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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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genommen… Ich befehle Euch (…), den Mönchen alsbald ihr Land zurückzugeben. So daß ich in Zukunft keine Klagen mehr über Mangel an Recht und Gerechtigkeit hören muß; ich dulde nicht, daß sie Unrechtens Eigentum verlieren. Seid gegrüßt… et cetera, et cetera.«
    Die Feder des Schreibers kratzte eilfertig über das Pergament, als eine ihrer Kammerfrauen hereingestürzt kam. Unwillig über die Unterbrechung, fragte Alienor scharf: »Was gibt es?«
    »Oh, Euer Gnaden, Euer Gnaden, es ist der Prinz Guillaume! Er hat das Fieber…«
    Alienor war, als stünde ihre Schwester wieder vor ihr, damals in Poitiers. Aber das konnte, das durfte doch nicht sein, daß sich ein solches Ereignis wiederholte!
    Sie wachte tagelang neben ihrem dreijährigen Sohn, hörte die keuchenden Atemzüge und fühlte, wie sein Leben mit jeder Stunde mehr verrann. Oh, sie kannte die Nähe des Todes - doch während sie das sterbende Kind damals vor so vielen Jahren nur ein wenig bedauert hatte, war sie jetzt völlig ohnmächtig, spürte mit jeder Minute ein Messer im Herz. Ländereien, dachte sie erbittert, während sie Guillaumes Hand hielt, ich kann hervorragend um Ländereien kämpfen, aber nicht um das Leben meines eigenen Sohnes.

    Als der herbeigeholte Heiler sie schließlich sachte an der Schulter berührte und zu sagen wagte: »Es ist vorbei, Euer Gnaden, Gott möge seiner armen Seele Frieden geben«, sah sie ihn mit einem so mörderischen Blick an, daß er ein paar Schritte zurückwich.
    Doch er faßte sich wieder und wiederholte: »Bitte, Euer Gnaden, Ihr könnt jetzt doch nichts mehr für ihn tun, und…«
    »Hinaus!«
    »Euer Gnaden…«
    »Hinaus, sage ich! Laßt mich allein! Hinaus!«

    Am selben Tag, an dem Guillaume in Reading beerdigt wurde, nahm der nichtsahnende Henry eine weitere Kapitulation seines Bruders entgegen. »Mein lieber Geoff«, sagte er sarkastisch, »langsam werden deine Aufstände nicht nur lästig, sondern albern.«
    Er war längst nicht so ärgerlich wie bei früheren Gelegenheiten, was dem gedemütigten Geoff wieder etwas Auftrieb verlieh. »Was erwartest du von mir, Henry?« fragte er mürrisch.
    »Was glaubst du wohl? Ich möchte, daß du eine Erklärung unter-schreibst, in der du ein für allemal auf deine Ansprüche auf Anjou verzichtest. Nicht, daß ich etwas auf dein wertloses Wort gebe, aber es könnte sich für mich als nützlich erweisen.«
    »Wenn du dir einbildest«, brauste Geoff auf, »nur weil du mich besiegt hast, lasse ich mir von dir das letzte Hemd wegnehmen…«
    »Ich bilde mir überhaupt nichts ein.« Henry ließ seinen Panzer-handschuh langsam von einer Hand in die andere gleiten. »Weißt du, ich habe die Wahl, dich umzubringen oder dir irgend etwas zu geben, um mir weitere Belästigungen zu ersparen… und ich hoffe doch, daß du mich nicht zwingst, aus dir einen Märtyrer zu machen.«
    Geoff schluckte nervös, doch seine Gier war geweckt. »Was meinst du damit, was willst du mir geben?« Henry betrachtete ihn verächtlich. »So etwas bemerkst du sofort, nicht wahr? Nun, wie es sich trifft, Bruder Geoff, haben die Bürger von Nantes in der Bretagne einen Aufstand gegen ihren blutsaugerischen Grafen Hoel begonnen und mir eine dringende Bitte um Hilfe zukommen lassen. Rebellionen sollte man eigentlich nicht unterstützen, es könnte Schule machen. Doch als ich von dem Vorfall hörte, kamst du mir sofort in den Sinn. Kurzum, du wirst mich jetzt in die Bretagne begleiten, wir werden den törichten Hoel besiegen und anschließend den Bürgern beibringen, daß sie dich aus Dankbarkeit zu ihrem Herzog machen.
    Armes Volk!«
    »Aber«, stotterte Geoff, noch ganz benommen von dem jähen Umschwung der Dinge, »warum nimmst du dir die Bretagne nicht selbst?«
    »Bestimmt nicht aus Liebe zu dir«, sagte Henry eiskalt. »Zufälligerweise habe ich gerade einen Frieden mit Louis geschlossen, und wenn ich mir noch ein weiteres seiner Lehensgebiete aneigne, dann weiß ich nicht, wie lange dieser Frieden halten wird. Wenn mein Bruder es tut, von dem bekannt ist, daß er mit mir verfeindet ist, ist das etwas ganz anderes.«
    Seine Augen spiegelten kalte Berechnung wider. »Damit wir uns nicht mißverstehen, Geoff: Wenn du in der Bretagne nicht immer und jederzeit in meinem Sinn handelst, dann ist das ein Fehler, den du sehr schnell und nur kurz bereuen wirst.«

    Die neue Kirche von Fontevrault mit ihren mächtigen Kapitellen und den hohen Spitzbogenfenstern, den vier Kuppeln, durch die das Licht

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