Die Löwin
worden.«
»Dann hat Euer Freund Euch wohl auch mitgeteilt, dass die beiden Kinder meines Bruders ebenfalls der Seuche erlegen sind.« Ein Feind hätte diese Nachricht mitfühlender übermittelt als der Legat, doch dieser hatte nur eines im Sinn, nämlich eine Bresche in die Mauer zu schlagen, die das Herz seines Vaters umgab.
»Nein! Oh, mein Gott!« Der Marchese schlug die Hände vor das Gesicht und kämpfte mit den Tränen. Auch wenn sein ältester Sohn nicht – wie von ihm erhofft – ebenfalls auf die Seite des Visconti gewechselt war, so hatte er doch erwartet, Luciano und dessen Söhne in besseren Zeiten wieder an seine Brust drücken zu können. Sie alle tot zu wissen erschütterte ihn nun doch.
Lorenzo da Polenta aber hatte noch nicht alle Geschütze aufgefahren. »Mein Bastard, den ich nach Euch benannt habe, lebt ebenfalls nicht mehr. Es wäre gnädiger gewesen, die Seuche hätte auch ihn dahingerafft, doch ein Dolch setzte seinem Leben in einem übel beleumundeten Haus ein Ende. Nun bin ich froh, ihm nicht den Namen unserer Sippe gegeben zu haben, denn so konnte ich seinen Tod hinnehmen wie den eines Fremden.«
So ganz nahm der Marchese seinem Sohn diese Behauptung nicht ab, denn Lorenzos Stimme schwankte verräterisch und er rieb sich mit seiner rechten Hand, die ein roter, goldgesäumter Handschuh zierte, über die Augen.
»So verdorrt also meine Sippe wie ein alter Baum – es sei denn, du setzt noch einmal einen Sohn in die Welt.« Der Marchese blickte seinen Sohn auffordernd an, doch der hob abwehrend die Hand.
»Ich habe die fünfzig bereits überschritten, mein Herr, und neige mehr einem guten Braten zu als einem Weib. Der Gedanke, mein Amt aufgeben und mir eine Gemahlin zulegen zu müssen, erfüllt mich mit Grausen. Außerdem seid Ihr nicht ganz ohne Nachkommen. Es existiert immer noch ein sehr kräftiges Reis am Stamm der da Polenta di Olivaldi, nämlich die Tochter meiner Schwester Margerita. Ich verstehe nicht, weshalb Ihr Euch auf die Seite von Männern stellt, die offen erklären, die Ehre unserer Familie in den Schmutz treten zu wollen.« Der Legat hatte seine Stimme ausgezeichnet unter Kontrolle. Klang sie in einem Augenblick verständnisvoll, nahm sie einen Herzschlag später einen scharfen Ton an, der den alten Herrn sichtlich traf.
»Ich habe verboten, dass der Name deiner Schwester in meiner Gegenwart je wieder ausgesprochen wird. Du bist der Erste, der dagegen zu verstoßen wagt!« Olivaldis Stimme klang kraftlos, als würde sein Widerstand schwinden.
Sein Sohn spürte es und stieß nach. »Wenn Ugolino Malatesta und insbesondere diesem Borelli, dem Mörder meines Schwagers und meines Neffen, nicht Einhalt geboten wird, werdet Ihr den Namen Eurer Enkelin öfter hören, als Euch lieb ist! Es wird nicht mehr lange dauern, bis die Eiserne Kompanie in ihrer letzten Schlacht untergegangen ist, und dann werden sich diese beiden Schufte all dessen rühmen, was sie Caterina di Monte Elde angetan haben.«
Lorenzo da Polenta rührte an einer Wunde, die den alten Herrn durchaus schmerzte. Auch wenn er sich schon tausendmal gesagt hatte, dass diese Deutsche nicht seine Enkelin war, da er ihre Mutter offiziell verstoßen hatte, so floss doch sein Blut in den Adern dieses Mädchens, und alles, was Caterina di Monte Elde angetan wurde, beschmutzte seine Ehre. Er dachte an die Erfolge, die dieses junge Ding bereits erworben hatte. Kein Condottiere würde sich solcher Taten schämen müssen, und Olivaldi spürte, wie er gegen seinen Willen Stolz auf seine Enkelin empfand, und er wollte jene zerschmettert sehen, die sie zu verderben trachteten.
Der Legat sah mit scheinbar gleichmütiger Miene zu, wie es im Gesicht seines Vaters arbeitete, und spielte den nächsten Trumpf aus. »Seine Heiligkeit ist bereit, Euch in jeder Form Genugtuung zu gewähren, mein Vater. Er sichert Euch Eure bisherigen Lehen als unantastbaren Erbbesitz zu und will Euch mit einer weiteren Herrschaft in Lazio, Umbrien oder den Marken belehnen, um Euch Ehre zu erweisen.«
»Und was habe ich davon? Da du keine Söhne mehr zeugen willst, gibt es niemand, der meinen Besitz nach meinem Tod erbt und die Sippe weiterführt!«, antwortete der Marchese mit bitterem Spott.
»Caterina da Polenta di Monte Elde ist Eure Erbin! Es gilt als sicher, dass sie eine vorteilhafte Ehe eingehen und Euch schon bald den ersten Urenkel schenken wird. Wie es heißt, soll Amadeo Caetani, der Neffe und Erbe des Herzogs von Molterossa, eine
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