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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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hätte er sie gehen lassen, und hätte sie auch noch so sehr darauf bestanden! Jetzt war er zum billigen Witz in allen Fürstenhöfen geworden - der König von Frankreich, der unfähig war, sein Land mit einem Erben zu versorgen.
    »Gehen wir«, sagte er abrupt. In Beckets undurchdringlichen Augen lag eine Spur Mitgefühl, als er erwiderte: »Wie Ihr wünscht, Euer Gnaden.«

    Henry betrachtete seine Gemahlin, die in der sommerlichen Hitze ein Bad nahm. Zwei ihrer Kammerfrauen hatten den Waschzuber mit kühlem Wasser gefüllt, und Alienor wirkte mit ihren dahintreibenden kupferfarbenen Haaren wie eine Nixe. Die Tatsache, daß man durch die Wasserspiegelung ihren schwangeren Leib nicht erkennen konnte, erhöhte noch die Illusion.
    »Da du die Blois’ gezwungen hast, dir als Lehnsherrn zu huldigen und dir Tribut zu zahlen, ist die Champagne uns sicher«, sagte Alienor und entspannte sich zufrieden in dem kühlenden Wasser. »Keine Angriffe mehr aus dieser Ecke, und außerdem ist die Champagne ein reiches, fruchtbares Land.« Henry nickte. »Ich wage zu behaupten, daß Louis daran denken wird, wenn er mit Thomas verhandelt! Was meinst du, wie lange wird Thomas brauchen, bis er Erfolg hat?«
    »Du zweifelst nie daran, daß er Erfolg hat, nicht wahr?« fragte Alienor zurück. Sie gab ihrer Dienerin ein Zeichen, mit den Handtüchern zu kommen.
    Henry schaute sie ein wenig verblüfft an. »Du magst ihn nicht sehr«, sagte er, sie aufmerksam musternd.
    Alienor warf ihr nasses Haar zurück. »Vielleicht. Ich weiß es wirklich nicht, Henry. Es ist nicht so, daß ich an seinen Fähigkeiten zweifle - er ist ein hervorragender Kanzler, und er wird bei Louis bestimmt Erfolg haben.«
    »Du kannst wohl den Gedanken nicht ertragen, daß es einen Mann bei Hofe gibt, der dir nicht zu Füßen liegt, mein Schatz«, zog sie Henry auf, und Alienor schnitt eine Grimasse.
    Das Geheimnisvolle, Unzugängliche an Thomas Becket, das viele ihrer Damen zur Verzweiflung brachte, hatte sie seltsamerweise nie gereizt, weil sie dahinter etwas spürte, was sie Henry nun zu erläutern versuchte. »Er kommt mir so«, sie zerbrach sich den Kopf nach einem angemessenen Wort, fand keines und sagte in Ermangelung eines besseren, »unecht vor.«
    Henry brach in lautes Gelächter aus, und sie warf ihm das Handtuch, das sie gerade hielt, ins Gesicht. »Ich weiß«, sagte sie verärgert,
    »du und ich lügen so leicht, wie wir atmen können, aber das meine ich nicht. Natürlich täuschen wir, aber wir beide leben gerne, wir genießen unser Dasein, und dein Freund Thomas tut genau dies nicht. Er macht sich und den anderen nur vor, es zu genießen.«
    Henry war ernst geworden. Er dachte darüber nach; seine Gemahlin war gewöhnlich eine der scharfsinnigsten Beobachterinnen, die er kannte, und er schätzte ihr Urteilsvermögen. Aber was sie da vor-brachte, war sowohl verstörend wie auch unmöglich. Er erinnerte sich an die Zeiten, wenn er und Thomas zur Jagd ausritten, nebeneinander galoppierend und das Feuer des Lebens in sich. Selbstverständlich war Thomas mit ganzem Herzen bei der Sache!
    »Mir kommt es vor«, erklärte Alienor, »als spiele er nur eine Rolle, als suche er noch nach einem echten Daseinszweck. Und er spielt diese Rolle mit einer solchen Vollkommenheit, daß mich der Gedanke beunruhigt, was er erst fertigbringen wird, wenn er seinen Daseinszweck gefunden hat!«
    Henry bedeutete der Kammerfrau zu verschwinden, trat hinter Alienor und bildete mit dem Handtuch eine Schlinge um ihren Hals.
    »Du bist eifersüchtig, Geliebte, das ist alles«, sagte er und zog sie an sich.
    »Eifersüchtig?« Alienors Augen blitzten. »Henry Plantagenet, du bist der eingebildetste Mann, der mir je untergekommen ist. Du glaubst wohl, ich sähe alles und jeden nur in bezug auf dich?«
    »Nur«, sagte Henry und landete im Waschzuber. Prustend gab er zurück: »Hol’s der Teufel, Weib, du nutzt deine Schwangerschaft schamlos aus. Warte nur, bis ich mich rächen kann!«
    »Rächen?« fragte Alienor unschuldig. »An einer hilflosen, zarten Frau? Und was würdest du dann tun, du Held?«
    Henry entstieg ihrem Badetrog wie Neptun den Wellen. »Ich denke, ich sehe da ein, zwei Möglichkeiten.«
    »Henry«, sagte Alienor mit gespieltem Entsetzen, »heute ist Sonntag.«
    »Ich bin sicher, der Herr versteht es und nimmt es uns nicht übel.«

    Als sein Kanzler in Le Mans eintraf, hatte Henry gerade eine unerwartete, aber folgenreiche Botschaft erreicht. Sein Bruder Geoff hatte

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