Die Löwin
etlichen anderen stolzen Städten aufziehen. Auch Rividello hatte nach dem Abzug der Eisernen Kompanie seine Freiheit nur noch ein knappes Jahr lang behaupten können.
Caterina ahnte, worüber Arnoldo Caetani nachsann, doch sie hatte kein tröstendes Wort für ihn und kannte keine Hoffnung, an die er sich noch hätte klammern können. Das Schicksal Molterossas war besiegelt – und damit auch ihres. Nachdem es Visconti gelungen war, Florenz bis auf einen winzigen Streifen Land zu umschließen, würde er als Nächstes gegen die Arno-Stadt vorrücken. An das kleine Ärgernis, welches Arnoldo Caetani und die Eiserne Kompanie für ihn darstellten, würde er wohl kaum einen Gedanken verschwenden, sondern dessen Beseitigung den Condottieri überlassen, die er beim Aufmarsch gegen Florenz vorerst noch nicht benötigte. Es grenzte bereits an ein Wunder, dass er nicht schon früher zugeschlagen hatte. Für ein kleines Scharmützel war Molterossa ihm wohl doch zu gut gerüstet, und er wusste genauso wie die hier Versammelten, dass die Zeit für ihn arbeitete. Caetani stellte mit seiner eigenen Garde und Caterinas Söldnern einen langsam schwindenden Machtfaktor dar, den hauptsächlich die Zahlungen der Freunde Venedigs am Leben erhalten hatten. Was Gian Galeazzo wahrscheinlich nicht wusste, war die Tatsache, dass inzwischen auch Rom dem Herzog von Molterossa half, seine Truppen zu erhalten, und Florenz hatte erst vor kurzem mehrere tausend Fiorini geschickt. Mit diesen Geldern konnte Arnoldo Caetani seine Truppen besolden und verköstigen, aber ohne neue Verbündete würde diese Armee das unvermeidliche Ende nicht verhindern können, sondern es nur mit dem Mantel des Ruhmes bedecken.
»Es ist alles vorbei! Gian Galeazzo Visconti wird seinen Marsch auf Florenz und Rom antreten, ohne sich im Geringsten von uns stören zu lassen.« Arnoldo Caetani kämpfte mit den Tränen, die ihm seine Hilflosigkeit in die Augen trieb, winkte einen Diener zu sich und ließ sich einen Weinpokal reichen. »Trinkt, Freunde! Jeder Becher, den wir zu uns nehmen, bleibt unseren Feinden bei ihrer Siegesfeier verwehrt.«
»Habt Ihr deswegen mehrere Weinfässer in unser Lager bringen lassen?«, wollte Caterina wissen. Als der Herzog nickte, hieb sie wütend auf ihre Stuhllehne. »Das war falsch! Ganz und gar falsch! Wenn die Söldner sich betrinken, können sie außer Kontrolle geraten und stellen eine größere Gefahr für Eure Stadt dar als die Visconti-Truppen.«
»Die Capitana hat Recht!« Steifnacken stimmte ihr vorbehaltlos zu und klärte Caetani beinahe so wortreich wie ein Italiener über all die Gräuel auf, die entfesselte Söldner an anderen Orten verübt hatten. Seine zornige Rede konnte Caterina, die ihren treuen Unteranführer scharf beobachtete, nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser nicht mehr derselbe war wie an jenem Tag, an dem sie das Lager der Eisernen Kompanie betreten hatte. Er war in Malle verliebt gewesen, und ihr Tod wie auch der seines besten Freundes Friedel hatten ihm viel seiner stoischen Ruhe und Zuversicht geraubt. Auch war die Aussichtslosigkeit des bevorstehenden Kampfes nicht dazu angetan, ihm sein inneres Gleichgewicht zurückzugeben.
Arnoldo Caetani winkte ab. »Es ist doch egal, wer die Gräuel verübt. Dieser verdammte Malatesta hat überall verbreiten lassen, dass er in Molterossa keine Gnade walten lassen wird. Sobald er in mein kleines Reich einrückt, sind Frauen und Mädchen Freiwild für seine Schufte, und er wird jeden Mann abschlachten lassen, den er außerhalb unserer Mauern antrifft. Gäbe es eine Möglichkeit, meine Untertanen fortzuschaffen, würde ich mit ihnen auf und davon gehen und dem Mailänder mein leeres Land überlassen. Doch Molterossa ist auf mehrere Tagesreisen von Visconti-Land umgeben, und Gian Galeazzos Condottieri lassen ihre Söldner auf jeden Menschen Jagd machen, der unser Ländchen verlässt, ganz gleich, ob es ein Bote von mir ist oder ein Flüchtling. Wir sind abgeschnitten und haben keinerlei Hilfe mehr zu erwarten.«
Bianca fuhr auf. »Wer den Dolch zu früh fortwirft, braucht sich nicht zu wundern, wenn andere ihn niederstechen. Fasst Mut, Euer Gnaden! Noch stehen die Mauern Eurer Burg unerschüttert und die Eiserne Kompanie wird Euch treu bleiben bis zum letzten Mann. Malatesta und Borelli haben mich und die Capitana entführt und uns Schreckliches antun wollen. Das haben unsere braven Schwaben und Flamen den beiden nicht vergessen!«
Ihr temperamentvoller Appell
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