Die Löwin
insbesondere Soldaten, anwesend waren wie hier in Pisa. Daher schlug sie den Weg zu der Kammer ein, die Iacopo Appiano ihr zur Verfügung gestellt hatte. Es war ein hübsches Zimmer mit bemalten Wänden und einem Fenster, das nicht aus Dutzenden kleinen, mit Blei gefassten Glasstücken bestand wie in der Heimat, sondern aus vier großen, glatten Scheiben in einem hölzernen Rahmen. Eine allerliebste Kommode mit einer Marmorplatte diente als Waschtisch und ein bemalter Kasten nahm ihre Kleidung auf. Dazu gab es noch ein bequemes Bett mit gedrechselten Beinen und einen Strohsack für ihre Magd.
Malle hatte ein wenig geschlafen, wachte bei Caterinas Eintreten jedoch auf. »Ist das Bankett endlich vorbei?«
Caterina schüttelte den Kopf. »Leider noch nicht. Ich werde wohl noch mal zurückgehen müssen. Ich bin nur schnell gekommen, um den Nachttopf zu benutzen.«
Malle zog das Porzellangefäß mit einer Fratze als Griff unter dem Bett hervor und half Caterina, die Röcke zu schürzen. »Ist es schlimm?«, fragte sie, während ihre Herrin sich über das Töpfchen hockte.
»Was soll schlimm sein?«
»Das Bankett! Wegen der vielen Visconti, meine ich. Wir hätten diesen Eid nicht hier leisten lassen sollen, sondern in einer anderen Stadt, am besten in Rom, dort hätte dieser Herzog keine Möglichkeit gehabt, sich wie ein Gockel aufzuplustern.«
Caterina blitzte sie spöttisch an. »Glaubst du, Gian Galeazzo Visconti hätte anderswo darauf verzichtet?«
Malle wiegte den Kopf. »Wahrscheinlich nicht. Diese Viper auf Mailands Thron muss wohl dringend beweisen, dass sie am Tod Eures Vaters schuldlos ist. Wahrscheinlich hätte Gian Galeazzo seinen Verwandten sogar in den Vorhof der Hölle geschickt, um den Schwur glaubhaft zu machen.«
Über diesen Vergleich musste Caterina lachen. Ganz so Unrecht hatte ihre Dienerin nicht, der Kampf um die Macht in Italien wurde nicht in erster Linie mithilfe der Condottieri und ihrer Soldaten geführt, sondern mit geheimen Verhandlungen, Drohungen, Bestechungen, Meuchelmord – und solchen Schauspielen wie diese Farce hier in Pisa, zu dem sie dem Herzog von Mailand die Gelegenheit geliefert hatte. Die Bedeutung ihrer Kompanie lag weniger in ihrem Kampfwert als in der Tatsache, dass sie überhaupt existierte. Wie Malatesta nicht zu Unrecht behauptet hatte, gab es eine Reihe Condottieri, die nur ungern gegen einen befreundeten Söldnerführer kämpften, und wenn sie es doch tun mussten, wurde die Schlacht meist zu einem vorher abgesprochenen Schauspiel mit möglichst wenigen Verlusten. Solche Freunde hatte sie leider nicht, sagte Caterina sich seufzend, aber sie hoffte, dass der Ruf der Eisernen Kompanie ausreichte, die Leute um Visconti nervös zu machen.
Malle wurde ungeduldig, denn ihre Herrin hatte sich längst erleichtert, blieb aber auf dem Topf hocken, als wäre sie mit den Gedanken ganz woanders. »Passt auf, Jungfer! Euch wird der Schädel noch platzen, wenn Ihr weiter so viel grübelt.«
Caterina fuhr schuldbewusst hoch und stülpte ihre Röcke nach unten. »Ach Malle, ich weiß wirklich nicht, wo mir der Kopf steht. Ich kann des Nachts schon nicht mehr schlafen, weil die Gedanken in mir galoppieren wie wild gewordene Pferde, und ich weiß nicht, wie ich mit all dem fertig werden soll, was da auf mich einstürmt. Die Kompanie ist in einem schlechten Zustand; Pisa, mit dem mein Vater einen Vertrag abgeschlossen hat, buchstäblich von den Visconti besetzt; und was seine ruchlosen Mörder angeht, so tappe ich seit Angelo Maria Viscontis Schwur völlig im Dunkeln.«
»Wenn es einen Gott im Himmel gibt, wird er Euch den Mörder zeigen! Es mag nicht heute sein und auch noch nicht morgen«, antwortete Malle gelassen, obwohl sie jene Männer, die am Tode ihres Herrn schuld waren, in die tiefste Hölle wünschte. Für sie war das Heute jedoch wichtiger und daher hob sie mahnend die Hand. »Ihr solltet jetzt wieder zu dem Bankett zurückkehren!«
Caterina nickte säuerlich. »Das wird wohl das Beste sein. Sitzt alles richtig?«
Malle ging einmal um ihre Herrin herum und zupfte hier und da. »So könnt Ihr Euch sehen lassen. Habt aber gut Acht auf Euch! Ich will Euch nicht zu einer sittsamen Jungfer erzogen haben, um erfahren zu müssen, dass Ihr dem Charme irgendeines dahergelaufenen Lumpen erlegen und zu einer wertlosen Ware geworden seid.«
Caterina dachte für einen Moment an Ugolino Malatesta und entblößte in unbewusster Abwehr die Zähne. Der Mann schien es darauf angelegt
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