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Die Löwin

Die Löwin

Titel: Die Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Vater, der bereit gewesen wäre, seine widerspenstige Tochter zur Heirat mit ihm zu zwingen.
    Borelli wusste nicht, wen er mehr verfluchen sollte: sich selbst, weil er Ranuccio als erfahrenem Räuber und Wegelagerer vertraut hatte, oder seinen Vetter und dessen Kumpane für deren abgrundtiefe Dummheit. Hätten die Kerle besser aufgepasst, wäre es dieser Metze Caterina niemals gelungen, einen Dolch an sich zu bringen und vor ihnen zu verstecken. Damit hatte er auch ihnen die langen Wochen auf dem Siechenlager zu verdanken. Niemand hatte damals geglaubt, er würde seine Verletzungen überleben. Malatesta hatte ihm sogar einen Priester ans Bett geschickt, um ihm die Sterbesakramente zu spenden. Von Ranuccios Kumpanen waren einige wegen diverser Zwischenfälle von Malatesta gehängt worden, die übrigen hatten ihr altes Räuberleben wieder aufgenommen. Also blieb nur noch die Hauptschuldige an seinem Unglück übrig, nämlich Caterina, und die würde seinen Zorn zu spüren bekommen, bis sie nur noch aus blutigem Fleisch bestand.
    Malatesta beobachtete, wie es in Borellis entstelltem Gesicht arbeitete, und verachtete ihn wegen seiner Weinerlichkeit. Doch er verbarg seine Gedanken hinter einem verbindlichen Lächeln und trank den beiden anderen Condottieri zu. Hawkwood war sein direkter Konkurrent, der nur Herzog Viscontis Befehl gehorchend einen Schritt hinter ihn zurücktrat und sich dies bei jeder Gelegenheit anmerken ließ. Als Befehlshaber über fast dreihundert Lanzen konnte er sich diesen Stolz auch leisten. Aniballi hingegen führte gerade mal hundert Lanzen ins Feld und war noch auf den Kriegsruhm angewiesen, den er unter einem Capitano-General erwerben konnte. Borelli führte zwar ebenso viele Männer ins Feld wie Aniballi, doch deren Kampfwert war viel zu gering, um in einer Schlacht von Nutzen zu sein. Die meisten waren Räuber und Halsabschneider, die noch nie in einem ehrlichen Gefecht gestanden hatten und beim ersten harten Widerstand Fersengeld geben würden.
    Malatesta führte den Becher zum Mund, stellte fest, dass er leer war, und winkte seinen Diener mit einer herrischen Geste zu sich. Während dieser ihm Wein einschenkte, stellte er sich in Positur. »Ich habe die Nachricht erhalten, dass Messer Angelo Maria Visconti zu uns unterwegs ist. Er wird uns, wie ich vermute, den Befehl zum Angriff überbringen und nach unserem Sieg die Regentschaft in Molterossa übernehmen.«
    »Wohl gar als Herzog?«, spottete Hawkwood.
    Malatesta zuckte mit den Schultern. »Warum nicht? Mit diesem Rang hätte er den Status, seinem Verwandten Gian Galeazzo die Krone Italiens anzutragen.«
    Borelli stieß einen ärgerlichen Laut aus und bemüßigte sich dann, seine Ablehnung zu verdeutlichen. »Muss es gleich die Krone Italiens sein? Da auch Neapel als Königreich gilt, würde es doch genügen, wenn Gian Galeazzo sich zum König von Mailand oder meinetwegen zum König der Lombardei erklärt. Ein Titel König von Italien wird die einflussreichen Kreise in Frankreich und Deutschland mit Sicherheit vor den Kopf stoßen. Immerhin ist König Ladislao von Neapel ein enger Verwandter des französischen Königshauses – und er würde einen solchen Schritt als Gefahr für sein eigenes Reich betrachten.«
    Borellis Einwand war berechtigt, stieß bei den anderen jedoch auf Unverständnis, denn je höher Gian Galeazzo aufstieg, umso größer waren auch die Ehren und Würden, die er unter seine Getreuen verteilen konnte. Ugolino Malatesta, der seinen Verwandten Pandolfo und Carlo die Herrschaft über Rimini und Pesaro neidete, hoffte, im Schatten des Visconti so hoch zu steigen, dass er auf alle anderen Malatesta herabschauen konnte.
    »Wir werden also Angelo Maria Visconti begrüßen dürfen. Das freut mich, denn mein alter Freund Battista Legrelli wird ihn gewiss begleiten.« Mit dieser Bemerkung wollte Henry Hawkwood Malatesta daran erinnern, dass Messer Angelo Maria der eigentliche Oberbefehlshaber der bevorstehenden Operation sein würde und er dessen Ohr besaß.
    Malatesta zog die Brauen zusammen, doch bevor er eine passende Antwort fand, erscholl das Horn der Wache und kündete Besucher an. Da der Diener erst umständlich die Weinkanne hinstellte, anstatt sofort den Zeltvorhang hochzubinden, sprang der Capitano auf, trat an den Eingang und blickte angespannt hinaus. Eine vielköpfige Reiterschar passierte gerade das Lagertor und hielt auf den zentralen Platz zu, an dessen Ende sein Zelt stand. An der Spitze des Trupps ritt

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