Die Londoner Drakulia Vampire 01 - Luzifers Wüstling
wie er sich nah an die Fassaden der Häuser hielt, offensichtlich bemüht, den Strahlen, der aufgehenden Sonne auszuweichen.
Angelica hatte nicht die geringste Vorstellung, was er plante, aber ganz gewiss hatte sie nicht erwartet, in diesem Aufzug in ein hochanständiges, sehr teuer aussehendes Hotel – La Maison – geschoben zu werden. Voss spazierte mit einer Selbstverständlichkeit durch den Haupteingang, als trüge er weder völlig aus der Mode gekommene Hosen, noch als habe er Ruß und Rauch überall an sich. Sie sah sicher ebenso schmuddelig aus, und da fiel Angelica auch noch das Blut an ihrer Nase ein. Sie senkte den Kopf, um ihr Gesicht zu verbergen, Schamröte stieg ihr in selbiges. Was hatte er sich nur dabei gedacht?
Ohne innezuhalten, führte er sie eine Treppe hinauf in den dritten Stock, zog einen Schlüssel aus seiner Tasche und stieß eine Tür zu einem elegant möblierten Zimmer auf. Das frische Morgenlicht strömte durch drei hohe Fenster, ergoss sich über zwei Stühle und eine Chaiselongue, eine durch eine Stellwand abgetrennte Ecke neben einer Badewanne auf Füßchen sowie einem kleinen Kamin. Und einem großen Bett. Ihr wurde zuerst kalt, dann warm und dann zittrig. Sie sah ihn nicht an.
„Das verdammte Zimmermädchen“, murmelte Voss, immer noch dort an der Tür. „Hatte ihr gesagt, die Vorhänge zugezogen zu lassen.“ Er sah zu Angelica, fast aus den Augenwinkeln, seine Lippen bewegten sich kaum, als wolle er etwas Nebensächliches sagen ... wobei ihm aber sehr unwohl war. „Wenn es Ihnen keine Umstände bereitet?“
Sie ging in das Zimmer, noch etwas benommen, und begriff plötzlich, dass er sie darum bat, die Vorhänge vorzuziehen, damit er eintreten könne. Angelica durchquerte das Zimmer und öffnete die Fenster, um die warme Sommerluft hereinzulassen. Eines davon war sogar eine Glastür, die auf einen kleinen Balkon führte, und sie ging hinaus, um auf die hellen Fassaden von Paris hinabzublicken. Dann ging sie wieder hinein, zog die leichteren Tagesvorhänge vor, ließ aber die schweren Vorhänge darüber weiterhin zurückgezogen. Das Zimmer war jetzt dennoch viel dämmriger als zuvor.
Es kam ihr der Gedanke, was für ein schrecklich dunkles Leben ein Vampyr doch führen musste.
Ebenso kam ihr der Gedanke, dass sie mit dem Aufgehen der Sonne nun auch vor der Verfolgung durch Moldavis Vampyre in Sicherheit wären – zumindest einen Tag lang.
Sie drehte sich zu Voss um, der jetzt, da es für ihn sicher war, ins Zimmer getreten war und die Tür hinter ihm schloss. Das Geräusch eines einschnappenden Riegels verriet ihr, dass er auch abgeschlossen hatte, und das Herz blieb ihr stehen.
Schloss er die Tür nach draußen hin ab, oder schloss er sie ein?
Er blieb zunächst dort, in dem schattigen Alkoven des Eingangs, sein schmutziges weißes Hemd spannte sich über seine breiten Schultern, und ein V aus goldener Haut erschien da, wo es am Hals jetzt offenstand. Das lilarote Halstuch aus ihrem Traum hing ihm lose um den Hals. Er war so schön, ein Geschöpf aus allen Schattierungen von Honig und Gold. Satt und warm. Ihr wurde der Mund trocken, und eine Erinnerung blitzte in ihr auf, an diese vollen Lippen, wie sie sich auf ihre herabsenkten. Er hielt immer noch das schwarze Bündel Stoff, seinen Mantel, in Händen, und sie sah, wie er es sich ruckartig vor den Bauch schob.
Für einen Moment starrten sie einander nur an, ihre Augen ineinander verschränkt. Selbst das kurze Aufglühen in seinen verursachte in ihr keine Unruhe oder Panik.
„Angelica.“ Seine Stimme war wenig mehr als ein Hauch, und dennoch hörte sie dort etwas wie Schmerz heraus.
„Ich danke Ihnen“, brachte sie noch heraus und riss sich von seinem Blick los. Was jetzt? Was würden sie jetzt tun?
„Sind Sie verletzt? Ist alles in Ordnung?“ Er blieb dort stehen, auf der anderen Seite des Zimmers. Aber seine Augen wanderten an ihr herab und wieder hoch, als sie den Umhang abnahm, und sie konnte seine Blicke so schwer auf ihr ruhen fühlen, als wären es seine Hände selbst.
Angelica zitterte. Ach wenn ... „Ich bin unversehrt.“ Sie erinnerte sich an ihre blutige Nase und wusste, sie war übersät von Schrammen und Prellungen, die von dem schrecklichen Ritt und ihren vergeblichen Fluchtversuchen herrührten. Aber sie nahm an, Moldavi hätte ihr noch wesentlich Schlimmeres antun können.
„Also dann. Ein Bad wäre jetzt
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