Die Löwin
das Gespräch schließlich ab und bat, sich entfernen zu dürfen.
»Es sei Euch gewährt!« Die höfliche Floskel wurde durch eine Geste gemindert, die Rodolfo fatal an jene Bewegung erinnerte, mit der man ein aufdringliches Huhn verscheucht.
»Auf ein baldiges Wiedersehen, Signorina.« Mit diesem nicht ganz ernst gemeinten Abschiedsgruß und einer knappen Verbeugung verließ er das Zelt und stieß draußen beinahe mit Hans Steifnacken zusammen, der dem Gespräch offensichtlich gelauscht hatte.
Der Blick des Schwaben durchbohrte den jungen Romagnolen. »Wagt es ja nicht, ein falsches Spiel mit der Jungfer zu treiben, Signore. Ich drehe Euch dann nämlich mit dem größten Vergnügen das Genick um, und zwar schön langsam, damit Ihr auch etwas davon habt!«
Die Warnung war mehr als deutlich. Rodolfo, der den um einen guten Kopf kleineren Söldner am Vortag noch ein wenig belächelt hatte, bemerkte nun die Muskelstränge, die sich von den Oberarmen und den Schultern des Unteroffiziers bis in dessen Nacken zogen und kräftiger waren als die Oberschenkel so manchen Mannes. Obwohl er selbst kein Schwächling war, bezweifelte er, dass er gegen dieses Bündel kompakter Kraft bestehen konnte, insbesondere, wenn der Mann in Wut geriet.
»Signore, Eure Freundlichkeit hat – sagen wir – etwas erfrischend Deutsches an sich. Doch nun erlaubt, dass ich gehe.« Rodolfo stapfte durch das Lager und kämpfte bei jedem Schritt mit dem Gefühl, zum zweiten Mal hintereinander eine Niederlage erlitten zu haben. Als er das Zelt erreichte, das man ihm für die Nacht zugewiesen hatte, begann er seine Satteltaschen zu packen, denn er hatte beschlossen, die Compagnia Ferrea ohne Abschied zu verlassen. Seine Aufgabe hier war erfüllt, und Legrelli musste so schnell wie möglich erfahren, dass er seinen Eid in drei Wochen in Pisa zu leisten hatte.
Rodolfo trat gerade aus dem Zelt, als es am Eingang des Lagers unruhig wurde. Dort war eine Reitertruppe aufgetaucht, die aus sechs Reisigen bestand, welche einen siebten Mann begleiteten. Von diesem konnte Rodolfo zwar nur den Rücken sehen, doch es hätte weder der blauen und goldenen Farben der Caetani, in die die Gruppe gekleidet war, noch des Löwenwappens auf den Wämsern bedurft, um ihn erkennen zu lassen, wen er vor sich hatte. Er setzte seinen Sattel und die Satteltaschen ab und schritt neugierig zum Eingang. Gerade als er nahe genug war, um mithören zu können, stellte der Anführer der Reiter sich großspurig vor. »Mein Name lautet Amadeo Caetani und ich bin der Neffe und Erbe des Herzogs von Molterossa. Ich wünsche mit Eurem Capitano Borelli zu sprechen.«
Friedel, der auch an diesem Tag wieder die Torwache innehatte, hob eine Hand über die Augen, als würde er von dem goldenen Löwen auf dem Wams des Reiters geblendet. In Wahrheit aber wollte er nur den Spott verbergen, der um seine Augen tanzte. Der Mann vor ihm hatte sich herausgeputzt, als gelte es, vor den Papst oder den Kaiser zu treten. Die fingerdicken Goldstickereien auf seinem blauen Wams und den gleichfarbenen Hosen leuchteten mit der Sonne um die Wette, und der nachlässig zurückgeschlagene Umhang, der mit edelsteinbesetzten Knöpfen geschmückt war, musste ein Vermögen gekostet haben. »Borelli könnt Ihr sprechen, Signore, doch unser Capitano ist er nicht. Da müsste Euch schon die Herrin empfangen.«
»Welche Herrin?« Amadeo machte ein so verblüfftes Gesicht, dass Rodolfo sich das Lachen verkneifen musste. Sein Vetter hatte sich in den letzten zwei Jahren um keinen Deut verändert. Er war immer noch derselbe salbungsvolle Tölpel, der dem Onkel in allem um den Bart ging, um ja der nächste Herzog von Molterossa zu werden.
»Die Capitana, Eldenbergs Tochter! Sie ist aus Schwaben gekommen, um die Kompanie zu übernehmen.« Friedel machte es Spaß, den jungen Edelmann zu verunsichern. Er mochte Borelli nicht besonders und hoffte, dass Caterina sich die endgültige Entscheidung vorbehielt, wie es mit der Truppe weitergehen sollte. Doch wie die meisten Söldner erwartete auch er, dass sie ihren Vetter zum neuen Capitano bestimmen würde.
Amadeo Caetani brauchte ein paar Augenblicke, das Gehörte zu verdauen. Ein Weib sollte die berühmte Compagnia Ferrea führen? Das war unmöglich. Als er diese Überlegung laut aussprechen wollte, nahm er eine Bewegung wahr, blickte unwillkürlich auf und entdeckte seinen Cousin, der grinsend auf ihn zukam.
»Siehe da, mein lieber Vetter Amadeo! Erlaube mir, dich nicht
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