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Die Loewin von Mogador

Die Loewin von Mogador

Titel: Die Loewin von Mogador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Drosten
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zu Sibylla gehen und sagen: „Liebste,
hast du etwas dagegen, dass der Sultan mir eine verführerische junge Frau aus
seinem Harem ins Bett gelegt hat?“ Qasr el Bahia war das Paradies, das er mit
Sibylla teilen wollte, nur mit ihr!
    Auch Feradge war verzweifelt. „Was haben Sie
denn an ihr auszusetzen, Sayyid? Sie hat die Gestalt einer Gazelle. Nicht das
kleinste Mal werden Sie auf ihrer Haut finden. Ihr Haar ist weich wie Seide,
ihre Zähne gleichen Perlen auf einer Schnur, ihr Mund ist süßer als Honig, und
ich schwöre euch bei Allah und meinem Leben, dass sie unberührt ist. Nicht
einmal der Sultan hat diese Rose gebrochen!“
    „Großartig – ich werde sie auch nicht
brechen, weil ich sie noch heute zurückschicken werde!“, rief André verärgert.
    Feradge riss sich den Turban vom Kopf und
zerraufte sich das krause Haar. „Verstehen Sie denn nicht, Sayyid, Sie können
sie nicht zurückschicken! Sie wäre entehrt, Seine Kaiserliche Majestät würde
sie töten lassen!“
    „Merde!! Putain bordel de merde!“ André
ballte die Fäuste. Aber auch wenn er die schlimmsten Flüche ausstieß, die er
kannte, änderte das nicht das Geringste daran, dass er in einer schrecklichen
Falle saß. „Gibt es denn gar keine Möglichkeit?“, wandte er sich fast
flehentlich an den Eunuchen.
    Feradge seufzte tief. „Ich will es Ihnen
erklären, Monsieur Rouston, auch wenn seine Kaiserliche Majestät mich dafür
seinen Löwen vorwerfen wird… Aynur ist ohne Zweifel eine der schönsten Rosen im
Garten des Sultans. Aber jede Rose hat Dornen, und die von Aynur sind besonders
spitz.“ Er blickte in die Richtung, in die die junge Berberfrau verschwunden
war, und fuhr fort: „Aynurs Vater ist reicher als der Sultan. Von seiner
Festung Aghmat aus kontrolliert er die einzige Karawanenstraße, die von der
Sahara nach Marrakesch führt. Seine Kaiserliche Majestät der Sultan – möge
Allah ihm ein langes Leben schenken – weiß, dass der Glaoua-Scheich nach Macht
giert. Deshalb hat er ihn gezwungen, Aynur und ihre Geschwister am Hof erziehen
zu lassen. Solange er die Kinder hat, zettelt der Glaoua keinen Aufstand an.
Aber Aynur ist ihm längst eine Last, denn sie ist unbeugsam wie eine Korkeiche
und verweigerte sich Seiner Majestät, als er sie besitzen wollte. Wenn Sie sie
zurückschicken, wird er sie töten.“
    Hinter Andrés Stirn hämmerte ein stechender
Schmerz. Er fühlte sich, als würde der Boden sich unter ihm auftun und das
mitreißen, was er am meisten erträumt hatte: Ein gemeinsames Leben mit Sibylla
auf Qasr el Bahia.
    Feradge betrachtete ihn mitleidig. „Lassen
Sie sie eine Weile hier“, sagte er leise. „Und wenn Sie sie dann immer noch
nicht behalten wollen, schicken Sie sie zu ihrer Familie zurück.“
     
    Anfang August stand André auf einem der neu
angelegten Felder und blickte über sein Land. Am Südhang warteten mehrere
terrassenförmige Areale darauf, bestellt zu werden. Orangenbaumsetzlinge würde
er erst im nächsten Frühjahr pflanzen. Doch die Knollen des Safrankrokus, die
sein Freund Udad bin Aziki ihm schicken lassen wollte, konnte er schon bald in
die Erde setzen.
    Morgen in aller Frühe würden die Handwerker
des Sultans Qasr el Bahia verlassen. Nur ein Gärtner, ein Koch und ein
Stallbursche blieben hier und waren vorerst seine einzigen Bediensteten. Mit
Hilfe der Handwerker hatte André das halb verfallene und verwilderte Wochenendpalais
Abd Er Rahmans in ein halbwegs bewohnbares Anwesen verwandelt. Immer noch blieb
viel zu tun. Aber die Dächer waren neu gedeckt, die Ställe instand gesetzt,
gebrochene Tür- und Fensterangeln ersetzt, kaputte Wandfliesen und Bodenmosaike
ausgetauscht und die Feuerplätze gesäubert.
    Sechs Wochen hatten sie von früh bis spät
geschuftet. Sechs Wochen ohne Sibylla. André konnte es kaum erwarten, sie
wiederzusehen. Morgen früh würde er endlich wieder nach Mogador reiten, und am
Nachmittag würde er sie in seine Arme schließen.
    „Ihr wünscht mich zu sprechen?“ Die Dienerin
des Berbermädchens stand hinter ihm. Er räusperte sich. Er hatte „sein
Geschenk“ während der letzten sechs Wochen gemieden. Aynur hatte sich mit ihrer
Dienerin in die ehemaligen Haremsräume zurückgezogen, aber er hatte sie dort
nicht ein einziges Mal besucht. Ganz zu Anfang hatte er sich bei Feradge
erkundigt, ob die beiden Frauen alles hatten, was sie brauchten, und als der
Leibeunuch mit Trauermiene genickt hatte, hatte er Aynur aus seinen Gedanken
verbannt.
    „Pack

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