dessen Untertanen zu einem beträchtlichen Teil Araber waren, sah das als Trost und fügte eilends hinzu: »Das ist eine Geste wirklicher Hochachtung, Königin.«
»Nein«, flüsterte Alienor, »nein.« Betäubt ließ sie sich von Louis ein paar Schritte fortführen, dann brach sie zusammen und schrie mit dem hohen Klagelaut, den die Druiden ihren Opfern entlockt haben mochten.
Alienor lag in einem Bett in der Benediktinerabtei von Monte Cassino und hörte teilnahmslos zu, wie ihr Gatte mit ihr sprach. Sie schaute ihn an, ohne ihn wirklich zu sehen.
»…mit mir zu reden«, endete Louis. Er war verzweifelt. Alienor war nie krank gewesen, selbst die Geburt von Marie oder ihre Fehlgeburt hatten ihrer Gesundheit nichts anhaben können, und das hatte zu dem Geschwätz beigetragen, daß sie aus einem Geschlecht von Feen stammte - was angesichts der Tatsache, daß Feen als böse Geister betrachtet wurden, kein Kompliment war.
Doch seit sie von Raymonds Tod erfahren hatte, war ihr
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