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Die Löwin

Die Löwin

Titel: Die Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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worden war. Als selbständiger Condottiere war der Mann ein noch unbeschriebenes Blatt, aber man musste ihn als Schüler des berühmten Alberico di Barbitano auf der Rechnung haben. Attendolo, den seine Freunde Muzio nennen durften, war ein etwas über mittelgroßer, breitschultriger Mann mit enormen Körperkräften und dem Blick eines Falken, der am Himmel schwebend den Boden nach Beute absucht. Legrellis Informationen zufolge war er im Begriff, eine Condotta mit der Stadt Perugia abzuschließen, und somit ein potenzieller Feind.
    Der lang aufgeschossene, beinahe dürr wirkende Henry Hawkwood, der in einem lächerlichen Beinkleid aus Wildleder und einem Wams aus bedrucktem flandrischen Stoff neben Attendolo saß, konnte Legrellis Plänen nicht minder gefährlich werden, denn dieser verhandelte ebenfalls mit den Gegnern Gian Galeazzo Viscontis, des Herzogs von Mailand, und hatte erfahren, was offiziell noch nicht bekannt werden sollte: er, Battista Legrelli, war heimlich in die Dienste des Mailänders getreten. Als entfernter Verwandter der Visconti vertraute er darauf, dass Gian Galeazzo sein Versprechen einlösen würde, das Amt des Podesta von Mentone, welches ihm von den Bürgern der Stadt für ein Jahr übertragen worden war, in ein erbliches Lehen zu verwandeln und ihn zum Capitano del Popolo auf Lebenszeit zu machen. Es bereitete ihm keine schlaflosen Nächte, dass er seine künftigen Untertanen mit diesem Schachzug betrog, denn ihm ging es um seinen Erfolg. Um sein Ziel zu erreichen, musste er die Condottieri an seinem Tisch jedoch dazu bringen, sich nicht gegen Mailand zu stellen. Hawkwood würde er zum Umschwenken bewegen können, dessen war er sich sicher, und um Perino di Tortona brauchte er sich nicht mehr zu bemühen, denn dieser hatte bereits einen Soldvertrag mit dem Herzog von Mailand abgeschlossen und trug als Einziger Silber, Blau und Rot, die Farben der Visconti.
    Ugolino Malatesta, der zu seiner Linken saß, hatte sich offensichtlich noch nicht entschieden, würde sich aber an dem Mann orientieren, den Legrelli – koste es, was es wolle – auf die eigene Seite bringen musste. Bei diesem handelte es sich um den Ältesten unter den versammelten Condottieri. Seine hohe, breite Gestalt verriet die Kraft eines Ochsen, aber sein schmales Gesicht mit der Adlernase und den wachsamen Augen warnten jeden, der nachzudenken wusste, ihn nicht zu unterschätzen. Francesco di Monte Elde eilte der Ruf voraus, noch niemals eine Schlacht verloren zu haben, und wenn der Mann sich offen auf die Seite Mailands stellte, würden die meisten Condottieri diesem Beispiel folgen. Dann würden die Kriegszüge gegen Perugia, Florenz und einige andere, nicht ganz so bedeutende Städte, die der Herzog von Mailand plante, nur noch Spaziergänge sein.
    Zu seinem nicht geringen Ärger zeigte sich Monte Elde, der mit seinem Sohn Giacomo und seinem Neffen Fabrizio Borelli erschienen war, bislang nicht gewillt, auf seine Angebote einzugehen. Das war wohl eine Folge seiner Herkunft. Monte Elde war Deutscher und schien den Starrsinn seines Volkes in besonders hohem Maße geerbt zu haben. Dabei hatte er sich schon lange in Italien eingelebt und seinen für südliche Zungen unaussprechlichen Namen Eldenberg mit Erlaubnis Seiner Heiligkeit des Papstes, in dessen Diensten er lange Jahre gestanden hatte, in die italienisierte Form Monte Elde umgewandelt.
    Battista Legrelli wäre froh gewesen, Monte Elde weiterhin in päpstlichen Diensten stehen zu sehen, denn dann würde er Gian Galeazzo Visconti vorerst noch keine Probleme bereiten. Doch der Deutsche hatte den Kirchenstaat überraschenderweise verlassen und vor kurzem einen Vertrag mit der Stadt Pisa abgeschlossen. Legrellis Zuträger hatten ihm jedoch berichtet, dieser Vertrag sei nur ein Vorwand, um Mailand zu täuschen. Der wahre Auftraggeber Monte Eldes sei Arnoldo Caetani, Herzog von Molterossa und Haupt der Allianz, die sich gegen die Expansionsbestrebungen Mailands zusammengefunden hatte.
    Caetani plante, Monte Elde als Capitano-General seine eigenen Truppen und die des gesamten Bundes führen zu lassen, und das würde der Gegenseite größeren Auftrieb geben, als es dem Herzog von Mailand lieb sein konnte. Schließlich nannte man den Deutschen nicht zu Unrecht Francesco il Ferreo – den Eisernen Francesco – und seine Truppe, die aus etwa dreihundert Lanzen bestand, die Eiserne Kompanie. Mit dieser Macht im Hintergrund würde der Herzog von Molterossa weitere Verbündete

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