Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Löwin

Die Löwin

Titel: Die Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
Verbindung mit ihr anstreben. Diese Vermählung würde zwei edle Familien des Patrimonium Petri vereinen.«
    Der Sohn des Marchese traf mit diesem Vorschlag ins Schwarze. Arnoldo Caetani war ein alter Freund seines Vaters gewesen, bis die Umstände den einen zu einem Anhänger Gian Galeazzo Viscontis und den anderen zu dessen erbittertsten Feind hatten werden lassen. Da Polenta erinnerte sich nur zu gut daran, dass er und der Herzog von Molterossa bereits einmal ein Eheprojekt vereinbart hatten, und zwar zwischen dessen Sohn, der nicht lange nach dem Scheitern jener Pläne durch eine heimtückische Krankheit dahingerafft worden war, und seiner Tochter Margerita. Diese aber hatte sich der Vermählung mit dem Erben von Molterossa entzogen und war mit einem Tedesco davongelaufen, so dass er, Leonello da Polenta, vor aller Welt das Gesicht verloren hatte.
    Der Legat spürte, dass sein Vater weich zu werden begann, und setzte zum letzten Sturm auf dessen innere Festung an. »Denkt an die Zukunft! Denkt über Gian Galeazzo Visconti hinaus! Der Herzog der Lombardei ist ein machtbewusster, aber auch weitsichtiger Mann, der das Spiel der politischen Kräfte kennt und weiß, wie weit er gehen kann. Aber was ist mit seinem Erben? Wie wird dieser einmal herrschen?«
    Leonello da Polenta machte ein Gesicht, als hätte sein Sohn ihn in der Öffentlichkeit geohrfeigt. Auch wenn er bezweifelte, dass die Gerüchte Rom bereits erreicht hatten, so hatte es den Anschein, als wisse der Legat von jenen Vorkommnissen in Mailand, aufgrund derer er, der Marchese Olivaldi, wie ein Dieb in der Nacht aus der Stadt hatte fliehen müssen. Dabei hatte er es nur gewagt, den Lebenswandel Giovanni Marias, des ältesten legitimen Sohnes des Herzogs, mit ein paar deutlichen Worten anzuprangern. Wenn er daran dachte, dass dieser gegen jedermann hochfahrende, zügellose Jüngling seinem Vater auf den Thron folgen würde, grauste es ihm vor der Zukunft. Und doch war er nicht bereit, sein Knie vor einem Papst zu beugen, der sein Vertrauen so stark enttäuscht hatte.
    Jahrelange Selbstdisziplin machte es ihm möglich, sein aufgewühltes Inneres wieder in den Griff zu bekommen und eine herablassende Miene aufzusetzen. »Ich danke dir für deinen Besuch, Lorenzo! Doch erwarte nicht, dass ich Entschlüsse fasse, ohne sie gründlich bedacht zu haben.«
    »Allein die Tatsache, dass Ihr Eure Situation überdenken wollt, ist mir Erfolg genug.« Der Legat verbeugte sich lächelnd und atmete innerlich auf. Er kannte den Stolz seines Vaters und war Gian Galeazzo Visconti dankbar, dass dieser dem Marchese Grund gegeben hatte, an seiner Aufrichtigkeit einem treuen Berater gegenüber zu zweifeln. Aber er durfte die Frucht, die er an diesem Tag gepflanzt hatte, nicht durch Ungeduld absterben lassen, sondern musste abwarten, bis sie reifte. Daher erhob er sich und wies mit einer weit ausholenden Geste über das Land, das im Licht des schönen Sommertags wie ein grünes Meer die Burg umgab.
    »Es ist noch sehr früh, mein Vater, und ich würde gerne aufbrechen, ehe die Kreaturen Viscontis, die gewiss von meiner Anwesenheit erfahren werden, sich auf meine Spur setzen können.«
    »Ich werde dir einen Trupp meiner Leute mitgeben, der dir das Geleit bis zur Grenze geben wird.«
    Jetzt lächelte sein Sohn erleichtert. »Das wäre mir sehr lieb! Es reist sich sicherer, wenn die Zahl der Trabanten nicht zu klein ist. Ich bitte Euch aber, nur Männer auszusuchen, auf deren Treue Ihr bauen könnt.«
    Der Marchese verspürte einen kleinen Stich. Es war seiner Ehre nicht zuträglich, dass ein Gast und dazu noch ein so naher Verwandter sein Land nur im Schutz gewappneter Begleitung verlassen konnte. »Ich werde dir zwanzig Lanzen unter Mariano Doratis Kommando mitgeben. Diese werden dafür sorgen, dass du unbehelligt auf römisches Gebiet zurückkehren kannst.«
    Dass sein Vater seinen Grimm über die Verhältnisse nicht ganz vor ihm verbergen konnte, verstärkte Lorenzo da Polentas Hoffnung, sein Besuch könnte von Erfolg gekrönt sein. Der alte Herr war ein fähiger Kopf und ein ausgezeichneter Diplomat, der Gian Galeazzo schon manchen unblutigen Sieg beschert hatte, und es war der Sache Roms durchaus dienlich, dass der Herzog von Mailand derzeit nicht in dem Maß auf seinen erprobten Ratgeber hörte, wie dieser es verdient hätte. Visconti schien nicht klar zu sein, wie sehr er den Marchese gekränkt und zurückgestoßen hatte. Trotz seines hohen Alters war Olivaldi immer noch

Weitere Kostenlose Bücher