Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Loewin von Mogador

Die Loewin von Mogador

Titel: Die Loewin von Mogador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Drosten
Vom Netzwerk:
den Atlantik überquert.“
    Die Nasenflügel des Kaids zuckten wie bei
einem Bluthund, der Witterung aufgenommen hatte. Agadir, die einzige
marokkanische Küstenstadt südlich von Mogador, fiel aus. Der Sultan hatte den
dortigen Hafen schon vor Jahren geschlossen, um den aufsässigen und
machthungrigen Bewohnern der Stadt eine Lektion zu erteilen, und nach Agadir
begann das endlose bis an den Ozean reichende Sandmeer der Sahara.
    „Welche Fracht würde ein Schiff wie die Queen
Charlotte an der Küste der Sahara an Bord nehmen?“, fragte Hash Hash und
blickte den Hafenmeister gespannt an.
    „Keine“, erwiderte Philipps verständnislos.
„Dort gibt es nicht einmal vernünftige Häfen. Wenn die Queen noch weiter nach
Süden fährt, nach Guinea oder an die Goldküste, würde ich sagen, sie lädt
Sklaven. Aber warum fragen Sie, Exzellenz?“
    „Nur weil es mich interessiert, Philipps, nur
weil es mich interessiert.“ Kaid Hash Hash verschränkte seine Hände hinter dem
Rücken und blickte aufs Meer. Die Queen Charlotte hatte die enge Hafenausfahrt
hinter sich gelassen. Möwen kreisten über ihren Masten. Ihre Segel blähten sich
im Wind, während ihr spitz zulaufender Bug langsam nach Süden drehte.
    Allmählich passt alles zusammen, dachte der
Statthalter befriedigt. Die diskreten Treffen zwischen dem Kapitän der Queen
Charlotte, Hopkins und dem Hebräer Toledano, das nur halb beladene Schiff, das
wenig später den Hafen verließ, und die wertvollen Besitztümer, die der protzerische
Engländer anhäufte – zuletzt eine seltsame Schale mit vergoldeten Löwenfüßen,
die er als Badewanne bezeichnete.
    Hopkins musste Einnahmen erzielen, die er
weder versteuerte noch verzollte. Nur, worum es dabei ging, hatte Kaid Hash
Hash nicht herausgefunden, bis die Bemerkung seines Hafenmeisters ihm den
entscheidenden Hinweis lieferte: Sklavenhandel.
    Nicht dass der Kaid etwas gegen den
Sklavenhandel einzuwenden hatte. Er hätte sogar mit sich reden lassen, wenn ein
Ungläubiger mit Sklaven handeln wollte. Aber wenn dieser Ungläubige dachte,
alle Gewinne an ihm und Seiner erhabenen Majestät Sultan Moulay Abd Er Rahman
vorbeischmuggeln zu können, hörte der Spaß auf! Und der verfluchte Hebräer,
über den Seine Majestät stets seine schützende Hand gehalten hatte, steckte mit
dem Christen unter einer Decke!
    Hash Hash bebte vor Erregung, wenn er daran
dachte, wie er den prahlerischen Engländer gefangen nehmen würde, damit er in
den Verliesen der Kasbah mit einigen seiner ausgesuchtesten Folterinstrumente
Bekanntschaft schloss! Doch dann erinnerte er sich wieder, dass Hopkins
Ausländer war, ein Englizy, Untertan einer mächtigen Königin, die die halbe
Welt beherrschte. Wenn er einen ihrer Bürger zu hart anfasste, würde er
wahrscheinlich den Zorn dieser Königin auf Marokko ziehen. Und dann fiele er
bei Seiner Majestät in Ungnade. Der Sultan achtete nämlich sehr darauf, weder
die englische Königin noch die anderen Herrscher Europas zu verärgern. Marokko
sollte es nicht ergehen wie Algerien, das nur noch ein unwürdiger Vasall der
Franzosen war!
    Nein, dachte der Kaid und schüttelte betrübt
den Kopf. Den Engländer musste er dem Sultan überlassen. Aber den
verräterischen Hebräer durfte er sich vornehmen! Er wandte sich dem
Hafenmeister zu, der neben ihm stand und auf weitere Befehle wartete.
    „Kommen Sie diese Woche zum Palast, um eine
Shisha mit mir zu teilen!“, befahl er dem verwirrt blinzelnden Hafenmeister.
„Ich bin sehr zufrieden mit Ihrer Treue zu Seiner allergnädigsten Majestät. Sie
haben bedacht, dass ein Ungläubiger niemals größer werden darf als die wahren
Kinder Allahs!“
     
    André Rouston beugte sich zu dem Araberjungen
und reichte ihm einen Korb mit süß duftenden Orangen. „Die gibst du nur der
englischen Mistress, nicht dem Koch und auch keinem der Hausmädchen, hast du
das verstanden?“
    „Ja, Herr!“ Der Junge blickte ihn treuherzig
an.
    „Und was wirst du der Mistress sagen, wenn du
ihr die Orangen überbringst?“
    „Dass sie zur Zeit des Mittagsgebetes zu dem
Ort kommen soll, von dem der Faransawi
ihr erzählt hat“, wiederholte der Junge.
    Rouston lächelte zufrieden. „Sehr gut!“ Er
öffnete den Lederbeutel, der an seinem Gürtel hing, zählte ein paar Münzen ab
und gab sie dem Kleinen, der sie mit einem glücklichen Lächeln in den Falten
seines Turbans verschwinden ließ.
    „Jetzt lauf! Ich warte hier. Wenn du mir
berichten kannst, dass du die Herrin

Weitere Kostenlose Bücher